Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 25.1931

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14174#0309
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BESPRECHUNGEN.

295

problemgeschichtliche Richtung als die im engeren Sinne geisteshistorische". Damit
erübrigt es sich, von irgend einer der bezeichneten Richtungen aus eine theore-
tische Einschränkung oder Ergänzung von U.s Methode zu versuchen. Das Ideal
wäre eine gegenseitige Befruchtung und schließliche Vereinigung dieser auch nach
Unger als „Auswirkungen der einen unteilbaren Literaturwissenschaft" aufzufassen-
den Richtungen. Den Weg dazu zu weisen, hat verschiedentlich Petersen versucht,
so vor allem in seinem Buch über die „Wesensbestimmung der Romantik" und in
seinem knappen Vortrag „Literaturwissenschaft und Deutschkunde" (Zs. für Deutsch-
kunde 1924, S. 403 ff.).

Nur ganz kurz sei noch hingewiesen auf den weitausholenden Aufsatz „Zur
Entwicklung des Problems der historischen Objektivität bis Hegel" (1923; S. 88
bis 119), der das Problem in großen Zügen von der Antike bis zum Einsatzpunkt
von Rothackers „Einleitung in die Geisteswissenschaft" führt, und auf die Skizze
„Viktor Hehn als Literarhistoriker" (1924; S. 120—136), in der als die Grund-
these dieses bedeutsamen Junghegelianers die im Sinne der Identitätsphilosophie
des objektiven Idealismus gelöste Frage nach dem Verhältnis von Natur und
Kultur aufgezeigt und seine Werke nur als Vorstudien und Bruchstücke seines
großen Lebensplans, einer umfassenden Kulturphilosophie der abendländischen
Entwicklung, die in Goethe gipfelt, erwiesen werden.

Wenden wir uns nun dem zweiten Bande zu, der die Aufsätze zur Literatur-
und Geistesgeschichte bietet, so wird die einheitliche Gesamtwirkung dieses Buches
vielleicht nicht so sehr durch die methodische Verwandtschaft oder die mehr-
fachen stofflichen Berührungen der einzelnen Arbeiten bestimmt als durch den Ein-
druck der dahinterstehenden geschlossenen Persönlichkeit, die ihre Wurzeln zutiefst
im Religiösen hat. Fragt man nun, wie sich die methodischen Postulate des ersten
Bandes hier auswirken, so wird man zunächst feststellen, daß, entsprechend U.s
eigener Auffassung von der Berechtigung der historisch-philologischen Methode
neben der neubegründeten geisteswissenschaftlichen, hier kein scharfer Schnitt gegen-
über jener älteren Richtung zu beobachten ist: den Aufsatz über „Jean Paul und
Novalis, Zur Charakteristik ihrer gegenseitigen Beziehungen" (1925; S. 104—21)
hätte Scherer oder seine Schule schwerlich im wesentlichen anders gestaltet. Die
Mehrzahl der Aufsätze zeigt allerdings schon in ihrer Zielsetzung ein beträcht-
lich anderes Bild. Dabei läßt es sich nun freilich nicht leugnen, daß die geistes-
wissenschaftliche Methode, wie sie sich hier in der Praxis darstellt, doch am liebsten
außerkünstlerischen Problemen nachgeht. Fast ohne jeden Zusammenhang mit der
deutschen Literatur (erst recht der Dichtung) steht der an sich besonders eindrucks-
volle und von warmem Miterleben durchpulste Aufsatz „Kierkegaard, der religiöse
Prophet des Nordens. Worte erster Einführung" (1923; S. 122—162). Zwar ist
dieser Hamann verwandte Vertreter des Irrationalismus und leidenschaftliche reli-
giöse Denker stark von dem Magus des Nordens und von deutscher Romantik be-
einflußt, doch hat sich die Studie keineswegs den Nachweis dieser Einflüsse im ein-
zelnen oder der seit kurzem zu beobachtenden Einwirkung des Dänen auf deutsches
Geistesleben zum Ziel gesetzt, sondern es ist die eigenartige tiefe Persönlichkeit
selbst, die hier zur Darstellung gelangt, und es läßt sich nicht von der Hand wei-
sen, daß diese Charakteristik mit gleichem oder besserem Recht in der Aufsatz-
sammlung eines Philosophen oder eines Theologen oder eines dänischen Literar-
historikers stehen könnte.

Auch bei dem Aufsatz »,Der bestirnte Himmel über mir ...' Zur geistes-
geschichtlichen Deutung eines Kant-Wortes« (1924; S. 40—66) wird man sich zu-
nächst eines ähnlichen Eindruckes nicht erwehren können; verfolgt er doch Kants
allmählich sich wandelnde Stellung zu der „astrosophischen und kosmosophischen
 
Annotationen