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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Oidtmann, Heinrich: Die romanischen Glasmalereien in der Pfarrkirche St. Kunibert zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0142

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199

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

200

Die romanischen Glasmalereien in der Pfarrkirche St. Kunibert zu Köln

(Mit 7 Abbildungen.)
n Köln haben während des Mittel

alters so zahlreiche Vertreter der
Malerkunst gewirkt, daß schon in
den Schreinsurkunden ') der Jahre
1188 bis 1203 eine nach ihnen benannte
Straße, die „Schildergazzin", vorkommt, in der
laut Niederschritt im Schöffenschrein zwischen
1205 und 1214 ein Martinus Schildirs seine
Behausung hatte. Trotz der beträchtlichen
Künstlerschar lassen sich keine Urhebernamen
mit bestimmten Denkmälern in Verbindung
bringen.

Um die Jahrhundertwende wird im Schreins-
bezirk Niederich ein Maler erwähnt; in der
Zeit zwischen 1188 bis 1203 kauften Gerlacus
und seine Gattin Hildegundis von Liveradis,
der Tochter des Malers Engilbertus, einen
Hausanteil, bald darauf von deren Sohn Frid-
hericus einen weiteren'2). Ob dieser Gerlacus
selbst Maler gewesen und deshalb das für
seinen Beruf räumlich geeignete Anwesen er-
warb ? Es wäre nicht unmöglich, denn ein im
Jahre 1328 in der Schildergasse ansässiger
Maler Reynkin, der Schwiegervater des Malers
Peter Groene, baute sich 1331 ein Haus mit
Werkstätte, cum domo operis dicta werchuys.
Dieser Gerlacus8) könnte der Zeit nach
ungezwungen mit dem Glasmaler Gerlachus
gleichbedeutend sein, dessen Schöpfungen ich
um die Mitte der 1890 er Jahre zufällig aus
ihrem fast vergessenen Versteck hervorholen
und damit dem drohenden Untergang entreißen
konnte4). Vorgreifend möchte ichbemerken, daß
Gerlacus und seine Ehefrau Hildegundis ge-
mäß den Schieinsurkunden der Jahre 1202 bis
1212 am 11. November ein Haus mit Hof
vom gesamten Konvent an St. Kunibert er-
standen haben5). Der Name Gerlach war

') Robert Hoeniger, »KölnerSchreinsurkunden
des XII Jahrh.«; TL Bd., I.Hälfte. Niederich 11, IX, 1.

2) Niederich 11, 1,22.

s) Merlo glaubte das Ehepaar mit einem gleich-
namigen des Jahres 1257 für gleich erachten zu können,
wobei er, wie auf meine diesbezügliche Anfrage
Dr. Johannes Krudewig im Archiv ausdrücklich fest-
stellte, statt Gerlacus pistor irrtümlich pictor gelesen
hatte. Der zeitliche Zwischenraum läßt es kaum an-
gängig erscheinen, beide Eintragungen auf die nämlichen
Personen zu vereinigen.

4) Vgl. »Zeitschrift für christliche Kunst«. X.Jahr-
gang (1897), Sp. 275 uf. Mit Abbildungen.

6; Niederich 12, I, 4.

damals in Köln nicht selten; die Urkunden
der Schreine von St. Aposteln, Niederich,
St. Gereon und St. Severin bringen in der
Zeit von 1175 bis 1212 acht Namensverwandte.
Ob jedoch unter den verschiedenen Namens-
trägern sich der Glasmaler befindet, bleibt
unklar, ist übrigens auch sachlich belanglos.

Der nämlichen Künstlerpersönlichkeit, die
sich auf der Kappenberger Tafel im Bilde und
mit Namen vorstellt, will man auf Grund
zeichnerischer Verwandtschaft mit ziemlicher
Wahrscheinlichkeit eineKreuzigung zuerkennen,
die, einst ein Wertstück der von Zwierleinschen
Sammlung zu Geisenheim, jetzt die Reihe der
alten Glasgemälde des Kgl. Kunstgewerbe-
museums zu Berlin eröffnet.

Die hervorragende Tüchtigkeitjenes Meisters,
die ihn unbestreitbar unter die besten Maler
seiner Zeit einreiht, bot die zuverlässige Vor-
bedingung einer gesunden Weiterentwicklung
der romanischen Glasmalerei in den Rhein-
landen, als deren vollendete Erzeugnisse ich
die prächtigen Fenstermosaiken in St. Kunibert
bezeichnen möchte.

Jedenfalls gestalten trotz der mehr fort-
geschrittenen Auffassung die ganze Art der
Zeichnung, die glasmalerische Behandlung,
endlich die Farbenstimmung, die, nebenbei
bemerkt, auf den drei kostbaren, ungefähr
gleichalterigen Chorfenstern der St. Materniani-
Kirche zu Bücken bei Hoya wiederkehrt, die
Glasgemälde von St. Kunibert einer gründlich
geschulten Werkstätte zuzuweisen, in der die
künstlerischen Überlieferungen des Meisters
Gerlachus getreulich bewahrt, erfolgreich weiter
gepflegt wurden.

Da eine eingehende Betrachtung der wert-
vollen Denkmäler in Wort und Bild dem bald
erscheinenden Werk über die rheinischen Glas-
malereien vorbehalten bleiben muß, war an
dieser Stelle Beschränkung auf das Notdürftigste
geboten.

Die Stiftskirche zum h. Kunibert wurde
im Jahre 1247 unter Erzbischof Konrad von
Hochstaden eingeweiht, nachdem der östliche
Teil reichlich zwei Jahrzehnte früher vollendet
war. Demnach könnten die Glasgemälde vor
oder um 1230 entstanden sein.

Im Jahre 1839 wurden die stark be-
schädigten Bildfenster einer umfassenden
 
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