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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Braun, Joseph: Die St. Andreaskirche zu Düsseldorf, ihre Stuckdekoration und ihre Stellung zu den übrigen rhein. Jesuitenkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0067

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1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST —Nr. 3.

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und Koblenzer Kiche — von der zu Münster-
eifel ganz zu schweigen — sind nie mit Stuck
ausgestattet gewesen, der Stuck in der Kölner
Jesuitenkirche aber ist sowohl stilistisch wie in
seiner Anordnung so sehr von den Stuck-
dekorationen Kuhns in der Düsseldorfer Kirche
verschieden, daß alle und jede Verwandtschaft
als ausgeschlossen betrachtet weiden muß. In
der Kirche zu Köln findet sich Stuck nur an
den ursprünglich einfach dorisch gebildeten
Säulenkapitälen der Pfeiler, an den Kragsteinen,
auf denen die Quergurte der Seitenschiffgewölbe
ruhen, an den Umrahmungen der Emporen-
bogen, der Scheidbogen und des Triumph-
bogens, und endlich den Fensterlaibungen.
Überall ist der Stuck eine reine Zutat, der
ohne Schaden für den Bau fortbleiben könnte,
zu Düsseldorf ist er System, ein Stück des
Baues, nicht zwar konstruktiv, aber dekorativ,
das Kleid, welches das ganze Bauskelett ver-
hüllt und ihm erst sein eigenartiges Gepräge
aufdrückt. Aber auch formell betrachtet, unter-
scheidet sich der Kölner Stuck wesentlich vom
Düsseldorfer. Dieser atmet, wie schon gesagt
wurde, entsprechend seinem Ursprung — er
ist ja Kopie des von Italienern ausgeführten
Stucks in der Jesuitenkirche zu Neuburg — klassi-
sche Renaissance im Sinne des Barocks, zu
Köln aber hat der Stuckateur Motive aller
Art angewandt, bei der Verzierung der Ar-
kaden selbst das romanische Motiv gebrochener
Stäbchen, wie er andererseits am Triumphbogen
das sonst erst um 1700 auftretende Netzwerk
bereits antizipiert hat. Vor allem aber ist für
den Kölner Stuck im Einklang mit dem Or-
nament des Mobiliars das dieses ganz beherr-
schende Knorpelornament charakteristisch.

Die Düsseldorfer Jesuitenkirche ist so wenig
das beste Beispiel des rheinischen Jesuitenstiles,
daß sie vielmehr unter den rheinischen Kirchen,
die westfälischen, welche ja auch zur nieder-
rheinischen Ordensprovinz gehörten, nicht aus-
geschlossen, ganz vereinzelt dasteht. Ihre
Stuckdekoration hat, wie urkundlich feststeht,
ihr Vorbild in Bayern. Aber auch der Plan
zum Bau selbst kommt von dort. Die Neu-
burger Kirche wurde nicht nur für die Orna-
mentierung der Düsseldorfer maßgebend, sondern
auch für deren Konstruktion und Anlage. An
Abweichungen fehlt es allerdings nicht, nament-
lich unterscheiden sich beide Kirchen durch
die Zahl und Lage der Türme. Statt der zwei
Türme, die zu Düsseldorf den Chor flankieren,

ist zu Neuburg nur einer vorhanden, der seinen
Platz in der Mitte der Fassade hat. Im übrigen
aber läßt sich eine Verwandtschaft beider Kirchen,
was Stilcharakter, Disposition und Konstruktion
anlangt, unmöglich verkennen. Das Äußere
der Langseiten und die Fassade bis zum Giebel
an der Düsseldorfer Kirche sind sogar fast
wörtlich von der Neuburger abgeschrieben.
Man wird das Verhältnis zwischen beiden
Bauten am richtigsten wiedergeben, wenn man
die Kirche zu Düsseldorf als eine verbesserte
Neuauflage derjenigen zu Neuburg bezeichnet.
Es wäre ja auch anderenfalls undenkbar ge-
wesen, dieStuckdekoration derNeuburger Kirche
in der Düsseldorfer zu kopieren. Die beiden
Chortürme der letzteren aber dürften unmittel-
bar auf eine Einwirkung Wolfgang Wilhelms
zurückzuführen sein, der seiner Zeit bei den
Verhandlungen über den Bau der ursprünglich
für den protestantischen Gottesdienst bestimmten
Kirche zu Neuburg ebenfalls für diese zwei
Flankiertürme am Chor vorgeschlagen hatte.12)
Übrigens wäre es auch im Fall der Düssel-
dorfer Jesuitenkirche nicht das erste Mal ge-
wesen, daß die Patres ihren Blick nach Bayern
richteten, als es galt, einen Plan für eine
neue Kirche zu entwerfen. Schon einige Jahre
zuvor hatte man zu Köln ein Gleiches getan
als es sich darum handelte, einen Entwurf für
die dort zu erbauende Kirche zu beschaffen.
Vor mir liegen drei verschiedene Pläne, die
damals aus Bayern in Köln einliefen. Die Auf-
schriften : Idea I, II, III Bavarica Tempil Co-
loniensis verraten mit aller Bestimmtheit ihre
Herkunft. Es sind das alles Pläne im Geiste
des damals im Süden herrschend gewordenen
Stiles, eng verwandt mit dem Plan der Düssel-
dorfer Kirche. Namentlich gilt das von der
Idea II (Abb. 4), die laut einem Schreiben an
den Provinzial P. Kopper vom 25. November
1617 die Approbation des P. Generals erhielt.
Daß sie nicht zur Ausführung gelangte und die
jetzige Kirche gebaut wurde, liegt an Einflüssen,
die darzulegen zu weit führen würde. Es ist
das aber auch hier von keinem Belang. Das
Interessanteste aber bei Idea II ist, daß sie
die Neuburger Kirche wiedergibt, nur ist dem
Langhaus ein Joch hinzugefügt und der Chor
um einiges verlängert.13)

,2) Grasegger a. a: O. S. '20 fT.
13) Die Kenntnis der Neuburger Kirche verdanke
ich den gütigen Mitteilungen des hochw. Herrn Stadt-
 
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