Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0089

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
127

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 4.

128

Forschung zu individuellen, d. h. ganz zuverlässigen
Resultaten gelangen kann. Schnütgcn.

Die archäologischen Entdeckungen des XIX.

Jahrhunderts von Adolf Michaelis. E. A.

Seemann. Leipzig 190(3. (Preis f>,20 Mk.)
Aus einem Kolleg des Verfassers ist dieses Brch
herausgewachsen, das nicht nur den Zuhörern eine liebe
Erinnerung sein wird, sondern zahllosen andern Lesern
eine wertvolle Belehrung. — Die Geschichte alter-
tümlicher Ausgrabungen übt eine gewaltige Anziehungs-
kraft aus wegen der in der Regel eigenartigen Um-
stände, und kein Jahrhundert ist reicher gewesen an
solchen Ereignissen, als das letzte. Sie leben als kost-
bare Bereicherungen des Altertümerschatzes mit manchen
fesselnden Nebenumständen im Gedächtnisse der Zeit-
genossen fort, die gern solche Erltbnisse weiter er-
zählen und deren Auffrischung freudig begrüßen, wenn
sie von berufener Seite geschieht. — Der Verfasser
versteht die unzähligen Funde geschickt zu gn ppicren
und anschaulich zu schildern. Was ihm dabei an
Abbildungsmaterial abKcht, weiß er durch die Rand-
ziffernhinweise auf seinen I. Band von Springer sowie
auf Winters Kunstgeschichte zu ersetzen. Im Über-
blick erscheint zunächst unsere „Antikenkenntnis vor
11- 00*', sodann ,,die napoleonische Zeit" (Ägypten,
Pompeji, das Musee Napoleon) und „die Wieder-
gewinnung Griechenlands" (Lord Elgin, das Britische
.Museum, Aegina-München, Bassä-London). ,.Die Grab-
stätten Elruriens", sehr ergiebig auch an Gemälden,
Alexandermosaik, reiche „Entdeckungen im Osten"
(Kleinasien, Sfidrnßland; „Griechische Kunststätten"
in großer Zahl, dann die glorreichen Entdeckungen der
„antiken Stadtanlagen" (Pergamon durch Humann,
Magnesia, Milet usw.). Die „I rähistorie und griechi-
sche Vorzeit" tauchen auf durch Schliemann (Troja,
Mykenä, Tiryns). „Die klassischen Länder seit 1870"
in den Vordergrund getreten durch Griechenland
(Akropolis) und Italien (Griechische Tempel), ebenso
„die Außenländer" (Ägypten, Persien, Sidon, Baalbek,
Nordafrika, Deutschland mit seinen Lokalforschungen
usw.). — "Wie dieser „Entdeckungen die Wissen-
schaft" sich bemächtigt hat durch ihre Museen, Schulen,
Abbildungen, weist überaus lehrreich und anziehend
der letzte Abschnitt nach, dem die sehr instruktive
„Chronologische Übersicht" sich anschließt. — Kaum
ein anderes Buch dürfte wie dieses für die archäologi-
schen Studien zu begeistern vermögen, die es gewisser-
maßen mit dem Zauberkranz der Wiedergeburt umgibt.

K.

Rom und die Campagna Von Gsell-Fels.
VI. Auflage. Mit (i Karten, 53 Plänen und
Grundrissen, 01 Ansichten. (Meyers Reisebücher),
Bibliograph. Institut. Wien 1906. (Leinwand geb.
Mk. 12,50.)
Diese neue, von Dr. Schoener besorgte Auflage
hat den seiner Vielseitigkeit, Gründlichkeit, Genauig-
keit, auch seiner vielen Abbildungen wegen längst
beliebten Romführer handlicher gemacht durch seine
Zerlegbarkeit in fünf selbständige Teile, und ihn

wiederum auf die volle Höhe gebracht durch die Be-
rücksichtigung der in den letzten 5 Jahren (also seit
der letzten Auflage, vergl. XIV, 157) ganz unge-
wöhnlich flüssigen Forschung. „Die ewige Stadt"
hat mancherlei Neuerungen erfahren, teils im auf-
deckenden, konservativen Sinne, teils im destruktiven,
modernen Sinne. Über das eine wie das andere wird
der Besucher orientiert, namentlich über das erstere,
und hier sind die vielfachen Ergänzungen und Be-
richtigungen, wie sie aus den großen und kleineren
Publikationen italienischer und deutscher Kunsthistoriker
sich ergaben, offenbar mit Sorgfalt aufgenommen worden,
so daß wohl jeder seine Rechnung findet. Die
Wappentafel der Päpste und der kirchliche Fest-
kalender sind sehr schätzenswerte Beigaben, und das
ungemein detaillierte Register wird wohl kaum eine
Frage unbeantwortet lassen, die auf dem Gebiete der
Kunstausdrücke, der Ortlichkeitcn und Personen sich
erhebt. R,

Histoire de la Mise en seine dans le theatre
religieux francais du moyen-äge par Gu-
stave Cohen. H.Champion, 5 Quai Malaquais ä
Paris 1900. (Preis ?.)
In dieser Geschichte der Inszenierung hat G. Cohen,
Lektor der französisches Sprache und Assistent am
romanischen Seminar der Universität Leipzig, die Ent-
wicklung der französischen geistlichen Bühne dargestellt,
und zwar zuerst die Inszenierung im liturgischen Drama,
deren Ort (zumeist Kirche), Ausschmückung, Anord-
nung, Spieler und Zuschauer näher beschrieben werden;
sodann die Inszenierung im halb-liturgischen Drama
mit ihrer Organisation, ihren spielenden und zuschauen-
den Personen, endlich dielnszeniernngin denMysterien,
die weitaus am eingehendsten behandelt wird hinsicht-
lich der Orte, Aufstellungen, Einrichtungen, Schau-
spieler und Publikum, namentlich aber der ausübenden
Kunst, also der Plastik und Malerei, aufweiche die
Mysterienbühne einen großen Einfluß ausgeübt hat,
gemäß den im III. Kapitel des III. Buches umfäng-
lich niedergelegten Nachweisen. Diese greifen auf die
Untersuchungen französischer und deutscher Forscher
zurück, sind aber auch durch eigene Untersuchungen
bestätigt, namentlich durch den (S. 116/117) ab
Planche VI abgebildeten spätgotischen Holzschnitt des
„Sarum Horae", der eine Anbetung der Hirten und
Hirtinnen darstellt. Jede dieser knieenden Figuren,
neben die der Name eingedruckt ist, trägt oder führt
ein Weihegeschenk z. B. „mahauls", der ein Lamm
opfert. Nun hat der Verfasser in einem bis dahin
unbekannten Manuskript zu Chantilly, welches zur
Aufführung der Geburtsszene die Texte bringt, die-
selben Namen gefunden mit denselben Opfergaben.
Hieraus zieht der Verfasser mit Recht den Schluß,
daß der Holzschnittzeichner zur Illustration eines Gebet-
buches, das gar keinen Zusammenhang mit einem Drama
hatte, diesem, also dem Theater, doch die Ideen ent-
nahm. — Auch manche anderen Darstellungen weiß
der Verfasser mit den Aufführungen der Mysterien-
bühnc in Verbindung zu bringen, so daß sein Buch
neben dem literarischen auch einen erheblichen kunst-
historischen Wert besitzt. Schnütgen.
 
Annotationen