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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 25.1931

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Kuznitzky, Gertrud: Die ästhetische Gefühlswahrheit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14174#0015
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Die ästhetische Gefühlswahrheit.

Von

Gertrud Kuznitzky.

I.

Einleitung.

1. Das Problem der Gefühlswahrheit.

Die Sprache des Gefühls ist eine bildliche Sprache — und auch
„Sprache" des Gefühls ist schon ein Bild. Das Gefühl ist in anderer
Weise bildlich als das im engeren Sinne sogenannte Sprechen, als die
lauthafte Sinnprägung in Wort und Satz bildlich ist. Die Bildlichkeit
des Gefühls kommt im sprachlichen Ausdruck unseres Fühlens selbst
erst zur Geltung. Sie ist ein eigentümliches Verhältnis der Sprache
zum Gefühl; die Sprache wandelt ihre Sinnbeziehung auf Gegenstände
ab, wenn sie in den Dienst der Gefühlsaussprache, der Verständigung
über Gefühltes tritt.

Die Sprache weiß sich dem Gefühlten gegenüber unzulänglich, sie
bestimmt das Gefühlte symbolisch. Sie setzt es als gleichnisweise be-
stimmt, sie bestimmt es als „eigentümlich" Charakterisiertes. Wir spre-
chen vom bohrenden Schmerz, von leiser Wehmut, von strahlendem
Glück, warmer Freude. Solche Gleichnisse haben stets einen Bezug dar-
auf, daß die Bestimmtheit dessen, was wir fühlen, in unserem Gefühls-
erlebnis selbst liegt. Was eine Sache unserem Fühlen bedeutet, das sehen
wir nicht als rein zur Sache gehörig an. Wir wissen vielmehr, daß die-
ser Gehalt nur in unserem Fühlen zum Ausdruck kommt. Gefühltes, so
dürfen wir sagen, bestimmt sich sinnmäßig nicht als objektiv, sondern
als subjektbezogen. Freilich alle Gegenständlichkeit ist subjektbezogen,
sofern sie zur Gegebenheit oder im weitesten psychologischen Sinne des
Wortes zum „Erlebnis" gelangen muß. Aber das Gefühlte gewinnt seine
ihm eigentümliche Stellung im Reiche der Gegebenheiten dadurch, daß
diese Beziehung auf unser Erlebnis seine unmittelbare Bestimmtheit
selbst ist. Fühlen ist sinnmäßig subjektives Erleben, oder auch: Fühlen
ist erlebtes Erleben. Von hier aus verstehen wir jenes so eigentümlich
erscheinende Verhältnis der Sprache zum Erleben als ein notwendiges.
Der Anspruch, daß etwas in seiner Objektivität und Urteilsbestimmtheit

Zeitschr. f. Ästhetik u. alle. Kunstwissenschaft. XXV.

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