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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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125

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

126

des durch Cosimo Medici kontrollierten Aktenbuches,
das über die Beziehungen der Künstler zu den
Kommissionen überraschende Auskunft gibt. — Um-
fängliche Notizen über das Leben und Schaffen der
Mailänder Architekten und Bildhauer Solari
liefert (in italienischer Sprache) der Brera-Direktor
Dr. Malaguzzi Valeri, die weithin ausgedehnte
Tätigkeit der fruchtbaren Künstler verfolgend und
durch 50 Abbildungen erläuternd. — Den Löwen-
anteil behauptet textlich und illustrativ, wie inhaltlich
Dr. G. Ludwig in Venedig, dessen eigenartige
Studien über den venezianischen Hausrat zur
Zeit der Renaissance und über das Restello
als Spiegel- und Toilettenutensilien-Ständer, nach
seinem frühzeitigen Tode, Dr. Fritz Rintelen be-
arbeitet hat. In die Geheimnisse der bislang unbe-
kannten üppigen Hauseinrichtung der Venezianer führen
diese Untersuchungen ein, die von den Inventaren der
venezianischen Paläste, wie sie in das städtische Archiv
zahllos gerettet sind, ausgehend, an den noch er-
übrigten Resten und an den Zeichnungen unterge-
gangener Belegstücke diese Notizen revidieren und auf
dem mühsameren Wege von Kombinationen aller Art
zu den wertvollsten Rekonstruktionen und Identi-
fizierungen führen. Als die großartigste derselben er-
scheint das Restello Catenas mit den Bildern Giovanni
Bellinis. Manches andere Schmuck- und Toilettenstück
erhält auf diesem Wege seine Deutung und Be-
deutung wieder, seine Stelle im Hausrat und in dein
ganzen künstlerischen Betrieb der Dogenstadt zur
Glanzzeit ihrer Kultur im X V. und XVI. Jahrh. — Dem
Verdienst dieses unermüdlichen, erfolgreichen Forschers
hat Wilhelm Bode die Krone aufgesetzt durch einen
warmen Nachruf. — Glossen und Register erleichtern
den Gebrauch des musterhaften Buches. T.

(Hiersemann, kunstgeschichtliche Monographien, III.)
Geschichte des Dürerschcn Marienbildes
von Ernst Heidrich. Mit 26 Abbildungen. K.
Hiersemann, Leipzig 1906. (Preis 11 Mk.)
Es handelt sich hier um den Versuch, das Marien-
bild im Zusammenhange der Entwicklung Dürers dar-
zustellen, mehr noch diese selbst, insoweit Dürer an
das Vorhandene anknüpft, um es zu entfalten, weiter
zu gestalten und so die große Zeit der Malerei vor-
zubereiten, wie sie sich in Rembrandt verkörperte. —
Was Dürer auf diesem, im Mittelalter so viel gepflegten
Gebiete der Madonnen-, d. h. Gottesmutter - Dar-
stellung vorgefunden hatte, gelangt zunächst zur Er-
örterung, sodann, wie er sie weiter pflegte von seiner
ältesten erhaltenen Zeichnung 1465 bis zur Apo-
kalypse 1498, ohne über das Typische wesentlich
hinauszugehen. — Die Zeit des Marienlebens
bis 1505 zeigt einen neuen Typus mit eigenen Emp-
findungen, bis die zweite italienische Reise
1505—1507 den menschlichen Gehalt des Thema von
Mutter und Kind zu großer Entfaltung brachte. Dann
tritt das Repräsentationsbild in die Schranken, und
bis 15 14 erreicht das Bild der mit dem Kinde
spielenden Mutter seinen Abschluß. — Bis zur
Rückkehr von der niederländischen Reise
machen sich neue, die Schönheit betonende Motive
geltend, bis 1521 dieses Marienbild, von dem großen
AHarbilde ausgelöst, sein Ende findet. — Nicht nur

dessen Aufhören, sondern auch dessen letzte Gestal-
lungen werden mit der Reformation in Verbindung
gebracht, von der Andeutung begleitet, daß im Marien-
bilde der Geist Dürers nicht seinen Höhepunkt er-
reicht, noch weniger sich erschöpft habe. — In fort-
laufender, etwas breiter, aber durch ihre geistreiche
Art nicht nur nicht ermündender, sondern fesselnder
Darstellung wird dieses Thema behandelt, indem die
kritischen, vornehmlich die Daticrungsfrage verschie-
dener Dürer-Blätter erörternden Einlagen in den Anhang
verwiesen sind. — Als Illustrationen sind 25 Zeich-
nungen Dürers, die den Entwicklungsgang des Marien-
bildes deutlich veranschaulichen, gut wiedergegeben.

F.

Internationale und nationale Züge in der
Entwicklung der deutschen Kunst. Von
Berthold Riehl. (Aus den Abhandl. der K.
Bayr. Akad. der Wiss. III. Kl. XXIV. B. 1. Abt.)
München 1006 in Korn, des G. Franzschen Verlags.
Der Verfasser, dem seine Lehrtätigkeit in München
und seine Mitwirkung bei der Denkmälerstatistik ganz
besondere Veranlassung und Gelegenheit für ver-
gleichende Kunststudien, namentlich auf dem Gebiete
der Plastik boten, hat zur Entwicklungsgeschichte
derselben reichliche dankbare Beiträge geliefert. Schon
seine vortrefflichen „Deutsche und italienische Kunst-
charaktere" (vergl. diese Zeitschr. VI, 349) verrieten
dieses Streben, als dessen knapp bemessene, aber
ausgereifte Frucht die vorliegende Abhandlung er-
scheint. — Sie behandelt zuerst die „internationalen
und nationalen Verbindungen", wie sie mehr
im ersteren Sinne an der karolingischen Architektur,
Plastik, Malerei in die Erscheinung traten, als vor-
wiegend aus Italien (Ravenna), viel weniger aus dem
Orient eingeführte Formen. Seit dem Beginn des
XI. Jahrh. machten in viel stärkerem Maße, zumal
auf dem Gebiete der Baukunst, freie (nationale) An-
regungen sich geltend, und die Orden betätigten sich
als die Hauptträger dieser Elemente zumeist, die
Benediktiner und Kluniazenser, dann die Franzis-
kaner und Dominikaner, später auch die Jesuiten.
Die Laienbauschulen und Steinmetzhütten vermehrten
und spezialisierten diese Eintlitsse. — Die „lokalen
Sonderungen" werden vom Verfasser besonders be-
tont, um dem Vorurteil zu begegnen, als ob die
künstlerischen Fortschritte in Italien, Frankreich, den
Niederlanden sofort in Deutschland ihr Echo ge-
funden hätten, wo vielmehr die Stammesgruppen zur
Geltung kamen, die vornehmlich in Bayern nach-
gewiesen werden. — Daß „verschiedene Wege
zu verwandten Zielen" führten, belegt der Ver-
fasser durch zahlreiche Beobachtungen, durch welche
er die Eigenart des deutschen Kunstschaffens in
Architektur, Plastik und Malerei nachweist, bereils
zur Glanzzeit des romanischen Stils, zumeist jedoch
der Gotik. Wie viele Eigentümlichkeiten der Kon-
struktionen und Formen hier als selbständige Parallel-
erscheinungen zu fremden Gebilden sich entfaltet
haben, weiß der Verfasser, vornehmlich aus dem
Hauptlande seiner Studien, mit grotier Anschaulichkeit
darzulegen. — Auf diese Weise ist nicht nur eine Fülle
sehr beachtenswerter Ergebnisse gewonnen, sondern
auch vor allem der Weg gezeigt, auf dem allein die
 
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