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RICHARD MÜLLER-FREIENFELS
dienen kann, zuweilen jedoch arbeitet es dem ästhetischen Erleben stracks
entgegen. Daher ist es wesentlich, die wissenschaftliche und die ästhe-
tische Wertung, wenn nötig, scharf zu trennen und in ihrer Besonderheit
zu verstehen. In der Wissenschaft wird das Verständnis der Erkenntnis
untergeordnet; denn hier muß auch dort, wo es sich um Verstehen, z. B.
von Charakteren oder zielstrebigen Geschehnissen handelt, dies Verste-
hen doch in rationale Urteile gebracht und also in Erkenntnis verwandelt
werden; der Kunst gegenüber, soweit sie Gegenstand ästhetischen Erle-
bens und nicht der abstrakten Wissenschaft ist, muß alles Erkennen dem
„Verstehen" dienen, das dann jedoch nicht als unterrational anzusehen
ist, sondern als ü b e r rational, weil seine tiefsten Erlebnisse niemals rein
logisch zu fassen sind.
RICHARD MÜLLER-FREIENFELS
dienen kann, zuweilen jedoch arbeitet es dem ästhetischen Erleben stracks
entgegen. Daher ist es wesentlich, die wissenschaftliche und die ästhe-
tische Wertung, wenn nötig, scharf zu trennen und in ihrer Besonderheit
zu verstehen. In der Wissenschaft wird das Verständnis der Erkenntnis
untergeordnet; denn hier muß auch dort, wo es sich um Verstehen, z. B.
von Charakteren oder zielstrebigen Geschehnissen handelt, dies Verste-
hen doch in rationale Urteile gebracht und also in Erkenntnis verwandelt
werden; der Kunst gegenüber, soweit sie Gegenstand ästhetischen Erle-
bens und nicht der abstrakten Wissenschaft ist, muß alles Erkennen dem
„Verstehen" dienen, das dann jedoch nicht als unterrational anzusehen
ist, sondern als ü b e r rational, weil seine tiefsten Erlebnisse niemals rein
logisch zu fassen sind.