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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Pomtow, Hans: Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphi, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0135

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zeigt wie der Rundarchitrav, ist um so mehr Zufall, als erstere gewöhnlich der Wanddicke
nicht entspricht, sondern kürzer zu sein pflegt und einen Gegenstein hinter sich hat.

4) Die oben gerade Fläche der Hängeplatten braucht nicht zu beweisen, daß
diese zum Geison eines Prostylos gehörte [über dem ich mir einen Giebel mit Skulpturen-
schmuck auf besonders aufgelagerter Platte dachte], sondern es kann auf ihr, wie bei den
sizilischen Bauten, noch eine zweite Steinschicht mit Kyma und Dachschräge aufgelegen
haben, die freilich im Mutterland noch nicht nachweisbar ist. Bei einem Giebelgeison
müßte auch eine Standspur für die Giebelwand vorhanden sein, was wenigstens nach
der Zeichnung in Abbildung 12 nicht der Fall ist.

5) Der gerade Architrav würde vor die Interkolumnien der Tholos nur passen, wenn,
wie in Abbildung 22 vorgeschlagen, die Fuge des rechtwinklig anstoßenden Eckarchitravs
nicht an die Gebäudeseite, sondern an die Vorderfront zu liegen käme; das ist aber noch
niemals dagewesen. Auch wären, selbst wenn man die bei einem so alten dorischen Bau
sehr unwahrscheinliche Eckkontraktion der Säulen zugestünde, höchstens 2 Architrave von
je 1,23 Länge unterzubringen, nicht aber 3, die doch nach Abbildungen 4 und 5 vorhanden
und sämtlich gleichlang zu sein scheinen [nach den neuen Messungen ist f sogar 1,28,
s nur 1,20 lang].

So wie in Abbildung 22 angenommen, wäre also die Vorhalle altdorisch unrichtig.
Modern angenommen, wäre sie ja möglich, aber nicht antik.

Weniger überzeugend als diese technischen Gegengründe sind die allgemeinen Momente,
die Fiechter unter Zustimmung eines anderen Gelehrten zur Erklärung der Annahme beisteuert,
daß zwei ganz verschiedene Bauten in dem Sikyon-Fundament stecken müssen. «Die Tholos
habe ursprünglich nicht hier gestanden, sondern oben auf der Tempelterrasse, wohin sie,
sei es als Musikbau für den Agon, sei es als Kultbau (Heroon des Neoptolemos), passender
gehöre, als hier unten zwischen die Thesauren und Anatheme. Dem Kleisthenes seien
schließlich 2 solche Anathembauten wohl zuzutrauen: die Tholos oben beim Tempel, der
ältere Thesauros mit den Metopen unten an der Temenosgrenze. Vielleicht sei den Alk-
meoniden beim Tempelbau die Tholos im Wege gewesen und von ihnen abgebrochen
worden (530 — 514). Die Sikyonier hätten die Steine hinuntergeschleppt und später mit
den Resten ihres früheren Thesauros (Rechteckbau) zu dem Unterbau des neuen verwendet.»

Gewiß ist die Stelle einer Tholos unten im Temenos auch mir anstößig gewesen, da die
Tholoi von Epidauros und der Marmariä dicht neben den betr. großen Tempeln liegen; freilich
sind sie 200 Jahre jünger. Jedoch ganz unwahrscheinlich ist es, daß Kleisthenes zwei
Bauten (und ganz heterogene) errichtet habe in der kurzen Spanne Zeit zwischen dem
heiligen Kriege und seinem Tode. Dann wird aber jede Beziehung auf Sikyon unmöglich,
und es wäre unverständlich, wieso gerade zu diesem Thesauros die Reste bergab trans-
portiert seien. Und wenn sie es wären, wo sind dann die runden Fundamente geblieben?
Wie man es mit denjenigen Bauten machte, die dem Alkmeonidentempel und seiner neuen
Zwischenterrasse im Wege standen, sehen Avir deutlich an wenigstens vier Bauresten: das
alte Musenheihgtum (s. Teil III, 10) ist ebenso in seinem Unterbau auf der Terrasse geblieben,
wie die ursprüngliche Stützmauer des Tempelvorplatzes (Südostecke), wie der Westthesauros
(l bei Luckenbach, Olympia und Delphi, S. 45) und das Quadergebäude unweit der Westecke,
die beide von der Polygonmauer zerschnitten wurden. Bei allen hat man die Reste in situ
verschüttet, bezw. überbaut. Es müßten sich also mit Notwendigkeit dort oben auch die
Tholosfundamente gefunden haben, denn die Ausgrabenden haben die ganze Zwischenterrasse

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