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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0165

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Chronik. 151

Rom, dem Pantheon, sowie den Thermen des kunst vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, welche

Agrippa und des Diokletian. In der 5. Auflage unter den baugeschichtlichen Darstellungen dieses

von Burckhardts Ciceronen, II. Teil, 1. Band, Sammelwerkes an scharfer Durchdringung des

hat er die, Ergebnisse seiner Studien verwertet; Stoffes und übersichtlicher Darstellung unstreitig

sie sind danach auch in die neuesten Auflagen obenan steht; auch die französische Literatur

übergegangen. dürfte kaum etwas Besseres darbieten.

So war Geymüller ein Mann von anerkannter Ändere Studiengebiete hat Geymüller nur sel-
Bedeutung, als 1883 die deutsche Gesellschaft ten berührt. Die Baudenkmäler der Gotik kannte
San Giorgio in Florenz ihn ersuchte, die Leitung er recht gut. Einer seiner ersten Aufsätze betraf
des geplanten großen Werkes über die toskanischen das Strafsburger Münster; Adlers Untersuchungen
Baudenkmäler des 15. und 16. Jahrhunderts zu nach dem Anteil des Erwin von Steinbach führte
übernehmen. Nicht ohne Bedenken entsprach er auf das richtige Maß zurück. Aus Anlaß des
er diesem Auftrage, dessen Umfang sich damals Wettbewerbs um die Westfront des Mailänder
kaum übersehen ließ. Schwierigkeiten blieben Domes veröffentlichte er einen längeren Aufsatz
in der Tat nicht aus, und enttäuscht zog er sich zur Geschichte und Charakteristik dieses eigen-
während der Jahre 1890—95 von dem Unter- artigen Bauwerks. Es versteht sich von selbst,
nehmen zurück; gern kehrte er aber unter ver- daß ein so tüchtiger Kenner der Geschichte der
änderten günstigeren Verhältnissen zu diesem Baukunst auch die Wiederherstellungen der Denk-
zurück und widmete ihm seine ganze Kraft, so mäler aufmerksam prüfte. Der Kanton Waadt
daß er die Freude hatte, noch vor seinem Tode berief ihn in die Ausschüsse, welche die Wieder-
das zu elf Bänden angewachsene Werk vollendet Herstellungen des Schlosses Chillon und der Ka-
zu sehen. Eine Besprechung und Würdigung thedrale zu Lausanne beaufsichtigen und leiten
desselben ist in unserer Zeilschrift mitgeteilt und sollten. In den die öffentliche Meinung erregen-
dort ausgesprochen, daß diesem Werke vermöge den Streitfragen um die Hohkönigsburg und den
seinem wissenschaftlichen Werte und seiner ge- Ottheinrichsbau des Heidelberger Schlosses hielt
diegenen Ausstattung unter den baugeschichtlichen er mit seinem Urteil nicht zurück, obwohl Kampf-
Veröffentlichungen der Gegenwart die erste Stelle Schriften seinem vornehmen und versöhnlichen
gebührt.1 Hat Geymüller auch nicht die Ver- Charakter nicht eigentlich entsprachen. Beide
antwortung für alle Teile des Werkes zu tragen, Male lag ein besonderer Anlaß vor, daß er zur
so geht auf ihn doch die Anlage desselben zu- Feder griff. Über den Streit um die dem deutschen
rück, sind von ihm mehrere der wichtigsten Kaiser gehörige Hohkönigsburg hatten die schwei-
Biographien verfaßt, die des Brunellesco, Bene- zerischen und französischen Zeitungen eifrig be-
detto da Majano, Lionardo da Vinci, Antonio da richtet. Geymüller, der sich bei seinen inter-
Sangallo des Älteren, Rafael, Michelangelo, Vasari nationalen Beziehungen stets als Deutscher fühlte,
und Ammanati. Beim Abschluß dieses Werkes wünschte aufzuklären. Der Wiederaufbau der
überwies er seine Sammlung italienischer Hand- Burg war nach seiner Überzeugung, der er auch
Zeichnungen dem Museum der Offizien. in unserer Zeitschrift Ausdruck gab, berechtigt,

Da Geymüller seinen Wohnsitz meist in Paris weil es sich um ein künstlerisch hervorragendes
hatte, so lag es für ihn nahe, die Einwirkungen Bauwerk handelte, dessen ehemalige Gestalt sich
der Wiedergeburt Italiens auf die französische durch den Fortgang der Untersuchungen mit hin-
Baukunst zu verfolgen. Aus dieser Absicht heraus reichender Sicherheit feststellen ließ. Anders beim
entstand 1887 das Buch über die Architekten- Heidelberger Schloß. Schäfer, der den Friedrichs-
familie Du Cerceau, welches das geschichtliche bau erneuert hatte, hatte Entwürfe aufgestellt,
und architektonische Material in meisterhafter um auf den Ottheinrichsbau wieder den mächtigen
Weise verbindet. Für das Handbuch der Archi- Zwillingsgiebel zu setzen, der im 16. Jahrhundert
tektur schrieb Geymüller die geschichtliche und bestanden hatte. Es tat not, daß Geymüller daran
systematische Darstellung der französischen Bau- erinnerte, daß das Heidelberger Schloß keineswegs

ein Bauwerk von architektonischer Vollendung

1 Seite 94—90 dieses Jahrganges. darstelle, daß der Zwillingsgiebel des Ottheinrichs-
 
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