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Ahasver.

Verunglücktes Rendez-vous.

Denn wisse, ein Concilium:

Bringt selbst den ew'gcn Juden um.

Alfred: „Jetzt wart' ich schon eine halbe Stunde und meine
Emilie kommt immer noch nicht!"— Emilie: „Jetzt wart' ich
schon drei Viertelstunden und mein Alfred kommt immer noch nicht!"

Zwei Tagebücher.

(Schluß.)

Tagebuch des Fräulein Hermina Abel.

Brunnen, am 5. August.

Gräßliches Regenwetter! In ganz Brunnen kein trockener
Pfad, der Himmel schwarz, als meinte er über die Erde. Auch
ich war voll Wehmuth und so verdrießlich, daß ich mich selbst
und die ganze Umgebung hätte prügeln mögen. Auch „von
Rosenkranz" schien mürrisch beim Frühstück. Kein Gedanke an
eine Liebeserklärung! Im Gegentheil! er hatte ein Buch von
einem gewissen Schopenhauer in der Hand, welcher ein Weiber-
feind gewesen sein soll. Dieser Schopenhauer soll auch ganz
abscheuliche, unwahre Dinge über die Frauen geschrieben haben.

Ich frage — wie kann man eine Liebeserklärung machen,
mit dem Schopenhauer in der Hand? Nach Tische setzte ich
mich an's Fenster und malte ein tvenig. Rosenkranz kam dazu
und fragte mich malitiös: „Sündigen Sie immer in Wasser-
farben, oder auch zuweilen in Ocl?" Ich bin entschlossen, ihm
einen Korb zu geben, wenn er dennoch — — —

Am Abend schien ihn sein boshaftes Benehmen zu reuen,
denn er erbot sich freiwillig, mir aus Schiller's Gedichten vor-
zulcsen. Aber wie las er!

Die schöne Stelle: „Heiter sind des Schicksals Mächte,
keine schwarzen Furien" las er so: „Reiter sind des Schick-
sals Mächte, kleine schwarze Furien." Ich raste innerlich über
seine Kurzsichtigkeit. Er aber begann von Neuem mit schreck-
licher Unbefangenheit: „Freude trinken alle Wesen an den
Bürsten der Natur." Da riß ich ihm das Buch aus der
Hand und entfloh in meine Kemenate. Nein, einen Mann, der
ohne Brille nicht vier Zeilen richtig lesen kann, nehme ich nie!

Tagebuch des Herrn Franz von Rosenkranz.

Brunnen, am 5. August.

Den ganzen Vormittag Regen. Der Himmel grau, wie
schwarze Wäsche. Das schlechte Wetter trug sich auf die Stimm-
ung über; ich gedrückt, scheu, unentschlossen. Dazu hatte ich
im Schopenhauer das Kapitel über die Weiber gelesen.

Hermine sah auch so brummig und unliebenswürdig aus,
daß ich mich sehr hütete, etwas Bindendes zu sagen.

O dieses kurzbeinige langhaarige Geschlecht! Ich habe
eine unangenehme Entdeckung gemacht — Hermine malt! Das
mißfällt mir! Eine Frau, welche malt, könnte zufällig einmal
mit blauer Nase, gelben Wangen und lila Händen bei Tische
erscheinen, zum Entzücken ihres Gatten.

Am Abend reute mich mein abstoßendes Betragen gegen die
kleine Abel. Ich nahm ihr Schiller's Gedichte aus der Hand,
und erbot mich, vorznlcsen.

Ich las zerstreut und unsicher, denn ich hatte meine Brille
vergessen. Ich muß Unsinn gelesen haben, denn sie riß mir
das Buch aus der Hand, und empfahl sich mit einem zornigen
Blick; freilich habe ich Blödsinn gelesen.

Die verdammte Brille!

Wie mir doch dieser Tag alle Hcirathsgcdanken ausge-
trieben hat! Das Rcgenwettcr, der Schopenhauer, die Malerei
meiner Schönen — Alles Hintertrieb meinen gestrigen Entschluß.

Eine Frau, die Landschaften malt, nehme ich nie!

In deine Arme werfe ich mich, Arthur Schopenhauer!
Nimm ihn auf, deinen reuigen Franz von Rosenkranz!
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ahasver" "Verunglücktes Rendez-vous"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Steub, Fritz
Entstehungsdatum
um 1882
Entstehungsdatum (normiert)
1877 - 1887
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 77.1882, Nr. 1936, S. 74

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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