Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0224

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
208 Vierler Abschnitt. Das Altarciborium und der Altarbaldachin

zwicke] weisen bei jenem kämpfende Ticrungeheuer, bei diesem Rosetten als
Füllung auf. Auch von diesen Bogensteinen ist einer mit einem Sims ausgestattet.
Es zeigt die Widmungsinschrift: j O princeps Petre principum, caelestis aulae
claviger — Devotionis suscipe munusculum quod voveram — Proconsul ego infimus
Gregorius qui nominor — Ut pie mihi conferas pro parvis magna munera33. Die
beiden Bogensteine werden ebenfalls dem frühen 9. Jahrhundert angehören.

So zahlreich die Ciborien und Fragmente von solchen sind, die sich aus
karolingisch-ottonischer Zeit erhalten haben, so lernen wir doch durch sie nur einen
Typus des Ciboriums kennen, und zwar einen Typus, der namentlich auch hinsicht-
lich des Stilcharakters seines Ornaments ganz für sich dasteht. Daß es auch andere
Typen gab, ersehen wir aus der Beschreibung, welche die Casus monasterii Petri-
husiensis von dem Ciborium geben, welches Bischof Gebhard in der von ihm erbauten
Kirche des Klosters Petershausen zu Konstanz schuf. Das Vorbild für dasselbe dürfte
dieser aber zu Rom, wenn nicht gar in St. Peter daselbst, gesucht haben; denn auch
in anderer Beziehung zeigte die Kirche und ihre Einrichtung auffallende Anklänge
an die Peterskirche zu Rom.

Einen weiteren Typus zeigt das kostbare Miniaturciborium, welches um S93
von Arnulf von Kärnthen dem Emmeramskloster zu Regensburg geschenkt wurde
und heute sich in der Reichen Kapelle zu München befindet (Tafel 159). Es ist aus Holz
gearbeitet, aber mit glänzend ornamentiertem Goldblech beschlagen. Auf quadrati-
scher, mit Karnies profilierter Sockelplatte erheben sich um ein auf derselben be-
festigtes Portatile herum vier mit attischer Basis und Kelchkapitell versehene Säul-
chen, welche einen Eckpfosten tragen und durch einen Rundbogen verbunden sind.
Auf den Pfosten und Bogen ruht ein kräftiger, mit einer Kehle profilierter Sims, der
auf der Platte die Weiheinschrift aufweist: Rex Arnulfus amore Dei perfecerat istud
— Ut fiat ornatus sc... tibus istis — Quem Christus cum diseipulis componat ubique.
Vier niedrige Säuichen, die auf dem Gesimse stehen, auf jeder Ecke eines, stützen
die Decke des Ciboriums. Sie wird von zwei sich durchkreuzenden Satteldächern
gebildet und ist demnach viergieblig. In ihrer Mitte erhebt sich eine heute des Ab-
schlusses entbehrende niedrige Pyramide. In den Giebelfeldern des Daches sind in
Relief dargestellt die Rechte Gottes, das Lamm und die Taube, die Symbole der
hl. Dreifaltigkeit, sowie ein Engel mit Stab und Scheibe. Auf den Dachflächen sehen
wir Szenen aus dem Leben Jesu: Die Versuchung, die Erweckung des Jünglings von
Naim, die Auferweckung des Lazarus, die Übertragung der Hirtengewalt an Petrus,
Christus ermahnt zum Gottvertrauen. Vorbild für das Ciborium waren bezüglich
der Gesamtanlage zweifelsohne die großen Ciborien, so daß wir in ihm auch einen
Typus dieser letzteren verkörpert sehen dürfen37. Gedacht war es, wie das auf
seiner Bodenplatte befestigte, stets zu ihm gehörende Portatile bekundet39, als Über-
bau und Überdachung eben dieses Portatiles und der bei der Messe auf ihm ruhen-
den heiligen Geheimnisse; es hatte also den gleichen Zweck wie die großen Ciborien,
deren Nachahmung es war. Eine frühe Wiedergabe des kostbaren Werkes findet
sich auf einer Miniatur des Utacodex. Unter dem Ciborium sehen wir auf derselben
den Kelch stehen, über dem von oben eine Votivkrone herabhängt3». Ein Gegen-
stück zum Ciborium Arnulfs mag die capsa aurca cum allari subposito innitens
quattuor columnis argenteis gewesen sein, welche Kaiser Lothar nebst anderem
kostbaren kirchlichen Gerät der Abtei Prüm schenkte10.

» Mit N. F. XVII (1891) 132; R. Quart. VII ,s Abb. bei G. Swarzenski, Die Regensburgcr

(1893) 82. Abb. der Bogensteine bei H. von der Ruchmaierei des X. und XI. Jahrhunderts

Gabelentz, Mittelalter!. Plastik in Venedig {Leipzig 1901) Tfl. XIII. Die Handschrift. <U«

(Leipzig 1903) 99. sich jetzt im IScsitz der Münchner fitanlsltibn"-

,! Vgl. auch Kd. Oberbayerns II (München thek befindet, gehört dem II, Jahrhundert an

1902) 1093 und die dort genannte Literatur und stammt aus Niedermünster zu Regensburfi-

sowie Tfl. 187. *•> Inv. von 1003 bei H. Beyer, Urkundenbueli

19 Vgl. über das heute sehr schadhafte Por- zur Gesch. des Regb. Koblenz und Trier I

tatile Bd. 1, S. 447. (Koblenz 1860) 717.
 
Annotationen