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Die MooSkuh.

„Nimm," drängte er, „und wenn wir glücklich sind und
unser Vorhaben gelingt, so bekommst Du noch zehnmal so-
viel, soviel, daß Du alle Höfe Deines Dorfes damit kaufen
kannst."

Das zog, ich streckte die Hand aus; da traf mich
zürnend der Blick des Erstochenen, der schweigend hinter dem
Kohlenmichel vorüberglitt.

„Laßt's gut sein," sagte ich kalt, indem ich die Hand
schnell zurückzog, „Ihr könnt mich ja bezahlen, wenn wir
die Kuh gefangen haben. Nun sagt mir aber, wie sieht
denn die Kuh aus?"

„Wie die anssieht," brummte Michel, indem er einen
grimmigen Blick auf die beiden todten Knechte warf. Er
mochte wohl vermuthen, daß von dorther mir die Warnung
zugekommcn wäre. „Wie sie aussieht? das ist leichter ge-
fragt, als gesagt. Viel größer und stärker als andere Kühe,
mit großen glänzenden Augen, Läufen schlank und sehnig wie
die des Hirschen, einem langen schwarzen Bart, länger als
der des stärksten Ziegenbocks und einer Stimme .... nun,
da hörst Du sie ja."

In diesem Augenblicke ertönte ein wildes Gebrüll von
dem Moose draußen herein, daß selbst der rauhe Brunst-
schrei des Hirsches ein sanftes Blöcken dagegen war. ;

„Das ist ja die Mooskuh," rief ich entsetzt. I

„So nennt Ihr sie, sie hat aber noch allerlei
Namen," sagte Michel.

„Und die ist Euer Eigenthum, die sucht Ihr?
dann seid Ihr . . ."

„Der Kohlenmichcl, wie ich Dir schon sagte,"
erwiderte er höhnisch.

„Aber Du weißt so gut wie ich, daß noch
keiner am Leben blieb, den die Mooskuh einmal
angeschaut," schrie ich.

„Kann sie rückwärts stoßen mit den Hörner-
spitzen oder hat sie hinten Augen. Du mußt sie
am Schwänze halten, vorn an den Hörnern wollen
wir sie fassen. Aber vorwärts, hast Du Furcht,
jetzt ist's zu spät. Horch, sie hat uns schon
gewittert."

Und wieder ertönte das schreckliche Brüllen.

Wir gingen.

Indessen hatte sich das Wetter geändert. Am
Himmel waren düstere Wolken heraufgezogen, der
Wind heulte in den Wipfeln der alten Bäume und
bog die jungen Weidcnstämme bis auf den Boden.

Regen mit Schnee gemischt fiel herab, kurz es war
just so eine Nacht wie heute. Wir schritten weiter
durch das Dickicht, dessen nasse Zweige mein Ge-
sicht peitschten. Voraus der Kohlenmichel, einen
mächtigen Schürbaum auf der Schulter und mit
Mühe die Hunde haltend, dann zitternd ich, und
hinter mir die beiden Knechte, ebenfalls die Schür-
bäume mit sich schleppend. Endlich kamen wir
hinaus in's Freie und nun erkannte ich die Gegend

wieder. Es waren die Möser, die sich hinaufdehnen bis
Moosbnrg und noch weiter, eine endlose, schwammige, zitternde
Ebene mit bodenlosen Löchern und Sümpfen, voll zähen
Schlammes und stinkenden Wassers. Da drüben aber an
der Hügelkette lag unser Dörflein und ein Stündlein ober-
halb war .... Ich hätte weinen können, ich Narr.

„Sie ist noch drinnen im Holz," sagte Michel ganz -
leise, „aber sie muß bald kommen, cs ist ihre Zeit. Ihr
Beide dahinten geht und klopft ein wenig an die Büsche."

Die huschten rechts und links ab und bald daraus bc- !
gann ein Klopfen, als wenn ein paar Spechte einen faulen
Baum zerklopften. Aber kein Specht klopft bei solchem Wetter.

„Du aber," fuhr der Kohlenmichcl zu mir gewendet
fort, „sei rasch und faß sie frisch, wenn sie vorüberspringt,
am langgemähnten Schweif, während ich nach den Hörnern
greife; denk an die Bruckbergerin, wenn ich die Kuh bekomme,

ist sie Dein, so wahr.paß auf," schrie er, und

hinter mir erscholl wieder jenes fürchterliche Brüllen, aber
so gewaltig, daß mir vor Schrecken die Haare zu Berge
stiegen und ich vor Entsetzen zu Boden stürzte. lieber mir i
weg aber sauste es in wilder Wuth, durch das Dickickt
krachend und prasselnd wie ein Gewitter, daß die geknickten
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Mooskuh"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Knecht
Teufelssage
Angst <Motiv>
Nacht <Motiv>
Stock <Motiv>
Fliegen
Karikatur
Hund <Motiv>
Hetzjagd
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 45.1866, Nr. 1105, S. 83

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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