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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 24.1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.14171#0096
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BESPRECHUNGEN.

warmherziger Austausch von Gedanken und Empfindungen, wie sie der Alltag nahe-
legt, ist der Inhalt dieses Bandes und man spürt freudig, was Kunst auch sein
kann: „Beglückung", mit Moritz Geiger zu reden.

Ebenso zwingend wird man sich aber über den wesenhaften Abstand klar, der
zwischen dem Künstler im Schaffen und dem wissenschaftlich die Kunst erkennen-
den Forscher auf der einen Seite und dem Gelehrten und Künstler als Privat-
menschen andererseits genau zu unterscheiden notwendig veranlaßt. Soviel über die
Stellung des Künstlers und Kunstforschers im Leben des Tages aus diesem Brief-
wechsel gelernt werden kann: kunstphilosophische Einsichten bietet er nicht, auch
von dem geistigen Wesen des Künstlers verrät er wenig.

Wird einmal von den Freunden das Problem der Bedeutung der Kunst gestellt,
dann ist man überrascht, bei dem Schaffenden den „Glauben" als ihren „Urquell"
bezeichnet zu finden (71) und zu hören: „In der letzten Zeit bin ich durch verschie-
dene äußere Veranlassungen dazu gekommen, Bibelworte, religiöse Handlungen,
Aussprüche Luthers usw. direkt in bezug auf die Kunst anzuwenden, und ich fand
soviel Erklärendes und Hochbedeutsames, daß ich gerne auch im Leben diesen Wahr-
heiten näher kommen möchte. Philosophische Erklärungen waren mir nie so intim
für die geistigen Vorgänge in der Kunst" (70). Umgekehrt bekennt Thode, gerade
den „Glauben" allein mit der künstlerischen Seite seines Wesens nachempfinden zu
können, während er nur die Liebe als das „Schaffende und Wirkende, ganz Positive"
spüre (73).

Am echtesten klingt es noch, wenn Thoma schreibt: „Ich mache Bildchen wie
ein Kind, fast jeden Tag eines — und der Hauptwitz dabei ist, daß ich mich freue
daran; alle großen Pläne sind weg, ich brauche sie nicht mehr; wie ein Kind bin ich
durch die Welt gekommen, und wie ein Kind will ich zu Grabe gehen — das ist
meine Aufgabe in der Welt, und sie ist vielleicht gerade so zeitgemäß wie die,
welche ins Große und Gewaltige geht" (249). Ergreifend, wie dieses Leben vor dem
schroffen Wandel der Zeiten verzagt und die reine Menschlichkeit dieses im besten
Sinne bürgerlichen Daseins enttäuscht und trostlos diese Welt verläßt.

Berlin. Werner Ziegenfuß.

Oswald Herzog: „Zeit und Raum, das Absolute in Kunst und
Natu r". Erschienen in J. f. Ottens Verlag „Die Künstler-Selbsthilfe", Berlin-
Frohnau.

Es ist das Kennzeichen aller Dilettantenphilosophie, daß sie noch den Mut und
die Naivität zu einem Universalschlüssel — einem „Prinzip" — aufbringt, mit dem
sie aufs leichteste alle Probleme zu lösen versteht, an denen seit Jahrtausenden
alle großen Philosophen sich müde gearbeitet haben. Auch die Methode dieser
Lösungsart ist stets die gleiche: Der gesamte Reichtum der Welterscheinungen wird
in vielfacher Stufung aus jenem Prinzip „abgeleitet" oder auf es „zurückgeführt",
nämlich mit Hilfe einer Anzahl gleichfalls typischer Zauberformeln, wie: „BC ist A."
Oder: „Was in Wahrheit A ist, nennen wir, empfinden wir, nehmen wir wahr, er-
scheint uns etc. als BC."

Herzogs Universalschlüssel oder Prinzip ist die Polarität von Welt-
expansion und Weltkondensation. Absolute — unbegrenzte — Welt-
kondensationsdynamik ist die absolute Energie ohne Substanz = Wille = die reine
Zeit ohne Raum = Ewigkeit. Deren Gegenpol ist die materielle Körpersubstanz,
der Raum als Ausstrahlung = „Aus-dehnung" aus dem Kraftzentrum Zeit. Zeit
als Energie ist also zu denken als unendliche Verdichtung, gewissermaßen Ver-
 
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