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Zimmermann, Ernst Heinrich [Editor]
Vorkarolingische Miniaturen (Text) — Berlin, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.3536#0067
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Schule von Luxeuil. 57

Details beraubt auf die simpelste Norm, die zwar starke Akzente besitzt,
aber nicht Träger eines schaffenden Kunstgefühls ist.

Die große und feste Schrift des Kodex besitzt eine ausdrucksvolle
Derbheit und ist im Duktus und in den Maßen von der Wolfenbüttler
Handschrift sehr verschieden. Dagegen ist das von Traube in der Münche-
ner Hof- und Staatsbibliothek entdeckte Fragment 29 033 sehr verwandt,
wie auch die Wiener Fragmente in lat. 675 und 1290, die, wie Taf. 70
beweist, auch im Initialstil dem Fuldaer Kodex am nächsten stehen, der
in der Mitte des 8. Jahrhs. entstanden sein wird.

Dem gleichen Kreise entstammt die Londoner Handschrift Add.
29 972, deren einzige bedeutendere Initiale »I« (Taf. 67 b) die gleiche
Reduzierung der Ornamentik auf ungegliederte Farbflächen zeigt. Auch
Färbung und Schrift sind der Fuldaer Handschrift verwandt.

Schließlich ist hier noch Würzburg, Mp. Theol. Fol. 64 a zu nennen,
dessen obere Schrift Initialen in brauner Zeichnung besitzt. Die stumpfe,
plumpe Form der Fische im »N« p. 279 beweist, daß die Handschrift in
die Zeit des Fuldaer Kodex gehört. Die Formation der übrigen Initialen
(Taf. 57 c) ist ungewohnt, und es ist nicht sicher, daß die kunsthistorisch
belanglose Handschrift der Hauptschule angehört, da auch die Schrift
einen etwas anderen Typ zeigt.

Gewiß ist es auffallend, daß alle letztgenannten Handschriften und
Fragmente — mit alleiniger Ausnahme des Londoner Kodex, dessen
Provenienz wir nicht über das 19. Jahrh. zurückverfolgen können — in
Deutschland liegen. Aber kann dies irgend etwas beweisen ? Die Wolfen-
büttler Handschrift kommt aus dem Elsaß, wo, nach dem erhaltenen
Material zu schließen, ein ähnlicher Schrifttyp nicht begegnet. Der
Fuldaer Kodex kann dort nicht entstanden sein, da seine Orthographie
für Burgund spricht. Die Fragmente helfen uns ebenfalls nicht weiter,
denn in Salzburg sind die Wiener Blätter gewiß nicht entstanden. Ich
glaube, man würde hier in den gleichen Fehler verfallen wie früher, als
man die Handschriften in Ivrea und Verona für italienische Arbeiten ansah.
Und sollte es in Luxeuil gar keine späteren Handschriften gegeben haben ?
Dagegen spricht die Handschrift Paris lat. 14086 (Taf. 85 d), die aus der
Corbier Bibliothek stammt. Sie benutzt Motive von Reg. lat. 317 und
dürfte gegen die Mitte des 8. Jahrhs. entstanden sein. Etwa in die gleiche
Zeit fällt der Kodex Paris lat. 2739, dessen Initialen ohne Farbe geblieben
sind (Taf. 73 c, d), jedoch den Zusammenhang mit den älteren Luxeuiler
Initialen deutlich offenbaren. Die Minuskel sowie die Unziale in den
Kapitelüberschriften zeigen ebenso unverkennbar die Luxeuiler Typen.
 
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