174 Auserlesene Gedichte
Mit meiner Mcerschaumpfeife
Bin ich der beste Mann,
Und wenn ich was ergreife,
Fang' ich's zu dichten an,
Doch was ich dicht' und mache,
Das ist auch meine Sache.
Ost muß ich Thränen weinen.
Daß diese Welt so schlecht,
Die Musa, sollt' ich meinen,
Macht Alles wieder recht:
D'rum will ich Lieder reimen
Bis sie den Sarg mir leimen!
An einen Baumeister.*)
Der Kaufmann sammelt Schätz' in der Levante,
Er sammelt Schätze in der Indier Lande,
Er sammelt Schätze in Australia,
In Astika und in Amerika.
Es blühen Veilchen rings um Attika,
Es prangen Rosen in Arkadia,
Es glänzen Lilien an Neapels Strand,
Die schönsten Blumen aus der Flora Hand;
Am Himmelszelt
Der Künstlerwelt
Erglänzen in der Höh' und Ferne
Als die erhabensten und ersten Sterne
Der alte Dädalos,
Der kühne Ikaros,
Der göttcrgleiche Phidias;
*) Gedicht, das Herr Pfarrer Klein dem Biedermaier für seine Samm-
lung mitgetheilt hat.
Weiland Gottlieb Biedermaier'S.
Athenens Stolz und Attikas,
Erwin und Angclo.
„Hochmüller", Du sollst ebenso,
Mit „Schön" dem großen Meister,
Im Kreis der Künstler und der ersten Geister,
Ein Hochgestirn am Himmel stehe»
Und um den Thron des Ew'gcn gehen!
Ambrosia enthält die Silbcrschale
Bei unsrer Festlichkeit,
Und Nektar füllt die Glaspokale —
Hvchmüller lebe heut'!
Wir leeren unsre Teller,
Wir leeren den Pokal,
Das Haupt wird immer heller,
Das Zimmer wird ein Himmelssaal,
Die Musen fangen an zu singen,
Und ihre Stimmen, die da neunmal klingen,
Erhaben wie ein Wasserfall,
Vom Helikon, Parnaß, Olymp und Himmel nieder.
Sie hallen in uns Menschen wieder.
Der Himmel und die Götter schau'n erstellt
Mit heiterm Angesichte
Und blendend weißem Lichte
Auf unsre Lust und fromme Seligkeit.
Doch der, der Alles hat gebaut,
Und dem Du dieses Haus vertraut,
An den wir heut' zu Tage glauben,
Und den uns Niemand mehr wird rauben,
Er, der der größte Bauherr ist,
Er schütze Dich, als Künstler, Freund und Christ!
D'rum soll auch Wilhelm, unser Gastwirth, lebeti
Und seine Schwester auch daneben,
Wie der Olymp und Himmel hoch!
Sie leben tausend Jahre noch!
Zwei Stückchen vom alten Schulmeister
Lautenschlager.
I.
Nachdenkend hinter'm Ohre kratzend, stand eines Morgens
der alte Schulmeister vor seiner Holzbeuge an der Schulmauer.
Wußte er auch nichts von Cubikrechnung und Dezimalbrüchen,
so viel war ihm gewiß: sein Holzvorrath hatte außer ihm noch
andere Liebhaber, und nach jedem nächtlichen Rendezvous war
eine neue Lücke sichtbar. Zwar durste er das Holz nicht
kaufen, die Gemeinde schaffte es ihm an; aber er hatte es
selbst gesägt und gespalten und wollte dieß nicht für Andere
gethan haben. Zudem, was übrig blieb, ließ sich beim Nachbar
Ochsenwirth vortheilhaft gegen Spirituosa verwerthen; denn die
ncuentdeckte Kunst, aus Holz Alkohol zu gewinnen, war unserm
Lautenschlagcr langst bekannt. Der vorübergehende Schreiner
meinte spöttelnd, das Holz sei noch nicht recht dürr und
schwinde deßhalb; er als Schreiner wisse am besten, wie
grünes Holz schwinde. Lautenschlager schüttelte den Kopf, rückte
Mit meiner Mcerschaumpfeife
Bin ich der beste Mann,
Und wenn ich was ergreife,
Fang' ich's zu dichten an,
Doch was ich dicht' und mache,
Das ist auch meine Sache.
Ost muß ich Thränen weinen.
Daß diese Welt so schlecht,
Die Musa, sollt' ich meinen,
Macht Alles wieder recht:
D'rum will ich Lieder reimen
Bis sie den Sarg mir leimen!
An einen Baumeister.*)
Der Kaufmann sammelt Schätz' in der Levante,
Er sammelt Schätze in der Indier Lande,
Er sammelt Schätze in Australia,
In Astika und in Amerika.
Es blühen Veilchen rings um Attika,
Es prangen Rosen in Arkadia,
Es glänzen Lilien an Neapels Strand,
Die schönsten Blumen aus der Flora Hand;
Am Himmelszelt
Der Künstlerwelt
Erglänzen in der Höh' und Ferne
Als die erhabensten und ersten Sterne
Der alte Dädalos,
Der kühne Ikaros,
Der göttcrgleiche Phidias;
*) Gedicht, das Herr Pfarrer Klein dem Biedermaier für seine Samm-
lung mitgetheilt hat.
Weiland Gottlieb Biedermaier'S.
Athenens Stolz und Attikas,
Erwin und Angclo.
„Hochmüller", Du sollst ebenso,
Mit „Schön" dem großen Meister,
Im Kreis der Künstler und der ersten Geister,
Ein Hochgestirn am Himmel stehe»
Und um den Thron des Ew'gcn gehen!
Ambrosia enthält die Silbcrschale
Bei unsrer Festlichkeit,
Und Nektar füllt die Glaspokale —
Hvchmüller lebe heut'!
Wir leeren unsre Teller,
Wir leeren den Pokal,
Das Haupt wird immer heller,
Das Zimmer wird ein Himmelssaal,
Die Musen fangen an zu singen,
Und ihre Stimmen, die da neunmal klingen,
Erhaben wie ein Wasserfall,
Vom Helikon, Parnaß, Olymp und Himmel nieder.
Sie hallen in uns Menschen wieder.
Der Himmel und die Götter schau'n erstellt
Mit heiterm Angesichte
Und blendend weißem Lichte
Auf unsre Lust und fromme Seligkeit.
Doch der, der Alles hat gebaut,
Und dem Du dieses Haus vertraut,
An den wir heut' zu Tage glauben,
Und den uns Niemand mehr wird rauben,
Er, der der größte Bauherr ist,
Er schütze Dich, als Künstler, Freund und Christ!
D'rum soll auch Wilhelm, unser Gastwirth, lebeti
Und seine Schwester auch daneben,
Wie der Olymp und Himmel hoch!
Sie leben tausend Jahre noch!
Zwei Stückchen vom alten Schulmeister
Lautenschlager.
I.
Nachdenkend hinter'm Ohre kratzend, stand eines Morgens
der alte Schulmeister vor seiner Holzbeuge an der Schulmauer.
Wußte er auch nichts von Cubikrechnung und Dezimalbrüchen,
so viel war ihm gewiß: sein Holzvorrath hatte außer ihm noch
andere Liebhaber, und nach jedem nächtlichen Rendezvous war
eine neue Lücke sichtbar. Zwar durste er das Holz nicht
kaufen, die Gemeinde schaffte es ihm an; aber er hatte es
selbst gesägt und gespalten und wollte dieß nicht für Andere
gethan haben. Zudem, was übrig blieb, ließ sich beim Nachbar
Ochsenwirth vortheilhaft gegen Spirituosa verwerthen; denn die
ncuentdeckte Kunst, aus Holz Alkohol zu gewinnen, war unserm
Lautenschlagcr langst bekannt. Der vorübergehende Schreiner
meinte spöttelnd, das Holz sei noch nicht recht dürr und
schwinde deßhalb; er als Schreiner wisse am besten, wie
grünes Holz schwinde. Lautenschlager schüttelte den Kopf, rückte
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Auserlesene Gedichte Weiland Gottlieb Biedermaier's"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
abweichende Titelschreibweise: "Biedermaier" statt "Biedermayer"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 25.1856, Nr. 598, S. 174
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg