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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Schönermark, Gustav: Der Kruzifixus und die ersten Kreuzigungsdarstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0077

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1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

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Stellung zu denken, obgleich ein leicht ein-
geritzter Kreis um den Kopf Christi bereits
als auf die Verehrungswürdigkeit des Heilandes
hinweisend angesehen werden könnte.

Hat diesen rein geschichtlichen Inhalt auch
noch das früh este Kreuzigungsbild,dessen
Entstehungsjahr sich erweisen läßt?
Es befindet sich als bildliche Beigabe in einer
syrischen Handschrift des Klosters Zagba und
ist von dem Mönche Rabulas 586 gemalt.

Befestigung an das Kreuz durch über die Brust
gekreuzte Stricke zeigen, ist Christus mit einem
langen, ärmellosen, blauen, vorn von zwei
breiten, senkrechten Goldstreifen gezierten
Gewände bekleidet und nicht weiter durch
Stricke fest gebunden. Ein goldener, blau
umränderter Heiligenschein, aber ohne Kreuz-
verzierung darin, umgibt sein Haupt. Sonne
und Mond, die Himmelszeichen, sind über
den Kreuzarmen sichtbar. Der Vorgang ist

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Abb. •'!. Kreuzigung Christi auf einer Türfüllung der St. Sabina zu Rom.

Der Kodex, ein Evangeliarium, bildet jetzt ein
wertvolles Stück der Bibliotheca Laurentiana
zu Florenz.') Christus, zwischen den Schachern
gekreuzigt, ist wie diese auch an den Füßen
genagelt. Die Beine aller hängen nebeneinander
herab, sind nicht übereinander geschlagen und
ohne Unterstützung. Jeder Fuß ist mit einem
etwa das Fußgelenk durchdringenden Nagel
angeheftet. Aus Händen und Füßen läuft das
Blut herab. Während die Schacher bis auf
ein Lendentuch nackt sind und eine weitere

]) Eine Abbildung kann leider nicht gegeben i
werden, da der Direktor der Bibliothek weder den |
Kauf noch die Aufnahme einer Photographie er-
lauben wollte.

mit einer bis dahin unbekannten Ausführlich-
keit und Natürlichkeit wiedergegeben. Daher
sind noch zu sehen links (vom Beschauer)
unter dem Kreuze der Speerhalter Longinus,
auch durch Beischrift gekennzeichnet. Er ist
mit einem roten, kurzen Rocke bekleidet,während
seine Unterschenkel schwarze Umhüllung zeigen
und seine Oberschenkel weiß geblieben, also
wohl nackt zu denken sind. Weiter links sieht
man in blauem Gewände und mit einem
Heiligenscheine gleich dem des Heilandes die
Madonna, sich stützend auf den bartlosen
Johannes den Täufer in weißem Gewände.
Auf der anderen Seite des Kreuzes steht in
langem Kleide der Schwammhalter mit einem
 
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