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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Pomtow, Hans: Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphi, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0133

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119

wie die übrigen (s. Teil II) und hätte keiner stärkeren Fundamentierung bedurft als
der üblichen unter jeder aufgehenden Wand.1 Also kann Durchschichtung nur erfolgt
sein, um hier vorhandenes, schon bereithegendes Material des früheren Baues nicht erst
wegtransportieren zu müssen, sondern es am Orte selbst belassen zu können. Auf diese
Absicht deutet zweifelsfrei nicht nur die Verbauung abgeplatteter Säulenschäfte, sondern
auch das Danebenpacken der Metopen.

3) Die Überreste der Tholos sind so zahlreich, daß sie jedenfalls den vollständigen
Wiederaufbau gestatten werden, nicht nur auf dem Papier, sondern in Wirklichkeit. Wir
haben eher zu viel Rundbaustücke als zu wenig. Umgekehrt sind von den geraden Bau-
gliedern im Fundament nur vier Architrave und eine Hängeplatte bekannt, und was sonst
noch in ihm stecken kann, reicht keinesfalls auch nur halbwegs zu einem vollständigen
Rechteckbau aus.

4) Will man unterstellen, daß die total verschwundenen Wand- und Fundament-
quadern des letzteren umgearbeitet und für den neuen Thesauros verwendet seien, so
müßten sich doch wenigstens 25—30 laufende Meter von alten Architraven und ebenso-
viel von Hängeplatten vorfinden, statt der vorhandenen 5 m, bezw. 60 cm.2 Und wenn
einige davon noch unter der Nord- und Westsubstruktion stehen könnten, die zusammen
noch 131/2 m Architrav fassen würden (1,23 ist schon an der Nordostecke für den vierten
Architrav t abgerechnet), — wo wären die übrigen 40—45 Hängeplatten? Wo alle
Triglyphen (25—30), von denen noch überhaupt keine Stücke vorhanden sind? Wo die
übrigen Metopen, bei denen noch wenigstens 20 m fehlen, sei es als Reliefplatten, sei es
als glatte Blöcke? Daß diese alle noch neben den nachgewiesenen Tholosresten im Fun-
dament stecken können, ist völlig unmöglich.

5) Aber setzt man einmal den Fall, dieses ganze Gebälk stecke noch darin oder
sei aus unbekannten Gründen irgendwoanders gebheben, so wäre es doch kaum denkbar,
daß die Sikyonier die gesamten übrigen Wand- und Fundamentquadern des alten Baues
zu dem neuen verbraucht hätten. Da hätten sie doch einfacher seine Wände stehen
lassen, vergrößern und mit modernem Gebälk versehen können! So aber sollen sie ihn
abgebrochen, das Gebälk in das neue Fundament gepackt, die Quadern aber (einschließlich
der Fundamente) umgearbeitet und aus ihnen und sehr zahlreichen neuen Stücken —
aus letzteren besteht der ganze Toichobat und Orthostat, soweit erhalten — den Neubau
zusammengeflickt haben. Dies alles schien mir äußerst unwahrscheinlich.

6) Nun kam die ungefähre Übereinstimmung in den Maßen der runden und der
geraden Bauglieder hinzu, sowie die annähernde Gleichaltrigkeit (die Kapitelle der Tholos

1 Wenn man als eine Art Parallele das tief geschichtete Fundamentgemäuer der hinteren Cellahälf'te
des olympischen Sikyon-Thesauros heranziehen möchte, das bekannllich zum Tragen der beiden, zusammen
gegen 600 Zentner schweren Erzthalamoi Myrons dienen sollte, und an die Möglichkeit denken, daß vielleicht
auch in Delphi so gewichtige Anathemata zu stützen gewesen seien, so würde dieser Hinweis einer genaueren
Erwägung nicht standhalten. Denn abgesehen davon, daß Pausamas die Existenz solcher Erzmassen hier
ebensogut genannt hätte wie in Olympia, hätten sie nur die Durchschichtung eines Teils des Fundaments
im Gellainnern bedingt, nicht der ganzen Cella oder gar, wie in unserem Falle, des Pronaos. Ein instruk-
tives Seitenstück zu solch nachträglicher Fundamentierung wird der ionische Bußtempel der Marmariä
bringen, in dessen hinterem Gelladrittel später ein schwerer Unterbau zum Tragen der von Paus. X, 8, G er-
wähnten Kaiserstatuen eingebaut worden ist.

2 Bei dieser Schätzung ist die gewöhnliehe delphische Thesaurengröße von ö1/?—6^2 m Front, 8— S1,^ m
Seitenlange zugrunde gelegt, wie sie vom ältesten (Korinth) bis zum jüngsten (Theben) die Regel bildet.
Nur bei 2 von den 20 Thesauren ist sie kleiner (C.aere-Agylla und Potidaea).
 
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