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Zimmermann, Ernst Heinrich [Hrsg.]
Vorkarolingische Miniaturen (Text) — Berlin, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.3536#0099
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Das Sakramentar von Gellone und die Vandal-
garius-Hs. in St. Gallen.

Die beiden fränkischen Handschriften, die uns jetzt noch zu
besprechen übrig bleiben, das Sakramentar von Gellone in Paris
(lat. 12048) und die Vandalgarius-Handschrift in St. Gallen (Nr. 731)
fallen bereits ganz in die karolingische Zeit. Wenn sie trotz-
dem in die Publikation der vorkarolingischen Miniaturen aufgenommen
wurden, so geschah dies vornehmlich aus dem Grunde, weil man
die erstgenannte Handschrift bisher durchweg als Musterbeispiel einer
merowingischen Miniaturhandschrift bezeichnete und in zusammenfassen-
den Darstellungen fast ausschließlich mit ihr operierte. Daß die Hs. nicht
als ein solcher Normaltyp gelten kann, vielmehr aus der Gesamtheit der
vorkarolingischen illuminierten Kodizes herausfällt, wird schon beim
Durchblättern des Tafelwerkes klar.

Die irrtümliche Annahme, daß der Kodex auch in Gellone geschrieben
sei, wird durch die — von Traube erwähnten — Hinweise auf die Diözese
von Meaux im Text der Handschrift sowie dadurch, daß die Eintragun-
gen, die auf Gellone Bezug nehmen, später sind, entkräftet. Einen
Beweis für die Entstehung im Osten des Frankenreiches liefert auch die
Übereinstimmung in der Schrift mit der Handschrift 300 (282) in Cambrai
(Taf. 156 b), die aus der dortigen Kathedrale stammt. Mit der vermeint-
lichen Entstehung im Südwesten des Frankenreiches hängen auch die
mutmaßlichen spanischen Einflüsse zusammen. Diese stützen sich jedoch
auf allzu schwache Gründe und müssen vor der Hand aus dem Spiel ge-
lassen werden, da wir außer den beiden oben erwähnten Kodizes (Taf. 35
bis 37) schlechterdings keine illuminierte spanische Handschrift vor
800 kennen. Die vagen Analogien in spanischen Handschriften des 9. und
10. Jahrhs. werden sich aber wohl daraus erklären, daß diese spanischen
Handschriften ähnliche Vorlagen benutzten wie das Sakramentar von
Gellone. Denn daß es sich bei der Ausschmückung dieser Handschrift
nicht um eine Neuschöpfung handelt, kann keinen Augenblick zweifelhaft
 
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