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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 26.1932

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Trojan, Felix: Subjektive und objektive Sprechkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.14167#0325
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BEMERKUNGEN.

311

überschwenglicher Optimismus, der sich wunderbar verbindet mit einem promethe-
ischen Trotz, mit einer prometheischen Auflehnung" festgelegt. Für den Vortrat
wird zunächst eine „restlos bildhafte Gestaltung gefordert, die dann — aber erst
dann, aber nicht von vornherein — Symbol" werden darf. Denn vor allem muß das
Wirkliche, Tatsächliche zum Ausdruck kommen." Diese Forderung wird mit einem
Nachdruck erhoben, als gälte es eine überstarke Neigung zur Subjektivität einzu-
dämmen. In ähnlicher Weise wird verlangt, daß alles, was bei der Vorbereitung
Analyse sei, die unendlich bunte Gestaltung im visuellen wie im akustischen Bereiche
zur Synthese werden müsse. Ein problematischer, wahrscheinlich neurotischer Cha-
rakter kündet sich hier an.

Von den 16 Vpp., die sich mit II beschäftigt haben, haben nur drei einen dämo-
nisch-prometheischen, eine einen erotischen Zug zu erkennen vermeint. Alle
diese Vpp. gehören der synthetischen Gruppe bzw. der Klasse des objektiven Ge-
fühles zu. Die übrigen acht Vertreter der objektiven Gruppe haben keine tiefere
Symbolik in dem Gedichte feststellen können. Von dem Wechsel der Auffassung
bei Vp. 36 ist schon gesprochen worden.

Lassen sich endlich auch bei III die beiden Klassen der synthetischen Gruppe
feststellen, so verbindet hier beide doch das Bestreben, die bildhaften und zugleich
gefühlsbetonten Einzelheiten der Dichtung akustisch nachzugestalten.

Vom Gesamteindruck ausgehend suchen diese Aufgabe die m. Vp. 9 und die w.
Vp. 18 zu lösen. Die erstere begnügt sich dabei keineswegs, bloße Anweisungen
für die Stimmhöhe oder Stimmstärke zu geben, wie das etwa der Akustiker der
objektiven Gruppe getan hat. Vielmehr wird überall auf die Gefühlsqualität Bedacht
genommen. So bemerkt die Vp. zur 3. Strophe: „Der Ton des Vortrags verlangt
eine etwas behäbig gefärbte Reproduktion. Für den Schluß dieser Strophe wird
zudem „eine gewisse Frische des Vortrages" empfohlen, die jedoch „die Ruhe des
Gedichtes nicht beeinträchtigen darf". Mit feineren Mitteln tritt die Vp. 18
an die Aufgabe heran. Als Gesamteindruck gibt sie an: „impressionistische Wieder-
gabe der sommerlichen Ruhe der Heide. Keine Handlung, keine Reflexion, nur
Schilderung des Glückes erdverbundenen Allgefühls". Sie hält es „rezitatorisch für
notwendig, feinste Klangnuancen herauszuarbeiten, um sozusagen in pointillistischer
Art das Gedicht nachzubilden." Sie richtet zu diesem Zwecke ihre Aufmerksamkeit
auf die wechselnden Vokalklänge, will den bildlichen Aufstieg in den abschließenden
Verspaaren der 1. und 2. Strophe durch ein Ansteigen der Stimmhöhe versinnlichen
und bemerkt auch den Binnenreim Vers 23/24.

Unter den Vpp., die III, vom einzelnen ausgehend, zum Vortrag vorbereiten,
finden sich zwei, die die einzelnen Sätze zur Grundlage ihrer Analyse machen (die
w. Vpp. 14 und 30), während die begabte m. Vp. 43 von den einzelnen Strophen
ausgeht und sich dadurch der Gegengruppe nähert. In dem Falle der m. Vp. 19
verbindet sich endlich die schon bekannte kritische Haltung mit einer starken Emp-
findungsfähigkeit. Das Ergebnis ist ein Verzicht auf die sprecherische Wiedergabe
zugunsten stillen Lesens.

Ein halbes Jahr nach der Aufnahme dieser Protokolle wurden die darin be-
handelten Gedichte von denselben Versuchspersonen im Phonogrammarchiv
der Akademie der Wissenschaften in Wien (Leiter Dr. Leo H a j e k)
ins Mikrophon gesprochen und auf Melographplatten festgehalten. Gleichzeitig wurde
durch Interviews die Kenntnis der persönlichen Veranlagung der Vpp. zu erweitern
und zu vertiefen gesucht. Der Vergleich der Platten mit den Protokollen soll hier
nicht mehr durchgeführt werden. Doch sei die Mitteilung vorweggenommen, daß
 
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