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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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185

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. G.

186

fortdauernd mit Eifer gepflegt. Diese Pflege ist am
erfolgreichsten, wenn sie sich spezialisiert, die Eigen-
art der Stilentwickelung in einzelnen Gegenden mög-
lichst eingehend untersucht. Als besonders dankbarer
Bezirk darf das gegenwärtige Brabant gelten mit
seinen Hauptorten Löwen, Tirlemont, Brüssel und
Nivelles, wo die gotische Kirchenbaukunst zu reicher
Blüte sich entfaltete. Um sie erschöpfend darzulegen,
hat eine genaue Prüfung der ihr vorhergehenden
Sladien, also des romanischen und des Über-
gangsstiles sich als notwendig erwiesen. — Dem
ersteren ist dieses Buch gewidmet, das als Doktor-
dissertation durch Umfang und Bedeutung sich aus-
zeichnet. Mit dem Apparat und dem Stift in der Hand
hat der Verfasser die Kirchen seines Bezirkes besucht
und alles einschlägige Material erforscht und ver-
zeichnet, so sehr es sich auch unter den nie ganz
fehlenden Umbauten versteckt haben mag. Bevor er
aber seine fast ausschließlich den Denkmälern selber
entnommenen Beobachtungen enthüllt, behandelt er
kurz die romanische Baukunst im allgemeinen, sodann
eingehend ihre Entwickelung in Belgien, die keinen
eigenen Charakter hat und mit der Dürftigkeit im
Schmuck den Verzicht auf die Gewölbe verbindet. —
Dann bereitet er seine Hauptuntersuchung über die
romanische Bauweise in Brabant durch eine
kurze aber inhaltreiche Darlegung der gleichzeitigen
sozialen, politischen, wirtschaftlichen und religiösen
Zustände des Landes vor. Die Vergleichung sämt-
licher 45 Baudenkmäler, von denen die meisten auch,
namentlich hinsichtlich ihrer charakteristischen Be-
standteile, in vorzüglichen Abbildungen vorgestellt
werden, bezieht sich auf Lage, Material, Grundriß,
Türme, Türen und Fenster, Pfeiler, Bogen, Ver-
zierungen usw., und für alles dieses ergeben sich die
Ursprungsverhältnisse, so daß nachstehende Schluß-
folgerungen gezogen werden können: Obwohl sämt-
liche Kirchen Brabants die Längenrichtung, die An-
wendung der viereckigen Pfeiler, das Fehlen der
Gewölbe in den Schiffen, die Nüchternheit der De-
koration auszeichnen, so unterscheidet sie die Lage
des Turmes, der im Osten des Landes seine Stelle
vornehmlich vor den Schiffen, im Westen meistens
neben dem Chor hat. — Mosel und Rhein haben
viel mehr Einfluß auf Plan und Formbildung aus-
geübt, als Scheide und Norden Frankreichs* worin
auch das lange Festhalten am romanischen Stil seinen
Grund hat. — Die in jeder Hinsicht gründliche und
durchsichtige, daher in ihren Ergebnissen zuverlässige
(dazu vortrefflich ausgestattete) Arbeit begründet für
die II. Partie die besten Erwartungen. H.

Das Freiburger Münster. Ein Führer für Ein-
heimische und Fremde von Fr. Kenipf, Münster-
architekt und K. Schuster, Kunstmaler. Mit
93 Bildern. Herder in Freiburg 1900. (Geb. 3 Mk.)
Das durch seinen Bau wie durch seine Ausstattung
unter den Domen Deutschlands eine der hervor-
ragendsten Stellen behauptende Münster zu Freiburg
hat endlich in Form eines Führers eine seiner würdige
Beschreibung erhalten, die, von tüchtigen Fach-
männern verfaßt, ihrem Zweck vollkommen entspricht.
— Die als Einleitung dienende „Baugeschichte und
allgemeine Beschreibung" gibt einen kleinen Überblick

über die Entstehung und Entwicklung des Münsters
bis auf unsere Tage, der „Rundgang um das Münster"
informiert in dankbarster Weise über seine äußere
Erscheinung. Die herrliche „Eingangshalle" erführt
eine fast zu umfängliche Erklärung, und dann werden
dem „Inneren des Münsters": dem Lang- und Quer-
haus, dem Chor mit seinem fast zu breit behandelten
„Hochaltar", endlich dem Chorumgang mit seinem
Kranz von 13 Kapellen, über 100 Seiten gewidmet. —
Gut ausgewählte und reproduzierte Abbildungen, vor-
wiegend der Architektur, Plastik, Malerei entnommen,
begleiten den Text in bequemster Weise. Oberfläch-
lich ist nur die Schatzkammer behandelt, obgleich sie
manches Beachtenswerte bietet; statt der summarischen
Aufzählung, die mit einer einzigen Abbildung nur eine
Seite füllt, würde sich eine sorgsame Beschreibung
empfohlen haben. — Als praktische „Beilagen"
werden sich die „Chronik", das Verzeichnis der
Werkmeister des Münsters und der Gräber in ihm
bewähren. Ausstattung und Einband sind musterhaft.
___________ G.

Freiburger Münsterblätter, herausgegeben
vom Münsterbauverein. Freiburg, Herders
Verlag. II. Jahrg. I. Heft. (Preis 5 Mk.)
Dieses Heft enthält auf 48 Folioseiten 3 Ab-
handlungen und 3 kleine Mitteilungen. Den ersten
Platz unter ihnen behauptet nicht nur durch ihren
Umfang von 34 Seiten mit 48 fast ausschließlich
durch Photographie gewonnenen Abbildungen die
Studie Panzers über den romanischen Bilder-
fries am südlichen Choreingang des Frei-
burg er Münsters und seine Deutung. Die
Begeisterung für das Münster hat den berühmten
Philologen zur liebevollen Vertiefung in diesen nur
22 cm hohen spätromanischen Kapital- und Fries-
schmuck des Portals für die ehemalige Nikolaus-
kapelle angeregt, und die durch ein Aufgebot un-
gewöhnlichen Wissens und Kombinationsgeschicks
bewirkte Entzifferung der bislang in Dunkel
gehüllten Reliefs erscheint als eine wesent-
liche Bereicherung der romanischen Ikono-
graphie. — Diese hat erst in der neuesten Zeit
wieder begonnen, die verdiente Pflege zu finden, die
bei den kritisch zumeist scharf gerichteten Philologen
durchweg in zuverlässigen Händen ruht. — Um sechs
verschiedene Gruppen handelt es sich, die vom Ver-
fasser unter Benutzung einer ungemein reichen Literatur
und eines umfassenden Abbildungsapparates hinsicht-
lich ihrer symbolischen, m3'stischen, allegorischen Be-
deutung gründlichst geprüft werden. Diese Gruppen
stellen dar die Himmelfahrt Alexanders, den
Löwenkampf Davids, die beiden Sagen vom Wolf
in der Schule, den Kentaurenkampf, den Kampf gegen
den Greifen, die Sirenenszene, also mit Ausnahme
der zweiten, nur mythologische Darstellungen, die
zum Teil bis in das heidnische Altertum zurückreichen
und in die verschiedensten Sagenkreise Aufnahme
gefunden haben. Am umfänglichsten wird von ihnen
die weit verbreitete Alexandersage behandelt, die im
letzten Jahrzehnt auf Grund von neu entdeckten
Bildern, (wie das Reliquienkissen in Soest, das ich
in der »Zeitschrift fUr christliche Kunst«, Bd. XII,
Sp. 159, in die Kunstgeschichte einführte) wiederholt
zur Erörterung gelangte. Hier ist sie so allseitig
 
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