Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

DOI Artikel:
Pomtow, Hans: Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphie, [2]: von H. Pomtow
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0204

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
188

der Tholos-Cella betrug fast genau soviel: r'2n= i,8ü2 X 3,141 = 10,18 qm. Außerdem
ist der Durchmesser der ganzen Tholos (6,40) genau doppelt so groß wie der äußere
unserer Apsis (3,20). Es scheint darnach eine deutliche Beziehung zwischen den Größen-
verhältnissen beider Gebäude obzuwalten.

Besonders die auffallende Übereinstimmung im Flächeninhalt kann zu der Annahme
führen, daß man nur aus akustischen Gründen — zwecks noch größerer Klangwirkung —
von der halbrunden Gestalt zum völligen Rundbau übergegangen sei, dabei aber die her-
gebrachte Raumgröße beibehalten habe. — So wird von mehreren Seiten her, sowohl
durch die Gestalt (Apsis) und die daraus zu erschließende Bestimmung (für Musik) als
auch durch die gleiche Größe und die zeitliche Fixierung unser Apsisbau als unmittel-
barer Vorgänger der alten Tholos angedeutet, so daß die ältesten musikalischen Wett-
kämpfe vor dem heiligen Krieg, die Kitharoeden-Agone der ennaeterischen Pythien des
VII. Jahrhunderts, in diesem, dann sicherlich mit Fenstern versehenen Halbrundbau dicht
unterhalb des Apollotempels abgehalten worden sein können. Als er durch die Erbauung
unserer Tholos seit 580 v. Chr. überflüssig geworden und beim Tempelbrand (548) be-
schädigt war, trug man ihn bei Neugestaltung der Zwischenterrasse ab und ließ nur
seine Fundamente an Ort und Stelle, tief verschüttet unter dem neuen Terrassenniveau.
Aber die Kunde von der einstigen Existenz dieses ältesten Musikbaues, des «Musen-
heiligtums», erhielt sich bei der Priesterschaft — vielleicht durch einen Altar lebendig
gehalten — mehr als sechs Jahrhunderte hindurch bis zu den Tagen des Priesters Mestrios
Plutarchos, der sie uns in seinen pythischen Dialogen überliefert hat.

Falls sich diese Zusammenhänge bewahrheiten, erhielten wir die lückenlose Kette
der delphischen Musikbauten, die etwa in folgenden Zeitepochen in Benutzung waren:
I, von ca. 650 bis 580 das Musenheiligtum (abgebrochen ca. 530). II, von ca. 580 bis ca.
400 die alte Tholos (abgebrochen ca. 370). III, von ca. 400 v. Chr. bis ca. 160 n. Chr.
die Marmortholos (als Musikbau später durch das Theater ersetzt, wohl seit ca. 300).

Betreffs der Bestimmung der Tholoi möchte ich in Anknüpfung an S. 125 und 163
noch hinzufügen, daß an der Resonanz einer Fußbodenlage aus dünnen hohlliegenden
Porosplatten ebensowenig zu zweifeln ist wie an derjenigen der Cellawand. Und wenn-
schon unsere Keilsteine selbst kaum für diesen Zweck bestimmt waren, weil das Paviment
hier wohl aus einer Doppellage bestand, die nicht mehr tönt, so kann doch die in Delphi
niemals wiederkehrende Dünnheit einer Wand von 36—38 cm kaum anders als aus aku-
stischen, also musikalischen Gründen erklärt werden. Hierfür spricht, daß auch in der fast
ganz aus Marmor erbauten Tholos von Epidauros doch der eigentliche Wandzylinder, über
den Orthostaten und ihrer Abschlußlage (raTctXoßeüc;, zugleich Fensterbank), als dünne Poros-
rundung emporging, während jene beiden aus Marmor bestanden und ein Marmorfries den
Poroszylinder oben abschloß. Sollte auch an der delphischen Marmortholos die auf den
Orthostaten und dem Katalobeus ruhende Wand aus Porös gewesen sein, was meines

radius + 0,611j2 Wanddicke — 1,37 Ausladung des Rundes über das Oblong = 0,25), also 3,05; und eben-
soviel an Breite (von den gemessenen 3,14 geht die Verschiebung der obersten Lage I mit ca. 0,10 ab),

r2ir 1X3141

also 3,052 = 9,20 qm. Hierzu kommt die Apsis mit -— =-~— = 1,57 qm: zusammen 10,77 qm.

Hiervon geht noch auf die inneren Eckvorsprünge der Apsis etwa Vi qm ab, so daß wir etwa 10,40 qm als
Innenfläche erhalten.
 
Annotationen