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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 25.1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.14174#0192
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178

BESPRECHUNGEN.

Man muß sich immer gegenwärtig halten, daß die Gliederung des zweiten
Hauptteils nur Sammelbegriffe zu scharfen hat, anhand deren sich die Entwick-
lung der Pointe genauer ins Einzelne verfolgen läßt; dies leistet sie auch vor-
züglich. Nicht aber ist es auf eine Typologie der Pointe als solcher abgesehen.
Untersucht wird „das, was den Witz ausmacht, in einzelnen aus vielen möglichen
Arten des Witzes herausgegriffenen Formen": Damit ist schon gesagt, daß typolo-
gische Vollständigkeit nicht angestrebt wurde. Schade, daß ein besonderes Kapitel
über die Wortspielpointe fehlt, daß vielmehr Wortspiele nur innerhalb der andern
Rubriken erscheinen. Vom typologischen Standpunkt aus wäre auch zu verlangen,
daß die einzelnen Kategorien klarer ins Verhältnis zueinander gesetzt und die
Grund formen des Witzes deutlicher herausgeholt würden (z. B. die Vermischung
verschiedener Sphären). So, wie die Kategorien hier gewählt sind, scheinen sie mir
nicht einmal auf Einer Ebene zu liegen. Der Vergleich z. B. ist nur das Mittel, eine
Pointe zu erzeugen, die Paradoxie dagegen ist schon der „Kurzschluß" selbst. Ja,
einer Paradoxie kann ein Vergleich zugrunde liegen, wo sich denn Th. Erbs Eintei-
lungsprinzipien ineinanderschieben. Doch wird es nicht ganz leicht sein, diese Dinge
auseinanderzuschichten, dazu bedürfte es außerordentlich tiefgehender Scheidungen.

Nicht berührt wird von alledem das historische Ergebnis des vortrefflichen
Büchleins: Die Pointe des Barock ist isoliert und ornamental, die der Aufklärung
organisch und sachlich.

Wiesbaden. Kurt Oppert.

Heinz Kindermann, Das literarische Antlitz der Gegen-
wart. Max Niemeyer Verlag, Halle (Saale) 1930. 104 S.
Mit den Ausführungen des gut geschriebenen und anregenden Büchleins
stimme ich im wesentlichen überein. So erscheint es mir richtig, daß der Verfasser
gleich im Vorwort betont, die Namen könnten in diesem Zusammenhang nur als
mögliche Beispiele gelten und ließen sich beliebig ergänzen. Er begnügt sich auch
bewußt mit „Diagnose und Symptomatik". Das ist ihm gewiß gelungen. Er be-
schränkt sich dabei nicht auf Generationstypen, sondern spaltet sie durch Unter-
schiede des Geschlechts, durch Bindungen landschaftlicher, sozialer und welt-
anschaulicher Art weiter auf. Er weiß auch, daß die Kindheit neuer geistiger
Strömungen ungeahnt in Zeiten liegt, in denen andere Bewegungen sich noch als
alleinige Machthaber dünken. Aber gerade deswegen hätte er dem Expressionismus
weit über 1910 hinaus nachspüren und ebenso die Ahnenreihe der neuen Sachlich-
keit entwickeln können. Ihren lite. arischen Durchbruch zu schildern wird seine
Hauptaufgabe. Nach einer kurzen und guten Charakteristik des Expressionismus
handelt er von der Heraufkunft der neuen Sachlichkeit, der Idealisierung des
Sachlichen, von zeitgebundener und zeitloser Sachlichkeitsdichtung. Der Schilderung
des Idealrealismus mit seinem Streben nach einer „Vollwirklichkeit" kann ich mich
durchaus anschließen, denn hier bewegt sich Kindermann ganz in den Bahnen, die
ich selbst in meinem Buche über „Die Überwindung des Expressionismus" beschrit-
ten habe. Deswegen verstehe ich nicht recht, warum Kindermann der Meinung ist,
ich sage ein Zeitalter der neuen Klassik voraus, das er leugnet, denn das neue
Schlichtheitsideal sei erdfroh und volksnah, gläubig und lebenswahr. Das ist völlig
meine Ansicht; und ich habe auch nie die Rückkehr zur alten Klassik gemeint, son-
dern einer realistischen Klassik das Wort gesprochen, also dem, was Kindermann
selbst unter Idealrealismus begreift. Daß er weiterhin auf die analogen Strömungen
in der Philosophie — besonders der Ontotogie — verweist, erscheint mir beson-
ders erfreulich, nicht minder daß er sich u. a. auf Albert Schweitzer beruft. Inter-
 
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