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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 26.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.14167#0211
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BESPRECHUNGEN.

197

sich auf kunsthistorische Gegenstände, zwei fallen in das Gebiet von Nachbardiszi-
plinen. In dem ersten von diesen „Die Akademie von Harn" berichtet Heinrich Sieve-
king über das vielseitige, auch Kunsterziehung ins Auge fassende Wirken des ham-
burgischen Syndikus Karl Sieveking (f 1847) für das Bildungswesen seiner Vater-
stadt. Den zweiten „Das Weltbild eines avignonesischen Klerikers" widmet Richard
Salomon der höchst merkwürdigen Gestalt des Opicinus de Canistris und der von
ihm hinterlassenen Pergamenthandschrift Pal. Cat. 1993. Dieser Kodex ist nicht
nur interessant durch die Zeichnung des zugrunde gegangenen Domes von Pavia,
sondern vor allem durch die eigenartige Umdeutung der Portulankarten, an denen
jüngst Dagobert Frey die Grundzüge gotischer Raumvorstellung erläuterte. Am
meisten fesselt aber die Individualität des Opicinus, die, wie Salomon betont, mit
dem Begriff psychopathisch sicher nicht abzutun ist, vielmehr charakteristisch für
das frühe 14. Jahrhundert zu sein scheint. Man darf auf den Abschluß der schwie-
rigen Forschungen Salomons sehr gespannt sein.

Unter den in das Gebiet der Kunsthistorie gehörenden Aufsätzen steht der
Julius v. Schlossers „Vom modernen Denkmalkult" mehr im Kulturgeschichtlichen,
man könnte mit Recht auch sagen, mitten drin in der Kulturkritik am 19. Jahrhun-
dert. Denn es wird hier dargetan, daß die Manie, Künstler und geistige Männer
durch öffentlich aufgestellte Statuen zu ehren, ein typisches Phänomen des letzten
Säkulums ist, begründet in der substanzarmen Genievergötterung der Romantik.
Sachlichkeit und Schlagkraft, geistvolles Begreifen und echte durch die Persönlich-
keit des Verfassers gesetzte Norm verbinden sich in so wirksamer Weise, daß man
Wünschen möchte, den Vortrag noch an anderer, weiteren Kreisen zugänglicher
Stelle gedruckt zu sehen. Er gehört zu den historischen Untersuchungen, die un-
gewollt ein starkes pädagogisches Element in sich tragen.

Von ganz anderer Art ist die sehr sorgfältige und gewissenhafte Arbeit, die
M. D. Henkel über „Illustrierte Ausgaben von Ovids Metamorphosen im XVI.,
XVII. und XVIII. Jahrhundert" liefert. Eine leichte Hand meistert den eher er-
müdenden als anziehenden Stoff und vermeidet trotz aller Genauigkeit in der Ver-
folgung der besonderen von der Buchgraphik gestellten Aufgaben die Trockenheit,
die ähnliche Veröffentlichungen oft schwer lesbar macht. Das Thema, das H. früher,
allerdings eingeschränkt auf die Niederlande, behandelte, dürfte nunmehr so ziem-
lich ausgeschöpft sein. Dies und die beigefügten 84 Abbildungen geben dem Auf-
satz grundlegende Bedeutung für sein Spezialgebiet. —

G. Swarzenski erörtert in strenger und allseitig erwägender Form, ge-
schickt und vorsichtig in der Kombination, was er bereits 1914 in den „Rheinlan-
den" über den Rimini-Altar in Frankfurt und den von Ghiberti gepriesenen un-
bekannten kölnischen Meister vorgetragen hatte. Seine Theorie gewinnt noch mehr
an Festigkeit und Überzeugungskraft. Hervorzuheben ist namentlich, daß die
Christophorus-Statuette (Bronze) der Sammlung Delmar, die Melier Peter Vischer
zuschrieb, in das „Werk" des Anonymus eingeordnet wird (ihr Datum nicht 1497,
sondern 1407), und daß mit dem aus S. Maria Podone in Mailand stammenden
Alabasteraltar ein umfängliches Beispiel der „Schule" des Ghibertimeisters bei-
gebracht wird (in dem Verzeichnis des Staedeljahrbuchs 1921 noch nicht erwähnt).
Langjährige Forschungen sind mit diesem außerordentlich wichtigen Beitrag zur
Geschichte der Beziehungen deutscher und italienischer Kunst in ausgereifte und im
einzelnen bereicherte Formulierungen gegossen.

H. Tietze hat den nicht leichten Versuch unternommen, in einem 15 Druck-
seiten einnehmenden Vortrage das m. W. bisher nur für Teilerscheinungen ange-
schnittene Thema „Romanische Kunst und Renaissance" als Ganzes darzustellen.
 
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