Aus meinem Leben.
Viertes Kapitel.
Triümphreise. — An der Pleiße. — Null und Sechsundeinhalb. — Li-
terarischer Thee. — Lorbeer-Erndte — Ein Ständchen und die Stellung
des anderen Geschlechts. — Heimkehr. — Musenlust.
Ich beschloß eine Reise durch's deutsche Vaterland zu
machen, um die Heroen unserer modernen deutschen Literatur
persönlich kennen zu lernen. In Leipzig lernte ich blos einige
hundert Musengenosscn kennen; die andern waren wegen Preß-
vergehen verreist worden. Auch machte ich in Leipzig die Be-
kanntschaft des Kritikers Siebenundneunzig, der mich in den
dortigen „Blättern für literarisches Vergnügen" so wohlwollend
behandelt hatte. Er ist ein sehr guter Manu und er versprach
mir, meine Werke, die er so ausführlich kritisirt hatte, zu lesen,
sobald es ihm die Zeit erlauben würde. Man hat mir dort
versichert, daß alle Kritiker, die für das erwähnte Blatt arbei-
j teil, am linken Oberarm eine gestempelte Nummer tragen,
| damit sie nicht verwechselt werden. Ich lernte auch Null und
Sechsundeinhalb kennen. Unter Null ist die Kritik der No-
vellenliteratur und Sechsundeinhalb reccnsirt die Lyrik.
In Berlin wurde ich zu einem literarischen Thee eiuge-
laden. Es waren in der Gesellschaft viele Iunghegelianerinnen.
Man sprach viel von Schelling und Teltower Rübchen und ein
siebzehnjähriges Mädchen trug über die Philosophie der Mytho-
logie einen Aufsatz vor, der allgemein bewundert wurde. Da
ich gerade einige lyrische Erzeugnisse bei mir hatte, las ich,
ohne mich erst lauge bitten zu lasten (literarische Zimperlichkeit
liegt nicht in meiner Natur) einige derselben. Die Balladen:
„Der Mühlbach im Kunkelthal; der unterbrochene
59
Todesseufzer" und „das geschmolzene Soldatenherz"
fanden den meisten Beifall. Unter meinen Liedern, die ich mit
besonderer Innigkeit vortrug, wurden als vorzüglich bewundert:
„Die Mutter an der Wiege"; „die Mutterbrust";
„die beiden Mütter"; „Mutterthräneu"; „Mutter-
freuden"; „Muttergefühl"; „Mütterliches"; „die
Mutter als Tochter" und „dieMutter als Mutter". !
In Heidelberg wurde mir ein Ständchen gebracht und
ich dankte vom Fenster aus in einer Rede über die Stellung
der Frauen im Allgemeinen, über die Stellung der deutschen
Frauen. im Allgemeinen und über die Stellung der deutschen
Schriftstellerinnen im Besondern.
In Frankfurt am Main wurde ich zum Ehrenmitgliede
der Gesellschaft für die Verbreitung der Unschuld unter die
weiblichen Dienstboten ernannt.
Voll der angenehmsten Eindrücke langte ich wieder in!
meiner Hcimath an, wo ich mich mit frischen Kräften den
Musen widmete, die allein im Stande sind, mein Dasein voll-
kommen auSzufüllen; denn
Trägt man im Busen
Nur immer die Musen,
So lindern die Musen
Die Schmerzen im Busen.
D'rum traget die Musen
Beständig im Busen;
Damit euch die Musen
Erleichtern den Busen.
(Schluß folgt.)
„Um allen verläumderischeu Gerüchten über schlechte Verpflegung der rusiischeu Truppen entgegenzutreten, wird hiermit
offiziell erklärt, daß der ruffische Soldat sehr gut gehalten ist, indem er sogar wöchentlich ein Mal Fleisch bekommt.
Prellof Spitzbubowitsch, Armeelieferant.
Nothgedruugeue Erklärung.
8*
Viertes Kapitel.
Triümphreise. — An der Pleiße. — Null und Sechsundeinhalb. — Li-
terarischer Thee. — Lorbeer-Erndte — Ein Ständchen und die Stellung
des anderen Geschlechts. — Heimkehr. — Musenlust.
Ich beschloß eine Reise durch's deutsche Vaterland zu
machen, um die Heroen unserer modernen deutschen Literatur
persönlich kennen zu lernen. In Leipzig lernte ich blos einige
hundert Musengenosscn kennen; die andern waren wegen Preß-
vergehen verreist worden. Auch machte ich in Leipzig die Be-
kanntschaft des Kritikers Siebenundneunzig, der mich in den
dortigen „Blättern für literarisches Vergnügen" so wohlwollend
behandelt hatte. Er ist ein sehr guter Manu und er versprach
mir, meine Werke, die er so ausführlich kritisirt hatte, zu lesen,
sobald es ihm die Zeit erlauben würde. Man hat mir dort
versichert, daß alle Kritiker, die für das erwähnte Blatt arbei-
j teil, am linken Oberarm eine gestempelte Nummer tragen,
| damit sie nicht verwechselt werden. Ich lernte auch Null und
Sechsundeinhalb kennen. Unter Null ist die Kritik der No-
vellenliteratur und Sechsundeinhalb reccnsirt die Lyrik.
In Berlin wurde ich zu einem literarischen Thee eiuge-
laden. Es waren in der Gesellschaft viele Iunghegelianerinnen.
Man sprach viel von Schelling und Teltower Rübchen und ein
siebzehnjähriges Mädchen trug über die Philosophie der Mytho-
logie einen Aufsatz vor, der allgemein bewundert wurde. Da
ich gerade einige lyrische Erzeugnisse bei mir hatte, las ich,
ohne mich erst lauge bitten zu lasten (literarische Zimperlichkeit
liegt nicht in meiner Natur) einige derselben. Die Balladen:
„Der Mühlbach im Kunkelthal; der unterbrochene
59
Todesseufzer" und „das geschmolzene Soldatenherz"
fanden den meisten Beifall. Unter meinen Liedern, die ich mit
besonderer Innigkeit vortrug, wurden als vorzüglich bewundert:
„Die Mutter an der Wiege"; „die Mutterbrust";
„die beiden Mütter"; „Mutterthräneu"; „Mutter-
freuden"; „Muttergefühl"; „Mütterliches"; „die
Mutter als Tochter" und „dieMutter als Mutter". !
In Heidelberg wurde mir ein Ständchen gebracht und
ich dankte vom Fenster aus in einer Rede über die Stellung
der Frauen im Allgemeinen, über die Stellung der deutschen
Frauen. im Allgemeinen und über die Stellung der deutschen
Schriftstellerinnen im Besondern.
In Frankfurt am Main wurde ich zum Ehrenmitgliede
der Gesellschaft für die Verbreitung der Unschuld unter die
weiblichen Dienstboten ernannt.
Voll der angenehmsten Eindrücke langte ich wieder in!
meiner Hcimath an, wo ich mich mit frischen Kräften den
Musen widmete, die allein im Stande sind, mein Dasein voll-
kommen auSzufüllen; denn
Trägt man im Busen
Nur immer die Musen,
So lindern die Musen
Die Schmerzen im Busen.
D'rum traget die Musen
Beständig im Busen;
Damit euch die Musen
Erleichtern den Busen.
(Schluß folgt.)
„Um allen verläumderischeu Gerüchten über schlechte Verpflegung der rusiischeu Truppen entgegenzutreten, wird hiermit
offiziell erklärt, daß der ruffische Soldat sehr gut gehalten ist, indem er sogar wöchentlich ein Mal Fleisch bekommt.
Prellof Spitzbubowitsch, Armeelieferant.
Nothgedruugeue Erklärung.
8*
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Nothgedrungene Erklärung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 21.1855, Nr. 488, S. 59
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg