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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 25.1931

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Kuznitzky, Gertrud: Die ästhetische Gefühlswahrheit, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14174#0130
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GERTRUD KUZNITZKY.

Seins, die sich hier darstellt, ist eine Wertmannigfaltigkeit, die wir nur
fühlen, ihre Charaktere sind wie die ästhetischen Charaktere „Eigen-
arten", in ihnen prägt sich die Gegenwart, die von dem Dargestellten
ausstrahlt, als eine von persönlichem Sein durchwaltete Gegenwart. Die
Kunst ist fähig, solche Gegenwart persönlichen Seins in der Erschei-
nung zu gestalten, weil eine Gestaltung der Natur für unser Fühlen von
sich aus unter dieser Leistung steht: die Erscheinung des Menschen.
Ein Mensch in seiner Erscheinung kann uns Ausdruck einer persönlichen
Gegenwartsgestaltung sein, die in ihm lebendig ist: Ausdruck von Weite
und Enge, von Reinheit und Niedrigkeit usw. Ja der Mensch ist in seiner
Erscheinung nur diesen Gefühlswahrheiten des persönlichen Seins zu-
geordnet, nicht Natursein, sondern nur Geistsein, Menschsein kommt in
ihm zum Ausdruck. Dieses Sein aber ist ja jenseits der Erscheinung
begründet und spricht nicht nur dadurch zu uns, daß wir uns Menschen
in ihrer körperlichen Erscheinung, menschliches Sein als Ausdrucks-
Gestaltung vergegenwärtigen. Es spricht zu uns in der Vergegenwärti-
gung der Persönlichkeit, die Menschen in ihrer rein geistigen Existenz
darstellen. Bei dieser geistigen Existenz, bei „Wesen" der Person, öffnet
sich das Reich der Gefühlswahrheit an einer zweiten Stelle; auch hier
tritt Gefühlswahrheit neben logisch geordnete Wahrheit, denn das Reich
der Person teilt mit dem der Erscheinung, daß es zugleich durch den
Verstand beherrscht wird und doch eine unbeherrschbare Tiefe offen
läßt, die nur dem Gefühl Rede steht. Wir können aber auf diese Sphäre
nur ausblicken und müssen uns damit begnügen, die Mannigfaltigkeit
der Gefühlswahrheit und ihre Leistung für die Erkenntnis vorerst an
der Erscheinung der Natur aufgewiesen zu haben.
 
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