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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Hasak, Max: Der alte Kölner Dom
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0047

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59

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

60

latere monasterii suspenduntur XII semper
inter duas columpnas sub testudine unum
crusibulum et ex alio latere similiter XII
suspenduntur et non erunt plura in universo
quam viginti sex crusibula.

Item Custos maior faciet parar.i de dimidio
clude sepi XXVIII naitlich et ponet inter
chorum s. Petri et chorum s. marie. In se-
cundo latere super unamquamque columnam
unum naithlich ex una parte monasterii et ex
altero latere similiter ponet. Item in superiori
lumine de ianua in gercamera ponet duo
naitlich de sepo hinc et hinc et erunt per
omnia XXVIII et non plur«s."

Darnach hatte der alte Dom auf jeder Seite
eine Reihe von 12 Säulen, vor denen je ein
Nachtlicht angezündet wurde. Die Seitenschiffe
waren wohl gewölbt und unter jedem Gewölbe-
joch hing in der Mitte (inter duas columpnas
sub testudine) ein Crusibulum ( Crucibulum: Lu-
cerna, ad quam vigilamus, nach Du cange). Da
auf jeder Seite 12 solche Beleuchtungskörper an-
gezündet werden, so mußten 12 Joche vorhanden
gewesen sein. Das stimmt mit den 2d oberen
Fenstern und mit den 12 unteren Fenstern des
sudlichen Seitenschiffes. Zu diesen 12 seit-
lichen Öffnungen zwischen Mittel- und Seiten-
schiffen tritt als 13. wohl die in das niedrigere
östliche Kreuzschiff. Denn ob auch im Westen
ein ähnliches Kreuzschiff vorhanden gewesen
ist, bleibt nach der Miniatur recht fraglich.
Dort sieht man nur einen selbständigen Anbau,
welcher nicht bis an das Hochschiff heranreicht.

Trägt man diesen Grundriß nach den üb-
lichen Abmessungen auf, vielleicht nach denen
des Plans von St. Gallen, dann kann man von
der Wirklichkeit nicht weit entfernt sein.

Nun erst kann die Frage mit Erfolg auf-
geworfen werden, wo hat dieser alte Dom ge-
standen? — Lacomblet gebührt der Ruhm,
zuerst nachgewiesen zu haben,8) daß der alte
Dom bis zur Einweihung des neuen Chores
1322 weiter benützt worden ist und dann noch
bis in den Anfang des XV. Jahrh. vorhanden
gewesen ist, während dessen Verlaufe er dem
Erfordernis entsprechend stückweise abge-
brochen wurde.

Die Weiterbenutzung des alten Domes
während des Neubaues des jetzigen Chores
beweist, daß der letztere außerhalb des alten
Domes lag. Der neue Chor reichte ferner bis

") Lacomblet, »Archiv für die Geschichte des
Niederrheins« (Düsseldorf 1854) Bd. 2, S. 126 ff.

dicht an St. Maria ad gradus, wie die Abbil-
dung bei Boisserde bezeugt, welche vor dem
Abbruch dieser Kirche noch im Jahre 1817
angefertigt worden ist.") Der alte Dom kann
daher nur auf der anderen, der westlichen
Seite des neuen Chores gelegen haben, also
im jetzigen Längsschiff. Da ferner nach dem
Kalendarium der alte Peterschor nebst Krypta
auch weiterhin noch vorhanden war und nur
die beiden Begleittürme desselben nach dem
Brande nicht mehr bestanden, so dürfte es klar
sein, daß diese beiden Türme neben dem
Peterschor gerade dem Bau des neuen Chores
hinderlich gewesen sind, daß diese „den öst-
lichen Teil der Mauern der Kirche" bildeten,
welcher nach den Pantaleonsannalen unter-
miniert und zum Einsturz gebracht werden
sollte. Dieselben berichten: „. . . cum capitu-
lum coloniense pro omnimoda destructione
maioris ecclesie antique et reparatione melioris
structure de consensu archiepiscopi et priorum
concordassent festinique valde magistri operis
orientalem partem murorum ecclesie cauassent,
nimio ignis fomento aggregata ligna cauaturam
suffulcientia incaute succendunt, ut moles de-
super stans cito rueret."10)

Sucht man nach diesen Gesichtspunkten
den alten Grundriß in den des neuen Domes
hineinzupassen, dann ergibt sich die über-
raschende Tatsache, daß der neue Dom in
der geistreichsten Weise um den alten herum-
gebaut worden ist und eine „Vergrößerung"
des letzteren im wahren Sinne des Wortes
darstellt.

Der Ort, an welchem im alten Dom der
Schrein der hl. drei Könige gestanden hat
(vor dem Peterschor) ist ersichtlich zum Aus-
gangspunkt für die Verzeichnung des Grund-
risses gewählt worden, die Vierung des neuen
Domes überbaut denselben wie ein riesiger
Baldachin. Dies bezeugt auch der Grundriß,
welchen Crombachn) wohl noch nach den
alten Bauzeichnungen veröffentlicht hat. Da-
selbst wird die Vierung als „Locus futurae
quietis S. S. trium Regum" bezeichnet.

Sind wir in der Untersuchung so weit ge-
diehen, dann läßt sich auch die Frage lösen,

9) Boisseree, »Geschichte und Beschreibung
des Doms von Köln« (München 1812), 2. Aufl., S. 114.

J0) EnnenundEckertz, »Quellen zur Geschichte
der Stadt Köln« (Köln 1863) Bd. II, S. 280 ff.

u) Crombach, »Historia S. S. trium Regum«
(Köln 1654) bei S. 800.
 
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