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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Andreas Achenbach
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Frimmel, Theodor v.: Die Codices des Aachener Münsterschatzes
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Die Codices des Aachener Münsterschatzes.



Natur geben zu können und geben zu müssen ver-
meint, aussteigend durch mannigfache Phasen zu der
breiten Manier höchster Meisterschast. So schafft
er das Bild, einen klar vor seiner Seele stehen-
den Begriff, dem er — nicht nur auf seinem Ge-
biet — allgemeine künstlerische Anerkennung verschafft
hat. Da sindet sich nichts Zufcilliges, könnte nichts
etwa anders sein, ohne daß alles anders werden müßte.
Alles vereinigt sich auf den Zweck bildmäßiger Wir-
kung hin. Der Aufbau seiner Landschaften, das Ge-
rüst ist von monumentaler Festigkeit. Wer scine Motivc
in der Natur aufsuchen wollte, würde sich schwer zu-
recht finden. Aus Studien Bilder machen, war nie
seine Sache. So fein seine Bevbachtung ist, so sehr
er fähig wäre, die Natur in ihreni intimsten Weben
zu schildern, so muß sich doch die rein naturalistische
Wirkung seinem Zweck, ein Bild zu schaffen, unter-
vrdnen; — das scheidet ihn von dcr modernen Land-
schaftsschule der Franzosen seil den Tagen von Barbi-
zon. Wenn er groß ist, ist er größer als alle anderen.
Auch in dem letzten, für die städtische Galerie erwor-
benen Werke, „Sturm im Hafen von Ostende", in
welchem ein Schifferbvot auf die Estacade getriebcn
wird, zeigt sich in unvermindertem Glanz der Meister
des im künstlerischen Prinzip erstarklen Landschastsbildcs.

Düsseldorf. Th. L.

Die Lodices dcs Aachener Münsterschatzes.

von Th. Frimmel.

Kurz nach einander sind in der Litteratur Er-
wähnungen einer Bilderhandschrist im Aachener Dom
aufgetaucht, die vvn einem Mönche Ottv dem Kaiser
Lothar dargebracht lvvrden sein soll. 2n dem unlängst
erschienenen Artikel von Ernst aus'm Weerth: „Die
Reiterstatuette Karls des Großen aus dem Dome zu
Metz" (Jahrbücher des Vereins von Altertumsfreunden !
im Rheinlande, Heft lliXXVIII, S. 154) wird ein svlcher
Kodex in einer Anmerkung erwähnt. Auch Otte's Schluß-
heft des zweitenBandes seiner kirchlichenKunstarchäologie
(5. Aufl., bearbeilet von E. Wernicke) bringt S. 541 einc
Notiz über jenen Lvtharkodex; die 4. Auflage kannte
ihn noch nicht. Beide Autoren haben aus Woltmauns
Geschichte der Malerei geschöpft, wo es heißt: „Kaiser
Lvthar erblicken wir in einem Evangeliarium des Dom-
schatzes zu Aachen . .. (I. Bd. S. 206) und „Das

Evangeliarium Lothars in Aachen enthält das Bild
des Schreibers, cines Mönches Ottv" (S. 208). Aus'm
Weerth und Wernicke haben sich auf WvltmannsAutori-
tät verlassen, sicherlich ohne die Aachener Domcodices
selbst geprüft zu haben. Denn, um es gleich heraus-
zusagen: eine Handschrift, die für Kaiser Lothar von

einem Mönche Otto geschrieben wäre, giebt es in Aachen
nicht und scheint es überhaupt nicht zu gebeü. Was
sich an Bilderhandschriften im Aachener Münsterschatze
gegenwärtig und seit lange besindet, ist ein karvlingi-
sches Evangeliar, ohne Darstellung und Nennung des
Schreibers nnd ein Evangeliar aus der Zeit der
Ottonen. Woltmann befand sich also offenbar in einem
Jrrtum. Uni den wahren Sachverhalt und die Ent-
stehung des Jrrtums klar zu machen, soll hier ein Wort
über die Aachener Codices gesagt werden. Die Noti-
zen, die ich hierzu benutze, sind an Ort und Stelle ge-
macht uud übcrdies in den wesentlichsten Punkten Vvn
Herrn Domschatzmeister I. Lennartz gütigst kontrollirt
worden.

Die vorhandenen Codices sind also fvlgende:
a) Ein karvlingisches Evangeliar, das außer deu
Architekturen um die Canones und einigen Zierleisten
nur eine Miniatur mit Figuren enthält, ein Bild, auf
welchem alle vier Evangelisten zugleich dargestellt siud.
Das Buch zeigt im Duktus der Schrift, im Stil der
Malereien und zwar besvnders der erwähnten Archi-
tekturen die größte Ähnlichkeit mit deni Evangeliar
der Wiener Schatzkammer. Der prächtige Einband ist,
was den Deckcl der Vorderseite betrifft, alt, aber nicht
gleichzeitig.

li) Ein zweites Evangeliar aus der Zeit der
Ottouen. Diese Zeitbestimmung ergiebt sich aus dem
Jnhalte einer Juschrist, die sich in gvldener Kapitalis
auf vier Purpurstreifen des Widmungsbildes befindet
und die folgendermaßcn lautet:

800 anAUsts libro tibi eor äsus inäuat Otto

Ousiu äs lilltliario ts suLvspisss msrnsnto.

Diese leoninischen Hexameter heißen in deutscher Prosa
vffcubar so: Dir, kaiserlichcr Otto, möge Gvtt das
Herz mit diesem Buche ersüllen (eigentlich: umhüllen);
erinnere dich, daß du es von Liutharius erhalten
hast. Dieser Schristbänder sind oberhalb und unterhalb
eines Bildes angebracht, auf dem ein Mönch, der ein
Buch trügt, dargestellt ist >). Mit diesem Mvnche kann
niemand anderer als der in der Jnschrist genannte Liutha-
rius gemeint sein. Der erwähnte Otto ist ein Kaiser.
Denn auf der Seite gegenüber gewahrt man einen
thronenden Kaiser, dem von geistlichen und weltlicheu
FUrsten gehuldigt wird. Die übrigen Miniatureu
schließen sich an den Text der heiligen Schrist an. Sie
haben trotz des hohen ikonographischen Jnteresses, das
sie gewähren, hier für uns keine Bedeutung, da der
Kvdcx hauptsächlich durch das Widniungsbild mit der
Jnschrist und dnrch das Bild mit Kaiser Otto
charakterisirt wird. Wir sehen also hier von einem

1) Abbildungen bei Bock: Polastkavelle. und bei Hefner-
Alteneck: Trachten rc.
 
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