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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Pomtow, Hans: Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphi, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0132

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118 H. Pointow-Berlin.

stilistisch ebenso schwierig an unseren dorischen Bau verweisen lassen wie der reizende
Palmettenfries mit darüberlaufendem lesbischen Kymation (Herzlaub, Abbildung 21),
von dem schon Furtwängler sagte «hervorragend schön, von außerordentlich feiner Arbeit
sind Fragmente, wo jenes Ornament (Palmetten und Lotosblüten) in Kalkstein ausgeführt
ist» (Berl. phil. W. 1894, Sp. 1276). Die Ähnlichkeit dieses Anthemienbandes mit den
marmornen der Thesauren von Siplmos und Knidos hat wohl den Anlaß gegeben, daß
sie jetzt oberhalb von deren Antenkapitell an der Fensterwand des Knidiersaales angebracht
sind. Das eine der Palmettenfriesstücke ist dadurch, wichtig, daß es hinten, auf einem
jetzt leider abgebrochenen, daneben stehenden Fragment eine Namensinschrift trägt: /XOh,
also wohl [EütJuxoc; oder dergl., wie Keramopulos ergänzte.

luv.-Nr. 3621. — Gefunden Ende April a. St. 1896, wenige Schritte vom Temenoseingang entfernt,
zwischen den Häusern von Gerogles und Triantis, in eine Wand verbaut. Befindet sich jetzt im Knidiersaal
des Museums, Oslwand, oben am Pfeiler zwischen dem mittleren und südlichen Fenster. — Bruchstück
eines Baugliedes mit Palmettenfries und darüber liegendem lesbischen Kyma. Material: feiner gelblicher
Kalkstein bezw. «dichter, hellgelblicher grauer Kalkmergel» (Lepsius, Philol. 1907, p. 271 und Nr. 125). —
Die Vorder- und Oberseite ist wiedergegeben in Abbildung 21. Höhe 0,33; Breite 0,46; Tiefe 0,19. Die Hinter-
seite ist erhalten, aber roh gelassen; ein Stück links hinten an der Bruchecke ist abgesplittert; auf der
Rückseite des abgesplitterten, jetzt daneben stehenden Stückes steht die obige Inschrift da, wo in der Ab-
bildung der Pfeil zeigt. Links ist Bruch, rechts ist die Seite wohl teilweise erhalten (oben). Auch unten
ist wahrscheinlich antike Fläche; genaue Untersuchung ist unmöglich, weil auch dieses Stück, ebenso wie
das in Abbildung 20 wiedergegebene ionische Kymation, durch moderne Eisenklammern, die man eingebohrt
und vergossen hat, fest mit der Wand und dem die Stücke tragenden Konsolbrett verbunden ist. Das zweite
ähnliche, nur etwas kürzere Stück steht rechts daneben.

Die Schrift ist alt, aber nicht ungeschickt, ihre Ausführung weist darauf hin, daß
es keine sorgfältige, auf stetes Gelesenwerden berechnete Aufschrift war, — denn die
Fnden der tiefen Buchstaben sind nicht glatt abgegrenzt, sondern unregelmäßig verlaufend
(wie bei den Steinmetzzeichen), mehr eingekratzt, — und hierzu stimmt die Anbringung
an der Bückseite. So können wir in diesem Namen nur den des Werkmeisters oder
Künstlers des Palmettenfrieses sehen, der epigraphisch in die Zeit 550—450 gehören
würde. Vielleicht waren die Arbeiten der Palmettenstücke unter verschiedene Steinmetzen
verteilt, deren jeder seinen Namen unter sein Werk setzte.

5. Die angebliche Vorhalle und die Standorte
von Tholos und Beckteckbau.
Um mich nicht dem Verdacht auszusetzen, die Vorhallentheorie in den Delphica II
(S. 67 = Sp. 350) ohne schwerwiegende Gründe ausgesprochen zu haben, sind die Hin-
weise auf sie in den zwei letzten Abschnitten (3 und 4) stehen gelassen worden. Sie
seien noch einmal zusammengefaßt und verstärkt:

1) Die gemeinsame Verbauung der Tholos- und Bechteckbau-Glieder zu einem ein-
heitlichen Fundament, die Anordnung der geraden Architrave an seinen Ecken, die Ver-
packung der für den Unterbau unbrauchbaren Metopenplatten an seiner Außenseite, alles
ließ auf ein einziges, hier abgebrochenes Gebäude schließen, das gleichfalls sikyonisch
sein mußte, wie es der Neubau und das Material dieser Bauten waren (s. unten).

2) Es gibt in ganz Delphi keinen Thesauros, überhaupt kein Bauwerk oder großes
Anathem, dessen Unterbau durchgeschichtet ist, — außer dem unsrigen. Diese Durch-
schichtung kann also keinerlei technische, durch Besonderheiten des Oberbaues bedingte
Ursachen haben; denn der neue Sikyon-Thesauros war genau solch einfacher Antentempel
 
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