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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Farbige Eisengitter der Barockzeit — Hameln: Niemeyer, Heft 27.2002

DOI issue:
Das Förderprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
DOI article:
Brüggerhoff, Stefan; Fendel, Heinrich; Fendel, Vera; Haber, Georg J.; Heimler, Maximilian; Königfeld, Peter: Die Chorgitter des Osnabrücker Domes: Metallkonservierung und Restaurierung der Farbfassung unter Berücksichtigung von Untersuchungen zum Aspekt des Korrosionsschutzes
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https://doi.org/10.11588/diglit.52522#0066
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Das Förderprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

zu beobachten und problematisch (bei Spaltkorrosionsver-
suchen selbst nach mehrwöchiger Trocknung noch Bereiche,
die nicht ausreagiert (gehärtet) sind).
• Reversibilität: Die Problematik in der Beziehung Dauer-
haftigkeit/Schutzwirkung und Reversibilität von Beschich-
tungen wird in der Folge im Beitrag „Zur Problematik
der atmosphärischen Korrosion von Eisenwerkstoffen
und möglichen Schutzmaßnahmen" in diesem Heft ange-
sprochen. Auch in den vorliegenden Untersuchungen
bestätigte sich die allgemeine Tendenz, dass die gewollte
Reversibilität (z. B. bei den physikalisch trocknenden
Acrylaten) mit einer weniger ausgeprägten Schutzwirkung
(im Vergleich z. B. zu irreversiblen Polyurethanbeschich-
tungen) „erkauft" werden muss. Die Frage der Reversibili-
tät muss allerdings differenziert betrachtet werden. Bei
der Festigung der originalen Fassung kann der Aspekt
Reversibilität nicht unmittelbar als Bewertungskriterium
herangezogen werden, da ja gerade ein hohes Penetrations-
vermögen gewünscht wird. Ist ein Beschichtungsstoff aber
entsprechend aufgebracht und hat die Rostpartien gefestigt,
wird er (auch bei grundsätzlicher Reversibilität) nicht mehr
ohne Schädigung aus der Originalsubstanz entfernt werden
können. Dies spricht dafür, hier auf gut penetrierende,
festigende und dauerhafte Systeme zu setzen, auch wenn
sie chemisch aushärten und dann mit Lösungsmitteln
nicht mehr entfernt werden können. Die Reversibilität von
Deckschichten muss davon getrennt betrachtet werden.
Hier ist ein wieder entfernbares System oder eine Trenn-
schicht zum darunter liegenden Original notwendig und
sinnvoll.
Aussagen für die konkrete Konservierung:
• Penetrierender Grundstoff (Festigung)
Hauptaspekte waren das Penetrationsverhalten in unter-
rostete Bereiche, das Festigungsverhalten bei unterrosteten,
labilen Farbschollen sowie die Transparenz der Beschich-
tungsstoffe. Hinsichtlich der genannten Aspekte ergaben
sich für BOB-Reaktionsgrund (feuchtigkeitshärtendes Polyur-
ethan) die besten Resultate.
Das ölige Konservierungsmittel Owatrol zeigt ähnliche Eigen-
schaften bezüglich der Festigung loser Farbschollen und des
Penetrationsvermögens. Es scheidet aber trotz guter Schutz-
wirkung wegen der Unverträglichkeit mit der Fassung und
den anschließend erforderlichen Festigungs- und Retusche-
arbeiten aus.
• Deckschicht über den farbigen Malschichten
der Gittervorderseite
Bei dieser Gitterseite mit einer zum Teil offen liegenden,
weitgehend originalen Fassung des Barock muss letztlich
dem Aspekt Reversibilität der Deckschichten die größte Be-
deutung beigemessen werden. Die Abstufung der Schutz-
wirkung der Konservierungsstoffe (Deckschichten) bei den
harten Belastungstests (Kondenswassertest) wurde berück-
sichtigt, aber auf Grund der Umgebungssituation nach dem
Einbau des restaurierten Gitters (geheizter Innenraum) als
weniger kritisch gesehen. Daher wurde das chemisch anlös-
bare Acrylat Paraloid B 72 gegenüber dem chemisch inerten
Polyurethan (EK-PUR) oder ORMOCER bevorzugt. Paraloid
B 72 hat sich inzwischen seit langem in der Restaurierung
bewährt. Das Acrylat bleibt auch nach Jahrzehnten ohne
Beeinträchtigung der Altfassungen gut lösbar, es zeigt auch
auf lange Sicht keine farblichen Veränderungen und vergilbt
nicht. Gleichzeitig bietet das Acrylat-System den Vorteil,
Retuschearbeiten an der Originalfassung im gleichen Mate-
rialsystem durchzuführen.

• Deckschichten über den monochromen Malschichten
der Gitterrückseite
Da auf der Rückseite des Gitters die zeitlich spätere graue
Überfassung (siehe Kap. 2.1.2 und 2.2.2) wegen des schlech-
ten Zustandes der darunter liegenden barocken Fassung
sinnvoller Weise nicht entfernt werden sollte, bot sich die
Möglichkeit an, diese Seite neu monochrom grau zu über-
fassen. Damit war die Möglichkeit gegeben, ein pigmentier-
tes Beschichtungssystem zu verwenden. Aus den Untersu-
chungen bot sich der Standardprimer (BOB grau: Alkydharz/
PVC) an. Damit wird eine deutliche Erhöhung der Schutzwir-
kung erzielt. Um dieses System wieder von der Altfassung
abgrenzen zu können, wurde als Trennschicht das reversible
Paraloid B 72 empfohlen. Lasuren können wie auf der Vor-
derseite im Acrylat-System ausgeführt werden.
4 Restaurierungsmaßnahmen
Die Vorgehensweise bei der Maßnahme wurde auf Grundlage der
Bestandsaufnahme und der Untersuchungsergebnisse des Deut-
schen Bergbau-Museums in gemeinsamen Arbeitsbesprechungen
festgelegt und sukzessive unter Berücksichtigung der Erkennt-
nisse jedes einzelnen Schrittes umgesetzt.
4.1 Demontage
Die Demontage der Gitter erfolgte im Oktober 1998. Vor dem
Ausbau wurden alle Bereiche mit instabilen und stark von Kor-
rosion unterwanderten Malschichten sowie alle malerisch ge-
stalteten Partien mit Cyclododekan gesichert. Der Flächenauf-
trag erfolgte mit Cyclododekan Spray. Auf Bereiche mit losen
Farbschollen wurde Cyclododekan gelöst in Petroleumbenzin
100-140 punktuell aufgebracht. Die mit der temporären Trans-
portsicherung behandelten Partien sind in einer Kartierung er-
fasst worden.
Das nördliche Gitter war seitlich mit eingemauerten Eisen-
streben an der Wand befestigt. Am Boden waren die beiden
schmalen Seitenteile ebenfalls mit je zwei Eisenstreben im Boden
fest verankert. Bei der Demontage wurden die seitlichen Wand-
verbindungen mit der Säbelsäge durchtrennt. Die beiden unte-
ren, jeweils äußeren Bodenverstrebungen wurden ebenfalls ab-
getrennt. Die beiden inneren Streben wurden nach Ausheben
der Fliesen (nur auf Sand aufgelegt) ausgestemmt. Das südliche
Gitter war seitlich an der Wand verschraubt. Die Bodenveranke-
rung entsprach der des nördlichen Gitters. Bei der Demontage
wurden die Wandverschraubungen gelöst und die Bodenverstre-
bungen entsprechend dem Nordgitter durchtrennt bzw. ausge-
stemmt.
4.2 Vorreinigung
Die einzelnen Arbeitsschritte wurden in liegender Position der
Gitter in der Werkstatt der Fa. Haber & Brandner ausgeführt. Um
mögliche Deformationen zu vermeiden, wurden die Gitter jeweils
im Abstand von ca. 50 cm über die gesamte Breite unterlegt.
Staub und lose aufliegende Verschmutzungen auf den Gittern
wurden vorab mit weichen Pinseln und rückseitig in den Über-
lappungen der Bleche und Stäbe zusätzlich mit Druckluft (2 bar)
entfernt.
4.3 Mechanische Arbeiten/Deformationen
Die geringfügigen Deformationen im Bereich der Rankenorna-
mente und der Kerzenträger wurden belassen, da sich das Aus-

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