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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 33.1939

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Escherich, Mela: Der " Blick" in der mittelalterlichen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.14216#0060

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MELA ESCHERICH

seine Mittel.) Der heranschwimmende Petrus, dessen Blick sich am näch-
sten mit Christus trifft, vermittelt die Differenz.

Auf der „Befreiung Petri" desselben Altars geben die sanft gesenkten
Blicke des Engels den leise gleitenden Rhythmus an, in den die traum-
haft visionäre Stimmung der Szene gebunden ist.

In der Nürnberger „Verkündigung Mariä" beherrscht der magische
Blick des Engels den Vorgang. Der Engel und Maria sind in ein Dreieck
komponiert, das mit der Spitze nach unten steht und dessen obere Linie
von Aug zu Aug der beiden Gestalten läuft. Dieses imaginäre Dreieck
wird zur Betonung des geometrischen Motivs, sichtbar gezeigt in den
Dreiecken der Kopf- und Fußknaggen des Gebälks der Stube.

*

Wir sehen aus diesen wenigen Beispielen, die sich beliebig vermehren
lassen, den konstruktiven Geist des Mittelalters, das unerbittliche Ringen
der Künstler um das „Geheimnis des Werks", das verborgne Maß aller
Dinge, das nicht bloß im Menschen, sondern im ganzen Kosmos ist und
für die Kunst in Punkt, Linie und Fläche seine Formulierung findet.
 
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