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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Bogner, Heinrich: Über die Emporen in christlichen Kirchen der ersten acht Jahrhunderte
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0082

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113

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

114

maggiore zu Capua.19) Als eine Nach-
wirkung der doppelgeschossigen forensen Basi-
liken wird es betrachtet, wenn wir dem näm-
lichen Motiv in S. Nereo ed Achilleo be-
gegnen.20) Wie Hübsch meist optimistischen
Anschauungen zuneigt, so kommt er auch
bei der Basilica Sessoriana (Sta. Croce
in Gerusalemme) — eine der sieben Haupt-
kirchen der ewigen Stadt (una ex Septem)
— über deren ursprüngliche Gestalt noch
abweichende Ansichten herrschen, zu dem
Schluß, daß schon bei der ersten Kirchen-
anlage zwei Säulenreihen und darüber natür-
licherweise eine zweite Säulenordnung eingestellt
worden seien, gerade so wie in der älteren
Anlage von S. Lorenzo f. 1. m., daß also die
ursprüngliche Kirche, um mehr Platz zu ge-
winnen, Seitenemporen gehabt habe.21) — In
Rom finden sich bei einzelnen Basiliken an
der Eingangsseite, aber auch im Qu er schiff
vereinzelte kurze Emporen. — „Die Schwierig-
keit genauer Datierung der Einzelteile jener
Bauwerke macht es fast unmöglich," sagt dazu
Kssenwein22), „die Entstehungszeit gerade solcher
Quer empören festzustellen. Man wollte ein-
zelne schon ins IV. Jahrh. setzen, wir haben
uns aber bei keiner einzigen überzeugen kön-
nen, daß die Gründe hiefür zwingend sind,
wir müssen daher die Frage offen lassen. Die
größeren Emporen, welche über den Seiten-
schiffen angelegt sind, erscheinen uns samt und
sonders unzweifelhaft jünger, z. B. jene von
S. Lorenzo." — Damit stimmt überein, was
Dehio und v. Bezold 2a) von den Emporen in
Rom sagen, nämlich, daß die Periode, in der
sich diese Stadt damit befreunden lernte, vom
letzten Viertel des VI. bis ins erste des IX.
Jahrh. gedauert habe, das ist ungefähr gerade
so lange, als die mehr durch die Not barba-
rischer Angriffe als durch eigene Neigung be-
stimmte Abhängigkeit des römischen Stuhles
vom Kaiserhof in Byzanz. — Außerhalb Roms,
in Unteritalien, erbaute und beschrieb Paul
von Nola eine jetzt nicht mehr vorhandene Basi-
lika aus antiken Säulen und mit zweistöckigen
Abseiten.24) — Hübsch vermutet weiterhin in

l0) Vgl Dehio u. v. Bezold S. 108.

*>) Vgl. Krauß II. Bd. S. 292.

") Vgl. Hübsch S.70 PI. XXX Fig. 3 u. PI. IV;
dort auch näheres über Entstehg. u. Renovationen.

n) Vgl. Essenwein S. 47.

23) Vgl. Dehio u. v. Bezold S. 108.

") Vgl. Hübsch S. 26 Anm. 3.

den von Gregor v. Tours beschriebenen beiden
altchristlichen Kirchen, nämlich bei der über
dem Grabe des heiligen Martinus durch
Perpetuus und bei der von Namatius nahe bei
Tours erbauten Basilika Emporen.25) Schließ-
lich wird von Alkuin berichtet, daß er in seiner
Heimat York eine mit „solaria" (Emporen) ver-
sehene Kirche erbaut habe.20)

Von Zentralbauten mit Emporen ist
zunächst im Orient die Kirche zu Neocae-
sarea zu nennen.27) Daß der Umgang nicht
bloß einstöckig war, sondern daß wenigstens
zwei Säulenstellungen übereinander um den
Mittelraum liefen, will man erstens schon aus
der Analogie mit anderen größeren Kirchen
von konzentrischem Grundplan schließen, zwei-
tens daraus, daß von dem Bischof Nonnus
(-{- 374) von „Umgängen", sowie von „Säulen
und Hallen durch Decken sich in die Höhe
hebend" gesprochen wird. Schließlich deutet
Hübsch die in der Beschreibung erwähnten
mancherlei Gurten auf eine mehrstöckige An-
ordnung.

Bei der Beschreibung der Kirche des hei-
ligen Michael am Anaplus zu Kon-
stantinopel versteht der eben genannte
Autor unter dem Ausdruck „schwebende Hal-
len" nichts anderes als die oberen Abseiten,
deren Säulen auf denjenigen der unteren Ab-
seiten standen.28) In der Hagia Sophia zu
Konstantinopel setzt sich das Gynaeceum
über den Narthex fort und verbindet auf diese
Weise die beiden Seitenteile,29) wie überhaupt
in Zentralbauten vielfach, so z. B. in der Kirche
der heiligen Sergius und Bacchus in
der vormaligen ostiömischen Metro-

2h) Vgl. ebendas. S. 108 PI. XLVII Fig. 6 bis 9;
Merimee (vgl. Hübsch Anm. 13) schreibt die
zuletzt genannte Kirche dem XI Jahrh. zu.

2,i) Vgl. Dehio u. v. Bezold S. 192. Verf.
setzt diese Kirche unter die Langhausbauten auf Grund
der Mitteilungen Lützows S 321 u. Win kl es',
»Architectural and Picturesque Iltustrations of the
Cathedra! Churches of Engl, and Wales«, Vol. 1;
(London 1836) S. 41 ; Dehio u. v Bezold S. 192
sowie Schnaase (Bd. III S. Ö25) stimmen bei. Vgl.
dagegen Bock C. P., »Beil. z. Freiburger Kirchenbl.«,
Nr 9 v. Sept. 1862.

2<) Vgl. Hübsch S. 41, 4.r>u. 76. — RahnJ R,
Ȇber d. Ursp. u. d. Entwickig. d. christl Zentral-
u. Kuppelb.« (Leipzig 1866) .-.38 u 49

28) Vgl. Hübsch S. 82 PI XXXV Fig. 1 bis 3.

29j Vgl. Lützow F. A. v., »Die Meisterw. d.
Kirchenbauk.« 2. verb. u. st. verm. Aufl. (Leipzig
1871) S. 26.
 
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