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Das interessante Buch.
Der Freiherr Cuno von Humbert ist ein eifriger Bücher-
^ser. Man sagt ihm allerdings nach, er habe einmal eine
Lovelle in Westermanns Monatsheften ohne Rücksicht auf die
Spaltung der Seiten quer durchgelesen, und dann, über den
Inhalt des Gelesenen befragt, mit philosophischem Kopfnicken
^antwortet: „Die Novelle ist in hohem Grade spannend, aber
^r Styl scheint mir ein wenig dunkel!" Das mag indessen
^ne tendenziöse Erfindung seiner Gegner sein: gewiß ist nur
^as Nachstehende. — Vor einigen Tagen besuchte ich ihn, um
'hn zu einer Jagdpartie aufzufordern. — „A propos", sagte
er Plötzlich, „da habe ich neulich ein Buch gelesen, das ist
^twas für Sie, das müssen Sie lesen!" — „Ich bin Ihnen
?chr dankbar, Herr von Humbert!" erwiderte ich mit einer
"öligen Verbeugung. — „In der That", wiederholte der Freiherr,
--^>n ganz famoses Buch, ein exquisites Buch!" ■— Ich zieh'
'"ein Portefeuille heraus. „Darf ich Sie nicht vielleicht uni den
Titel Litten?" — „Den Titel? Ja, richtig . . . warten Sie
^Mal. Den Titel . . . hm . . . mein verdammt kurzes
^edächtniß! Den Titel ... cs war so etwas wie . . . erlauben
^ie einmal . . . hm, ich kann mich in der That nicht besinnen,
^ber es war ein höchst interessantes Buch." — „Vielleicht genügt
e§> wenn Sie mir den Verfasser angeben?" — „Den Verfasser?
Allerdings ... es war ein ganz bekannter Name . . . den
Verfasser . . . Herr Gott, daß ich jetzt nicht gleich auf den
Erfasser kommen kann! Aber das Buch müssen Sie lesen, ich
^"be mich seit Jahren nicht so vortrefflich unterhalten. Herr Gott!
schlägt sich vor die Stirne.) Den Verfasser . . . wenn mir
ist . . . ich meine . . . hm hm . . — „Nun, am
^nde ist auch das nicht unbedingt nothwendig. Ein so vor-
lrefsliches Buch wird hinlänglich Aufsehen erregt haben, um dem
Bibliothekar auf wenige Andeutungen hin bekannt zu sein,
sollten Sie mir nicht ein paar kurze Notizen über den Inhalt
Wachen?" - „Ueber den Inhalt? Mit Vergnügen. Nämlich,
was bm Inhalt betrifft . . . cs handelte sich da um eine
beschichte. . . nämlich cs war da ein Mensch. . . Herr Gott,
wie war das nur! Es war äußerst interessant geschrieben . . .
aber ich habe den eigentlichen Gang der Handlung weiter nicht
mehr so ganz gegenwärtig . . . wenn ich mich recht entsinne,
so spielte die Geschichte in Dingsda . . . Herr Gotl, wie hieß
doch das Nest . . . na, da hinten, Sie wissen ja, die Schilderungen
waren famos, die Leute hatten da Allerlei vor . . . ich weiß mich
wirklich nicht so genau zu entsinnen. Aber ich wiederhole Ihnen,
das Buch müssen Sie sich verschaffen!" — Ich verneigte mich.
— „Herr von Humbert," sagte ich im verbindlichsten Tone,
„ich glaube, das Buch habe ich schon gelesen." — „Das wäre
ja reizend!" — „Ja, es ist mir so. Ich kann Ihnen auch den
Verfasser nennen; es ist der Dingsda..." — „Ganz recht! Ganz
recht!" wiederholte Herr von Humbert nachdrücklich. „Aber sagen
Sie selbst, ein ganz famoses Buch! Ich habe nie etwas In-
teressanteres gelesen." — Auch wir können unfern Freunden die
Seetüre dieses Meisterwerkes auf's Angelegentlichste empfehlen.
Das interessante Buch.
Der Freiherr Cuno von Humbert ist ein eifriger Bücher-
^ser. Man sagt ihm allerdings nach, er habe einmal eine
Lovelle in Westermanns Monatsheften ohne Rücksicht auf die
Spaltung der Seiten quer durchgelesen, und dann, über den
Inhalt des Gelesenen befragt, mit philosophischem Kopfnicken
^antwortet: „Die Novelle ist in hohem Grade spannend, aber
^r Styl scheint mir ein wenig dunkel!" Das mag indessen
^ne tendenziöse Erfindung seiner Gegner sein: gewiß ist nur
^as Nachstehende. — Vor einigen Tagen besuchte ich ihn, um
'hn zu einer Jagdpartie aufzufordern. — „A propos", sagte
er Plötzlich, „da habe ich neulich ein Buch gelesen, das ist
^twas für Sie, das müssen Sie lesen!" — „Ich bin Ihnen
?chr dankbar, Herr von Humbert!" erwiderte ich mit einer
"öligen Verbeugung. — „In der That", wiederholte der Freiherr,
--^>n ganz famoses Buch, ein exquisites Buch!" ■— Ich zieh'
'"ein Portefeuille heraus. „Darf ich Sie nicht vielleicht uni den
Titel Litten?" — „Den Titel? Ja, richtig . . . warten Sie
^Mal. Den Titel . . . hm . . . mein verdammt kurzes
^edächtniß! Den Titel ... cs war so etwas wie . . . erlauben
^ie einmal . . . hm, ich kann mich in der That nicht besinnen,
^ber es war ein höchst interessantes Buch." — „Vielleicht genügt
e§> wenn Sie mir den Verfasser angeben?" — „Den Verfasser?
Allerdings ... es war ein ganz bekannter Name . . . den
Verfasser . . . Herr Gott, daß ich jetzt nicht gleich auf den
Erfasser kommen kann! Aber das Buch müssen Sie lesen, ich
^"be mich seit Jahren nicht so vortrefflich unterhalten. Herr Gott!
schlägt sich vor die Stirne.) Den Verfasser . . . wenn mir
ist . . . ich meine . . . hm hm . . — „Nun, am
^nde ist auch das nicht unbedingt nothwendig. Ein so vor-
lrefsliches Buch wird hinlänglich Aufsehen erregt haben, um dem
Bibliothekar auf wenige Andeutungen hin bekannt zu sein,
sollten Sie mir nicht ein paar kurze Notizen über den Inhalt
Wachen?" - „Ueber den Inhalt? Mit Vergnügen. Nämlich,
was bm Inhalt betrifft . . . cs handelte sich da um eine
beschichte. . . nämlich cs war da ein Mensch. . . Herr Gott,
wie war das nur! Es war äußerst interessant geschrieben . . .
aber ich habe den eigentlichen Gang der Handlung weiter nicht
mehr so ganz gegenwärtig . . . wenn ich mich recht entsinne,
so spielte die Geschichte in Dingsda . . . Herr Gotl, wie hieß
doch das Nest . . . na, da hinten, Sie wissen ja, die Schilderungen
waren famos, die Leute hatten da Allerlei vor . . . ich weiß mich
wirklich nicht so genau zu entsinnen. Aber ich wiederhole Ihnen,
das Buch müssen Sie sich verschaffen!" — Ich verneigte mich.
— „Herr von Humbert," sagte ich im verbindlichsten Tone,
„ich glaube, das Buch habe ich schon gelesen." — „Das wäre
ja reizend!" — „Ja, es ist mir so. Ich kann Ihnen auch den
Verfasser nennen; es ist der Dingsda..." — „Ganz recht! Ganz
recht!" wiederholte Herr von Humbert nachdrücklich. „Aber sagen
Sie selbst, ein ganz famoses Buch! Ich habe nie etwas In-
teressanteres gelesen." — Auch wir können unfern Freunden die
Seetüre dieses Meisterwerkes auf's Angelegentlichste empfehlen.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das interessante Buch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 61.1874, Nr. 1527, S. 135
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Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg