Der schöne Fisch.
Eine vcnctianische Geschichte.
Der Marcusplatz in Venedig hat die Eigentümlichkeit,
daß nicht bloß ehrliche Leute auf ihm spazieren gehen. Der
stattliche Raum ist so geduldig, wie das Papier, und läßt
Gute und'Böse, auf die von oben die Sonne scheint, hier
unten sich au ihr wärmen.
So geschah cs auch damals, als unsere Geschichte pas-
sirtc. Die Erde entfaltete alle ihre Menschenfreundlichkeit,
der Himmel hing wie eine Decke von veilchenblauer Seide
über den Marcusplatz. Die Blumenmädchen und die Stiefel-
putzer begannen ihr Tagewerk und vor den Cafös sammelten
sich die Gäste. Auf und ab wandelten die Gruppen der
Fremden und der Einheimischen. Letztere schieden sich wieder
in selbstgefällige, welche lächelten, weil ihnen wohl war,
und gierig forschende, welche das Geschäft des Tages noch
nicht gefunden hatten.
Von diesen Letzteren sind ihrer drei uns sofort aus- i
fällig. Es sind drei junge Männer, so in ihren schlimm-
sten Jahren, einer etwas älter, als die beiden anderen, dann !
ein hübscher schlanker Bursche und endlich ein kleiner miß-
; lungener Kerl. Dieser Kleine (seine Gefährten nannten !
ihn dcßhalb „Piccolo"), trug auf seinem großen Haupte
einen fast noch neuen schwarzen Cyliuder, der genau aussah,
j wie das abhanden gekommene Eigenthum eines reifenden
Engländers, und der einmal zu den Reiseschuhen gehört zu
haben schien, in welchen die zerrissenen blauen Strümpfe
des Piccolo jetzt so vornehm thaten. Alle übrigen Klei- !
dungsstückc, welche an der ganzen Gestalt zwischen diesen
beiden Stücken zu entdecken waren, rühmten sich einheimischeren :
Ursprungs. Weit leichter hatte eö der hübsche schlanke Bursche;
außer ein Paar wohlconscrvirter Beinkleider und einer seidenen
: Weste, anö denen die weiten weißen Hemdärmel hcrvor-
. leuchteten, wandelte er barhaupt und barfuß durch's Leben I
: und trug in der Hand, gleichsam um nur irgend eine Be-
schäftigung anzudcuteu, ein altes Fischnetz. Gegen ihn ;
stach der etwas Acltere fast vortheilhaft ab; denn wenn
! auch sein gelber Strohhut ein wenig zerknittert war und
.. Bestellungen werden in allen Buch-und Kunst- ^ Erscheinen wöchentlich ein Mal. Subscriplions-^^...
*0' Handlungen, sowie von allen Postämtern und + preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr.
Zeitungserpeditionen angenommen.__ ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern kosten 9 kr. od. 2'/, Sgr.
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Eine vcnctianische Geschichte.
Der Marcusplatz in Venedig hat die Eigentümlichkeit,
daß nicht bloß ehrliche Leute auf ihm spazieren gehen. Der
stattliche Raum ist so geduldig, wie das Papier, und läßt
Gute und'Böse, auf die von oben die Sonne scheint, hier
unten sich au ihr wärmen.
So geschah cs auch damals, als unsere Geschichte pas-
sirtc. Die Erde entfaltete alle ihre Menschenfreundlichkeit,
der Himmel hing wie eine Decke von veilchenblauer Seide
über den Marcusplatz. Die Blumenmädchen und die Stiefel-
putzer begannen ihr Tagewerk und vor den Cafös sammelten
sich die Gäste. Auf und ab wandelten die Gruppen der
Fremden und der Einheimischen. Letztere schieden sich wieder
in selbstgefällige, welche lächelten, weil ihnen wohl war,
und gierig forschende, welche das Geschäft des Tages noch
nicht gefunden hatten.
Von diesen Letzteren sind ihrer drei uns sofort aus- i
fällig. Es sind drei junge Männer, so in ihren schlimm-
sten Jahren, einer etwas älter, als die beiden anderen, dann !
ein hübscher schlanker Bursche und endlich ein kleiner miß-
; lungener Kerl. Dieser Kleine (seine Gefährten nannten !
ihn dcßhalb „Piccolo"), trug auf seinem großen Haupte
einen fast noch neuen schwarzen Cyliuder, der genau aussah,
j wie das abhanden gekommene Eigenthum eines reifenden
Engländers, und der einmal zu den Reiseschuhen gehört zu
haben schien, in welchen die zerrissenen blauen Strümpfe
des Piccolo jetzt so vornehm thaten. Alle übrigen Klei- !
dungsstückc, welche an der ganzen Gestalt zwischen diesen
beiden Stücken zu entdecken waren, rühmten sich einheimischeren :
Ursprungs. Weit leichter hatte eö der hübsche schlanke Bursche;
außer ein Paar wohlconscrvirter Beinkleider und einer seidenen
: Weste, anö denen die weiten weißen Hemdärmel hcrvor-
. leuchteten, wandelte er barhaupt und barfuß durch's Leben I
: und trug in der Hand, gleichsam um nur irgend eine Be-
schäftigung anzudcuteu, ein altes Fischnetz. Gegen ihn ;
stach der etwas Acltere fast vortheilhaft ab; denn wenn
! auch sein gelber Strohhut ein wenig zerknittert war und
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der schöne Fisch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)