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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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29

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

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Quelques Ateliers d'ivoiriers frani;ais
au: XIIInie etXIVmo s i e c 1 e s bespiicht Raymond
Koechlin in der Gazette des Beaux-Arts
(Paris, 8 Rue Favart) 1. November und 1. Dezember
1905 und 1. Januar 1906, das erste Licht hinein-
tragend in den bislang dunkeln Ursprung der so ver-
breiteten reizvollen französischen Elfenbeinreliefs des
XIII. u. XIV. Jh. — Daß sie in Paris entstanden
sind, wurde seit kurzem angenommen, aber, obwohl
es an Künstlernamen nicht ganz fehlte, konnte keiner
derselben mit einem bestimmten Schnitzwerk in be-
stimmte Verbindung gebracht, nicht einmal eine Ab-
grenzung hinsichtlich der Werkstätten
vorgenommen werden. Letzterem Mangel hat end-
lich Koechlin abgeholfen, dem die französische Stein-
plastik des Mittelalters schon so manche Aufklärung
verdankt (vergl. diese Zeitschr. Bd. XIV, Sp. 92/93),
indem er, über eine enorme Menge von Aufnahmen
im In- und Auslande verfügend, drei Werk-
stätten auszuscheiden vermocht hat, von denen er
die erste nach einem Diptychon des Schatzes
von Soissons (jetzt in London) benennt, die zweite
nach den Muttergottesschreinc hen, die dritte
nach den Passionsdiptychen. — An der Hand
zahlreicher guter Abbildungen charakterisiert er diese
Werkstätten, zunächst die mit dem Diptychon von
Soissons in Verbindung gebrachte, die, mit dem
Schluß des XIII. Jh. beginnend, zugleich den Höhe-
punkt bezeichnet. Innerhalb einer ungemein reich
entwickelten Architektur entfalten sich in vollendeter
Grazie die je in sich abgeschlossenen Szenen aus
Leben, Leiden, Glorie des Heilandes; es gelingt dem
Verfasser, drei verschiedene Gruppen festzustellen,
von denen aber die erste zugleich die bedeutendste
bleibt. — Die zweite Werkstatt mit schon etwas
manierierter Anmut, vornehmlich dem Marienkultus
geweiht, hat um die (im Schreinchen) stehende oder
sitzende Madonna F.ngel, Heilige oder Szenen gruppiert,
in der Verteilung auf zwei oder vier Flügel, die sich
um die mehr oder minder hervortretende Hauptfigur zu-
sammenklappen. — Die dritte Werkstatt steigerte
den Naturalismus, bevorzugte die dramatischen Effekte,
denen eine dekorative Technik zu Hilfe kam, vor-
nehmlich für die immer und zumeist in derselben
Form wiederkehrenden Passionsszenen. — Das Be-
dürfnis nach immer größerer Lebendigkeit veran-
laßte die großen Einzelfiguren und Gruppen, die dem
Schluß des XIV. Jh. angehören und mit dem Nach-
lassen des Materials die Produktivität einschränkten.
— Die 27 Abbildungen hervorragender Typen er-
leichtern die Kennzeichnung der einzelnen Werk-
stätten und die Eingliederung ihrer in viele Schätze,
Museen, Sammlungen zerstreuten Erzeugnisse, so daß
die gründliche Vergleichsstudie Koechlins reichen
Nutzen stiften und sicher zu weiteren, auch die
Profandarstellungen (Turnier und Liebe) betreffenden
Nachforschungen auf diesem verlockenden Gebiete
anregen wird. Schnutgen.

Die in den letzten zwanzig Jahren aufge-
deckten Wandgemälde imGroßherzogtum
Baden. Von Max Wingenroth. Mit 10 Tafeln.
Winter in Heidelberg 190!). (Sonderabdr. aus der
Zeitschr. für die Gesch. des Oberrheins, N. F. Bd. XX.)

In den letzten Jahrzehnten sind namentlich auch
in Baden vielfach Wandgemälde zutage getreten,
und daß sie gerade hier vom X. Jahrh. bis tief in
die Renaissance eine ununterbrochene Serie dar-
stellen, ist ihr großer Vorzug. In Verbindung mit
den Miniaturen der Reichenauer Schule sind die
ältesten und bedeutendsten derselben zum größten
Teil vortrefflich veröffentlicht worden. Einzelnen,
weit zerstreuten, fehlte aber noch die Beschreibung,
allen die Zusammenfassung. Dafür hat nun
auch die vorliegende Studie gesorgt, die auf viel-
seitigen gründlichen Untersuchungen beruht und ganz
auf der Höhe der Forschung steht. — In 5 Kapiteln
werden die Wandgemälde behandelt 1. des X. Jahrh.
(Goldbach, eingehend beschrieben), 2. des XI. bis
XIII. Jahrh. (Oberzelle, Niederzelle, Konstanz-Dom),
3. des XIV. Jahrh. (K onstanz: Dominikanerkloster,
Münster, Montisches Haus, Conradihaus. Grüningen,
Peterzell, Kenzingen), 4. der Spätgotik (Konstanz,
Münster, Ueberlingen, Meersburg, Freiburg usw. usw.),
5. Renaissance und Barock in großer Zahl. ■— Von
den wichtigsten namentlich der älteren Gemälde sind
mehrere abgebildet und hierdurch wie durch den
summarischen, aber nichts Wesentliches ausschließen-
den Überblick über die Pflege der Malerei in Baden,
Württemberg, Elsaß und der Schweiz erhält die
Studie einen besonderen Wert. H.

Eine perspektivische K reis k onst ruk tion
bei Sandro Botticelli von Joseph Kern.
(Sonderabdruck aus dem Jahrbuch der Kgl. preuß.
Kunstsammlungen 1905, Heft III.)
Im Anschlüsse an seine Dissertationsstudie übe'r
die perspektivische Projektion bei van Eyck (vergl.
diese Zeitschr. XVIII, 126) prüft der Verfasser die
merkwürdigen Kreisperspektiven, die sich auf dem
Rundbilde Botticellis der Madonna mit den sieben
Engeln (im Kaiser Friedrich-Museum) befinden. Bis
ins einzelne hinein weist er durch Wort und Bild
überzeugend das ganze Konstruktionsverfahren nach,
vergleicht es mit den bezüglichen Anweisungen Albertis,
wie Pieros della Francesca, mit dem Ergebnis, daß
die Methode Botticellis ganz selbständig ist und
auf gründlichen, auch anderweitig bestätigten mathe-
matischen Kenntnissen des Künstlers beruht, der von
seinen perspektivischen Fertigkeiten ebenfalls in seinem
Fresko des hl. Augustinus (in Ognissanti) rühmliches
Zeugnis abgelegt habe, ein Bahnbrecher auch auf
diesem Gebiet. S.

(Teubners Aus Natur und Geisteswelt. 68 B.) Bau
und Leben der bildendenKunst von Theo-
dor Volbehr. Mit 44 Abbildungen im Text.
Teubner in Leipzig 1905. (Pr. 1,25 Mk.)
Von der nicht unberechtigten Anschauung aus-
gehend, daß die Kunstwerke durchweg zu viel nach
ihren äußeren Merkmalen beurteilt würden, zu wenig
nach ihrem inneren Gehalt, nach ihrem eigensten
Wesen, sucht der Verfasser die Einflüsse zu ver-
stehen, unter denen sie entstanden sind, die Kräfte
darzulegen, die ihnen Form gegeben haben. Zuerst
spricht er von ihren Vorbedingungen, den
Sinnen, als den Werkzeugen der Gestaltungskraft,
 
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