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Ersch>-incn wöchcntlich cinmal. — Man abonnirt bci allcn Bnch- -,/',. / Prciö für cincn Banv vvn 24 Nnmnicr» 3 fl. rh, obcr 1 Rthlr.

iciintcrn n. ZcitnnaScrvcbiticncn. - * 21 Sgr.

u. Kllusthandlungcn, allcn Poftämtcrn

-

Ä

Politifche Evangelien für alle Sonn- und Festtage des Jahres

Am dreizchntrn Sonntag nach Trinitatis.

Nicmand kann zweien Herren
dicncn. Entweder er wird einen
hafsen, und dcn andern lieben; oder
wird eiiiem aiihaiigen und den an-
dern vcrachlen. Zhr kvnnt nichl

dein Volke dienen und zu-
glcich den Aristokratcn und
Pfaffcn.

Taniit Jhr nun nicht in diese
Doppclstellung der Hcuchclei koni-
met, rath' ich Euch: Sorget nicht
zu sehr fiir Euer Leben, was und wie viel Jhr csfen nnd
trinken wcrdet; auch nicht fiir Euren äußern Leib, was Jhr
anzichen iverdct. Wird auch die Speise das Lebcn, so ist
doch das Leben niebr als die Speise. Und Euer Leib, ist
er nicht inchr als die Klcidung?

Schet die Vogcl unter dcin Hiniuiel an: sie säcn nicht,
sie ärntcn nicht, sie sainineln nichi in die Schcucrn; und
dic giitige Natur nährt sie doch. Werdet Jhr denn durch
Eure spitzfindigc, kleinmnthige Vorsorge gesicherter, bcsscr
und gliicklicher, denn sie?

Wer ist unter Euch, der seiner Länge eine Elle zu-
sctzcn kann, selbst wenn cr darnach rrachtct?

Und waruin sorgct Jhr fiir die Kleidung? Sckauet die
Lilicn auf dem Felde, wic sic wachsen; fic arbeiten nicht,
fie spinnen nichr, und noch wenigcr lassen sie für sich Jhrcs-
gleichen spinnen u»d webcn.

Jch sage Euch: daß anch der
Schach von Persien und der Czaar
von Rußland und alle Stolzcn der
Erde in aller ibrcr Herrlichkeit nicht
so sckon beklcidet sind, als unsrer
iinschuldigcn Bluineii Eine.

Wie dcnn die Natur die Blu-
men auf dem Felde schöner kleidet
als die Ucberinüthigstcn der Mcn-
schen, die, ob sic heute glänzen,
mvrgcn cin Bild des Eckels sind:
sollte sie nichl Eurcr sich erbarmen wie der Blumcn? O Jhr
Kleinmüthigen!

Darum solltJhr nicht sorgcn und sagen: „WaSwerdcn
wir essen —wcnn wir nicht dem König und Czaaren dienen?
Was werden wir trinken — wcnn wir uns nichi der Lüge,
dem Despotismus und den Pfaffcn verkaufen? Womit wer-
den wir uns klcidcn — irenn wir uns nicht krümmcn vor
den herzlosen Fabrikanten, den rcichen Kaufleuten, Wuchc-
rern und Blutsaugern?

Trachtct am crsten nach dcm Nciche wahrer Gcrcchtigkcit
auf Erdcn : dann wird Euch alles Andcre von sclbst zusalle».

Darum sorget nicht — wic jcne Niedriggesinnten, die
für dic Nahrung ihrcs Leibes ihre Seele, ihre bcssercUeber-
zeugung veikaufen — lorget nicht wie diese für Morgen,
dcnn der morgige Tag wird schon sür Euch sorgen. Es ist
geniig, daß jcder Tag scine eigne Plage habe.

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v

A


-2.L.







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