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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Haupt, Albrecht: Westgotische Baukunst in Spanien
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0250
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236 Albrecht Haupt.

gewesen sein sollten, so hätten wir hier eine geradezu einzige, einem antiken Tempel
wesensverwandte künstlerische Gestaltung vor uns, die unseren Architekturhistorikern
für jene Epoche etwas völlig Neues sein dürfte. —

Einen Begriff der heutigen inneren Wirkung gibt die Photographie (Abbildung 17).

Noch ein bisher so gut
als nicht bekanntes sicher
westgotisches, freilich ganz
bescheidenes kirchliches Bau-
werk habe ich rein zufällig
gefunden, als ich in Palencia
die Krypta der Kathedrale
S. Antolin besuchte. Hinter
ihr, die ein tonnengewölbtes
niedriges Schiff mit vier Quer-
gurten und achteckigem Chor-
schluß bildet (wie es scheint
aus frühmittelalterlicher Zeit),
erstreckt sich nach Osten noch

Abbildung 17. San Juan in Banos. ein en§es _ Schiff> _ das meist

durch breite hufeisenförmige

Gurtbögen nebeneinander überspannt ist, deren Zwischenräume mit Steinplatten ge-
deckt sind. Also eine Konstruktion, die die denkbar primitivste ist. Etwas Ahnliches
kennt man freilich in Syrien (Tafkha), doch dort in so durchgebildeter und klarer Form,
daß hier an eine Nachbildung
jener Steinkirchen nicht wohl
gedacht werden kann. Um so
weniger, als wir z. B. in Brescia
(S. Salvatore) eine zweite Krypta
besitzen, wohl aus gleicher Zeit,
bei der ein System von Bögen
und Steinbalken ebenfalls eine
Steinplattendecke trägt, die, im
Wesen dempalencianischenBau
verwandt, mit den syrischen
gar nichts gemein hat.

In beifolgenden Skizzen
(s. Abbildungen 18, 19), die
nach einer raschen Aufnahme
gezeichnet sind, wird die Ge-
stalt des originellen Bauwerkes Abbildung 18. Palencia. Krypta der~Kathedrale.
hinreichend ersichtlich; vor

allem aber auch sein einziger Schmuckteil, der Prospekt gen Osten mit zwei kräftigen
Säulen, die drei kleine Hufeisenbögen tragen. Kleine Fenster befinden sich oben in
den Bögen, in der Mitte eine schrankartige Nische für Heiligtümer. — Ob wir hier ein
ursprünglich frei liegendes Kirchlein oder von Anfang an eine Krypta vor uns haben,
kann nicht ohne (heute unmögliche) Ausgrabungen entschieden werden. —
 
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