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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Hasak, Max: Zur Geschichte der deutschen Bildwerke des XIII. Jahrh.
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373

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

374

einen Gießlöffel trägt. — Neben der zweiten
Gestalt liest man in russischen Buchstaben:

■»Master Awram«
und neben der dritten:

» Wais?nuth«.
Wir hätten also in Riquin vielleicht auch den
Künstler der Grabplatte Friedrichs vor uns.

Daß die zweite Grabplatte beträchtlich
später, fortgeschrittener ist, als die eben be-
schriebene, lehrt der Augenschein. Das paßt
zu dem Todesjahre Wich-
manns, 1192. Auf dieser zwei-
ten Platte fehlt ebenfalls die
Inschrift; nur wenige Über-
reste einer solchen haben sich
erhalten. Brandt8) gibt sie
wie folgt an:

,,minis . . . indi . . . anxit
. . . pacificu . . .■ itum —"

In dem Worte pacificu hat
man eine Hindeutung auf
Friedrich finden wollen. Aber
abgesehen davon, daß die
Vollendung der Bischofsge-
stalt gegen die frühe Zeit
um 1152 spricht, bedeutet
pacificus nicht Friedrich -
Friedensfürst, sondern der
Friedensschaff er. Das aber
war Wichmann ganz besonders
durch seine erfolgreiche und
tatkräftige Vermittelung des
Friedens zwischen Friedrich
Barbarossa und Papst Alexan-
der 11 77 zu Venedig, „pax
ecclesie redditur per quen-
dam episcopum Wicmannum
Saxonie" schreiben die Anna-
les Marbacenses.9) Und das
Chronicon Montis Sereni be-
richtet:10) „Anno 1177. Alexander papa in
vigilia beati Jacobi, presentibus cardinalibus et
infinita multitudine episcoporum et abbatum
et principum secularium et populorum, Vene-
ciis ante monasterium sancti Marci impera-
torem in osculo reconciliationis suscepit. . . .

Dom zu Magdeburg.
Erzbischof Wichmann f 1192.

8) Brandt, »Der Dom zu Magdeburg.« (Magde-
burg, 1863.) S. 98.

9) »Monumenta Germaniae historica.« Script. XVII.
(Hannover, 1861.) Annales Marbacenses. S. 162.

10) »Monumenta Germaniae historica.« Script.
XXIII. (Hannover, 1874.) Chronicon Montis Sereni
S. 156.

Huius autem concordie reformande precipuus
cooperator fuit Wicmannus archiepiscopus,
cuius industria imperatoris animositas ad tan-
tam mansuetudinem deducta est, ut in condemp-
nacionem erroris sui coram summi pontificis
pedibus prosterneretur."

(1177. Papst Alexander empfing am Tage vor St.
Jakob, in Gegenwart der Kardinäle und einer unge-
heuren Menge von Bischöfen und Äbten wie welt-
licher Fürsten und des Volkes zu Venedig vor der
St. Markuskirche den Kaiser zum Versöhnungskusse
. . . Der hauptsächlichste Hel-
fer aber für die herzustellende
Eintracht war Erzbischof Wich-
mann, durch dessen Bemühen der
Zorn des Kaisers zu so großer
Milde gebracht wurde, daß er
unter Verdammung seines Irrtums
vor den Füßen des höchsten
Priesters sich zu Boden warf.]

In einem gleichzeitigen Ge-
dicht wird daher Wichmann
wie folgt gefeiert:11)

„Anno Christi incarnationis
anno nostre reparationis
millesimo centesimo
septuagesimo septimo
rex eterne glorie
dono sue gratie
tenebrosam nebulam
scismatis fugavit
quassamque naviculam
Simonis salvavit.
Hoc decus concordie
sanxit flos Saxonie

noster felix pontifex
Wichmannus, omnis pacis

artifex . . ."
[Im Jahre Christi Fleischwer-
dung und unserer Erlösung 1177
zerstreute der König der ewigen
Glorie durch das Geschenk seiner
Gnade den finsteren Nebel des
Schismas und rettete das er-
schütterte Schifflein Simons. Diese
kostbare Eintracht befestigte die
Blüte Sachsens, unser Glück brin-
gender Bischof Wichmann, jedes Friedens Urheber.]
Der pacificus ist hier pacis artifex und
das anxit findet sich sogar in sanxit wieder.
Aber nicht nur um den Venediger Frie-
den hat sich Wichmann große Verdienste
erworben, das Chronicon Montis Sereni rühmt
ihm nach, daß er hauptsächlichst bemüht
war, den Frieden zu seiner Zeit aufrecht zu
erhalten.

u) »Forschungen zur Deutschen Geschichte.«
Bd. 5. (Göttingen, 1865.) (Fechner, »Leben des
Erzbischofs Wichmann von Magdeburg.«) S. 539.
 
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