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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 33.1939

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Roretz, Karl von: Bausteine zu einer Gedankenästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14216#0215

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BAUSTEINE ZU EINER GEDANKENÄSTHETIK

201

streift: welches wohl die allgemein-kulturpsychologische
Bedeutung des „Gedankenästhetischen", oder, wenn man lieber will, der
„Gedankenschönheit" sein mag?

Ein klarer Beurteiler dieser Tatsachengruppe dürfte dahin ge-
langen, die Rolle des gedankenästhetischen Moments in der Entwick-
lung wenigstens gewisser Gebiete des menschlichen Geisteslebens ziem-
lich hoch einzuschätzen! Würde nämlich die gedankenästhetische Funk-
tion keinerlei Lust mit sich führen, welche den Denker, den abstrakten
Forscher, den Problematiker der verschiedensten Gebiete... zugleich an-
spornt und belohnt, so würde ebendort das Schaffen bald zurückgehen
oder jedenfalls nicht mit solcher Begeisterung und Hingebung aus-
geübt werden. Es würden sich dann wohl auch die Ergebnisse stark
verringern und neue Gesichtspunkte selten mehr auftauchen.

Würde z. B. die Mathematik ihre Jünger nicht auch rein ästhe-
tisch so beglücken — K. H. Schellbach nannte in diesem Sinne ein-
mal die Mathematiker die „glücklichsten Menschen" —, es fänden sich
wohl wenige bereit zu diesen schwierigsten, Lebenskraft und Lebenszeit
in ganz unerhörtem Maß aufzehrenden Forschungen. (Und Ähnliches
ließe sich wohl auch von der Philosophie u. a. sagen, während der Ge-
sichtspunkt bei Schach, Strategie usw., wie ja schon angedeutet, ein
etwas anderer ist.)

Es trifft sich also gut, daß die höchsten Höhen der Abstraktion oft-
mals ästhetische Wonnen vermitteln, die sonst, der Regel nach, nur dem
anschaulich Genießenden zuströmen.
 
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