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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Falke, Otto von: Wiener Grubenschmelz des XIV. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0216

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329

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

330

Verduner Altar (Drexler-Strommer, T. 23),
wie am Ciborium dargestellt, und die beiden
figurenreichen Kompositionen haben in der
Gruppierung und der Haltung einzelner Figuren
soviel Gemeinsames, daß auch dadurch der
Schluß auf einen und denselben Künstler
sich aufdrängt.

Somit darf durch das Zusammentreffen der
urkundlichen Über-
lieferung mit den
Analogien der Tech-
nik und der Zeich-
nung als erwiesen
gelten, daß das
Klosterneuburger Ci-
borium- von dem
Goldschmied, der
den Verduner Altar
wieder herstellte, in
Wien vor 1329 ge-
schaffen ist.

Es bleibt nun noch
übrig, diejenigen Ar-
beiten aufzusuchen
und anzureihen, die
durch dieselben

Kennzeichen der
Schmelztechnik bei
gleichem Stil in der
Zeichnung der Fi-
guren und des Orna-
ments als Erzeug-
nisse d erselben
Werkstatt anzu-
sprechen sind.

An erster Stelle
ist wieder ein Ci-
borium aus vergol-
detem Kupfer (35 cm
hoch) zu nennen,

Abbildung 3.

das aus München in die Sammlung des Frei- gan als Zeichen des

herrn Albert v. Oppenheim zu Köln und j graviert ein Wappen mit der Zahl 37

dann in den Besitz von Pierpont Morgan > ist ein Bindenschild, dessen obere Hälfte durch

besteht kein Unterschied; die Innenzeichnung
der auf blauen Grund gestellten Figuren ist
durchgängig rot ausgefüllt, und derselbe rote
Schmelz findet für die Nimben und sonstige
EinzelheitenVerwendung. Nur auf dem Deckel
sind die Nimben türkisblau. Jede Seite der
Kuppa trägt ein Bild aus der Passion: Christus
vor Pilatus, die Geißelung, die Kreuztragung,

die Kreuzigung, die
Grablegung und die
Auferstehung. Auf-
fällig ist bei mehreren
Bildern die Vorliebe
des Künstlers, vom
Rande her Zweige
mit einigen Rosen-
blättern in das Bild-
feld hereinwachsen
zu lassen, ein Motiv,
das auf der silbernen
Sierndorfpatene in
Klosterneuburg wie-
derkehrt.18) Von den
sechs Feldern des
Deckels sind vier mit
den Evangelisten-
symbolen, zwei mit
Ästen gefüllt. Auf
dem Fuß sind in sechs
Dreiecke eingeordnet
die Kniebilder von
Propheten mit leeren
Spruchbändern, ganz
analog den Pro-
phetenfiguren an der
Kuppa des Sierndorf-
ciboriums. Auf der
Unterseite des Fußes
trägt das Ciborium
der Sammlung Mor-
ersten Besitzers ein-
Es

übergegangen ist.17) (Abgebildet in dieser
Zeitschrift, Bd. XVII, Sp. 271/272.) Der
sechsseitige Aufbau ist viel einfacher gehalten,
als bei dem für den Propst Stephan von
Sierndorf angefertigten Exemplar; die wunder-
volle Sicherheit der bis ins kleinste sorgsam
ausgestochenen Zeichnung dagegen steht nahe-
zu auf derselben Höhe. Im Schmelzverfahren

") E. Molinier, »Collection du Baron Alb.
Oppenheim«, 1904, planche 73.

einen senkrechten Balken geteilt ist. Das ist,
wie der Heraldiker Professor Hildebrand in
Berlin festzustellen die Güte hatte, nach Aus-
weis alter Siegel das Wappen des Chor-

18) Abgebildet C. List-Dr exl er, o. c. T. 7.
Das Mittelbild mit der Figur des Propstes Stephan,
feiner in den »Mitt. der Zentralkommission« 1861, VI,
S '271, Figur 10; bei H eider-Camesina, Der
Altaraufsatz zu Klosterneuburg , Titelblatt; bei Ca-
mesina, Die ältesten Glasgemälde in Kloster-
neuburg und Heiligenkreuzi, S. 20, Fig. 18.
 
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