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Krumm, Carolin; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Der Hasefriedhof in Osnabrück: der Friedhof als Garten ; zur Entstehung, Konzeption und Entwicklung des Osnabrücker Friedhofes in der Hasetorvorstadt — Hameln: Niemeyer, Heft 19.2000

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51268#0028
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Brunnen, Wege und Bänke auf den Hase-Totenhöfen
Obwohl uns die Quellen zu Gestalt und Aussehen des Hasefried-
hofes mitunter sehr Genaues berichten, so fehlen jedoch fast
durchweg Hinweise, die die für das Funktionieren der Anlage so
wesentlichen Details wie Bänke, Brunnen und Wege näher erläu-
tern oder auch Anzahl, Stellung und Material dieses Friedhofsin-
ventars exakter rekonstruieren ließen; insgesamt sind zu diesem
Themenbereich daher nur wenige eindeutige Aussagen zu treffen.
Nach Aussage der Quellen bzw. dem Fehlen anders lautender
Belege ist wahrscheinlich, dass lange Zeit nur schlichte Erdwege
den Friedhof erschlossen und Brunnen lange Zeit sogar völlig fehl-
ten; zumindest legt dies eine private Beschwerde über den Was-
sermangel am Johannisfriedhof nahe, infolgedessen etliches an
niedergelegtem bzw. privat gepflanztem Blumenschmuck zwangs-
läufig bald vertrocknete'60. Für den Hasefriedhof belegen erst
Rechnungen des Jahres 1847 die Einrichtung eines Brunnens161,
der vermutlich von dem bereits bekannten Maurermeister Geisler
erstellt wurde. Nach einer Nennung des Jahres 1897/98162 sind
weitere Brunnen erst wieder auf dem vorbereitenden Kostenvoran-
schlag zur Anlage des fünften Totenhofes belegt sowie in einer
kurzen, von Stadtbaumeister Lehmann gefertigten Stellungnahme
zum Bestand an Wasserstellen im Jahre 1907, aus der das Vorhan-
densein älterer, hölzerner „Bottiche" klar hervorgeht163. Wann
immer man um 1900 jedoch zur Neuanlage von Brunnen schritt,
entschied man sich für durchaus aufwendigere Lösungen mit eini-
gem Gestaltungswert, seien dies aufwendige Ausgestaltungen
oder moderne Materialien wie u.a. der damals beliebte Kunststein;
das runde, moderne flache Wasserbecken am Ende der Lindenal-
lee (nach 1907164) gehört zu dieser Gruppe wie auch der dekorati-
ve Standbrunnen der ersten Abteilung (1907) oder der zeitgleiche
kleine Brunnen mit schmiedeeisernem Aufsatz am Rande der drit-
ten Abteilung (Abb. 22), der in gleicher Form auf der vierten
Abteilung entstand165. Brunnen scheinen demnach spätestens jetzt


22 Brunnen von 1907.

als sowohl funktional wichtiges wie auch ausschmückend-dekorati-
ves Inventar verstanden und gezielt als Friedhofsmobilar einge-
setzt worden zu sein.
Auch für die Aufstellung von Bänken liegen seit den 1840er
Jahren eindeutige Belege vor, obwohl Angaben zu ihrer Form oder
aber das verarbeitete Material leider nicht zu eruieren sind; in
jedem Falle wurden sie damals bewusst als Ruhesitze angelegt
und dementsprechend mit dichten Gebüsch- oder Strauchsetzun-
gen umzogen. Eindeutige Belege finden sich wiederum im
benannten Kostenvoranschlag zur Erweiterung der fünften Abtei-
lung, der namentlich den Ankauf neuer Ruhebänke benennt,
wobei eine kleine Anzahl auch der mehrfach genannte Plan des
Jahre 1897 und die Skizze des Jahres 1907166 verzeichnet. Auf
mögliche Bankstandorte verweisen v.a. quadratische und recht-
eckige Wegausbuchtungen, deren Kontour z.T. noch in situ belas-
sene massive Abgrenzungen beschreiben. Auch wenn die alten
Steinmarkierungen zwischenzeitlich teilweise von Betonsteinen
oder aber die Fläche des einstigen Stellplatzes aussparenden
Rasenflächen ersetzt worden sind, so plädiert die einheitliche
Größe, Form und Lageanordnung dieser Plätze in den Abteilungs-
ecken und an den Wegekreuzungen der Abteilung llff. dafür, hier
ursprüngliche Standorte von Bänken, respektive einigen Wasser-
stellen vorliegen zu haben. Dabei korreliert ihr spätes Auftreten
erst mit Anlage der Abteilung II mit der neuen Vorstellung des
Friedhofes als Ruhegarten, die in Osnabrück kaum vor 1840/50
datiert.
Bei der Erweiterung des Friedhofes um die fünfte Abteilung
wurde entschieden, dass alle Hauptwege wie beim vierten Toten-
hof mit einer Kiesaufschüttung belegt werden sollten, für die der
Georgs-Marien-Verein 13,30 Tonnen Wegekies sowie Senator
Haarmann „einige Fuder Steinkies 2-7 mm groß vom Piesberg"167
gratis zur Verfügung stellten. Allerdings wurden nur kurz vorher,
im Jahre 1893, 2310 Mark zur Bepflasterung des Hauptfahrweges
bewilligt168, so dass wir uns das Wegesystem seiner Belastung und
Bedeutung entsprechend vermutlich aus verschiedenen Materiali-
en vorzustellen haben. Den größten Teil der Friedhofsfläche wer-
den unbefestigte Wege erschlossen haben, wie dies noch heute
weitestgehend der Fall ist (Plan 3). Sie erwiesen sich jedoch dann
als problematisch, wenn sie infolge von Leichenzügen, aber auch
der Abraumentsorgung der Grünpflege starken Belastungen durch
stetes Befahren ausgesetzt waren, so dass ihr wüster Zustand häu-
figer Anlass zur Beschwerde gab. Wir finden daher auf den ersten
fünf Abteilungen alle diejenigen Wegstrecken gesondert befestigt,
über die der Hauptstrom der Fuhrwerke rollen musste. Da ein
Großteil der Tore bis weit in das 20. Jahrhundert hinein fast durch-
weg verschlossen war und die Erschließung daher notgedrungen
über die Wagenzufahrten im Westen der ersten und dritten Abtei-
lung erfolgte, wurde zumeist nur der wichtigste Abschnitt der Mit-
telachse und bei den genannten Abteilungen die Wegachse gegen
Westen gepflastert.
Die in ihrem nördlichen Wegeabschnitt um 1900 verlegte, wohl
vollständig erhaltene Pflasterung169 der ersten Abteilung weist
dabei einen markanten Wechsel in der Auswahl der das unregel-
mäßige Kleinplaster (Wildpflaster) begrenzenden Randsteine auf,
die nördlich des Lindenrondells aus einer Reihe quadratischer
Steinblöcke (10 x 10 cm; Abb. 23) bestehen, westlich des Rondells
jedoch Wasserrinnen aus mehreren Reihen hochkant stehender
Steine ausbilden (vgl. Abb. 12); möglicherweise sind daraus unter
Berücksichtigung obiger Beobachtungen zeitliche Differenzierun-
gen abzuleiten, zumal der Nord-Süd-Weg vermutlich erst nach
Anlage des Ostwestweges entstand. Unmittelbar vor dem Wagen-
tor wurde der erste Wegabschnitt in parallelen plattigen, leicht
schräg verlegten Ibbenbürener Sandsteinen verlegt, um dem
Wagengespann das schnelle Einbiegen auf den Friedhof durch
eine bessere „Griffigkeit" zu erleichtern.
Mit der ursprünglichen Weg- und Mauergrabflucht am heuti-
gen Übergang zur zweiten Abteilung wechselt sprunghaft die Art
der Wasserrinnengestaltung. An die Stelle der relativ flachen und
schmalen Rinnenführung der ersten Abteilung tritt nun eine brei-

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