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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Pomtow, Hans: Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphie, [2]: von H. Pomtow
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0192

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gegen wurde von der Beigabe eines Grundrisses abgesehen, weil soeben gezeigt war,
daß die Säulenzahl (13 oder 14) und der Durchmesser des Baues (6,40 bis 6,80) nicht
absolut feststehen, wie denn auch die Peristylweite, der Celladurchmesser (außen 2,18),
die Türbreite, die Größe der Pavimentringe usw. noch nicht völlig gesichert erscheinen.

Erst jetzt läßt sich auch über die Konstruktion der Decken Wahrscheinliches
sagen. Es kann kein Zweifel sein, daß die Balkenlöcher an den Stoßfugen der Architrave
in der Tat für die Deckenbalken des Umgangs bestimmt waren, nicht etwa für Holz-
konsolen, auf die die Zeltdachstreben sich stützten, wie von fachmännischer Seite vorge-
schlagen war. Jene 13 Deckenbalken (otkibtq, vergl. H. Thiersch, Bd. II, S. 35) lagen
unmittelbar unter jeder Triglyphe, waren 1jt Fuß hoch, r>/s dick (161/a X 19,5) und sorg-
fältig verzahnt. Ihre geringe Dicke macht es wenig wahrscheinlich, daß sie über die
Cellawand hinweg radial bis zum Zentrum gingen, sie werden vielmehr auf oder in der
Wand ihr Ende gefunden haben. Für diese kurze Spannweite (ca. 0,60 + 2X15 Auf-
lager = 0,90 m) erscheint aber die Dicke zu groß; man wird diese dadurch motivieren,
daß man auf sie die geraden und schrägen Streben des Dachstuhls aufstützt, der außen
das Zeltdach trug. Außerdem wird auf diesen Balken eine hölzerne Kalymmatiendecke
aufgelegen haben.

Im Innern könnte die Cellawand bis zur Höhe des Triglyphons emporgeführt ge-
wesen sein — unsere Bingsteine waren als Vollzylinder bis zur oberen Architravkante
nachgewiesen, würden aber durch die Ersparnis bei Tür und Fenstern zu zwei weiteren
Lagen wohl ausreichen —, und über ihr könnte als Decke eine hölzerne Kuppel
emporgestiegen sein, wenn um 580 die Technik schon so weit war, um aus Bohlen
vertikale Bogen als Träger von hölzernen Kassetten herzustellen. Andernfalls müssen
wir statt der Innenkuppel eine horizontale Deckenschalung unter Balken annehmen,
die auf dem Triglyphon und der Cellawand auflagen, aber nicht, radial, sondern parallel
angeordnet waren.1

Die Sima ist wahrscheinlich nicht aus Stein, sondern aus Terrakotta gewesen — als
Vorbild können die Binnleisten aus Metapont dienen (Durm a. a. O. S. 198) —, das Dach
hatte jedenfalls die einfache Zeltdachform und war mit Tonziegeln gedeckt.

Die Cellawand kann über den Orthostaten mit einem vorspringenden Plättchen
abgesetzt gewesen sein — wir haben als solche Abdeckschicht (KaxaXaßeüq, vergl. Bd. II,
S. 30) den in Abbildung 47 wiedergegebenen Stein hierfür gewählt — und scheint noch
mehrfach, auch innen, durch derartige Plättchen geschmückt worden zu sein. An Fenstern
wird man zwei oder vier voraussetzen dürfen. Letztere würde man bei einer lichten Breite
von ca. 90 cm (3 Fuß) gern so verteilen, daß stets ein Pfeiler von doppelter Fensterbreite
zwischen den einzelnen Fenstern (bezw. Tür) lag, wobei der mittelste gerade der Tür
gegenüber zu stehen käme, aber diese Anordnung stimmt mit der Lage der Interkolumnien
nicht überein, denen sich die Fenster gegenüber (axial) befinden mußten.

Das Werkmaß, das dem Bau und seinen Teilen zugrunde liegt, dürfte wieder der
große olympische Fuß von ca. 32 cm sein. Der als wahrscheinlich ermittelte Gebäude-
durchmeser von 6,40 m wäre = 20 Fuß, der Innendurchmesser der Cella 3,60 m -
II1/* Fuß, die Gebäudehöhe bis Architravoberkante war 3,326 m. Bei 3,20 m = 10 Fuß

1 Wenn bei der Skias in Sparta die Konstruktion des Sparrenwerks und seiner Verstrebungen innen
wirklich .sichtbar war (analog dem Gestell des Sonnenschirms), wie Thiersch, Bd. II, S. 68 vermutet, so
könnte eine solche Mittelstufe auch für unsere um ein halbes Jahrhundert ältere Tholos in Betracht kommen.
 
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