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Joachim Wolschke-Bulmahn
Zur manipulativen Gestaltung von Landschaft.
Der Bückeberg im Kontext einschlägiger Anlagen der NS-Diktatur
bergs, der die katholische Kirche ablehnte und eine
neue, „rassenspezifische" Religion etablieren wollte.
Die genauen Entstehungszusammenhänge des Sach-
senhains sind in ihren Einzelheiten letztlich bis heute
nicht vollkommen geklärt. Die Beteiligung Hübotters
als der maßgebliche Gartenarchitekt für den Sach-
senhain ist allerdings ebenso zweifelsfrei wie die sei-
nes Mitarbeiters Reinhard Berkelmann als Bauleiter.
Und immerhin kaufte Hübotter am 24. Januar 1935
im Auftrag Himmlers von zwölf Landwirten das für die
Anlage des Sachsenhains erforderliche Gelände.18
Der Sachsenhain ist ein großes Oval, umrahmt von
einem sechs Meter breiten Rundweg, dem sogenann-
ten Sachsenweg. Er wird flankiert von zwei Reihen
großer Findlinge, insgesamt sollen es 4.500 sein, die
an die 4.500 Sachsen erinnern sollten. Die Ränder des
Sachsenweges sind mit Wildrosen, Hartriegel und
anderen heimischen Sträuchern bepflanzt. Der Rund-
weg wurde auf einem Bankett erhöht angelegt, da
die Fläche ein natürliches Überschwemmungsgebiet
für die in der Nähe vorbei fließende Aller ist. Spielt
beim Sachsenhain also der Sachsenweg eine zentrale
Rolle, so ist es beim Bückeberg der Führerweg, der
dort allerdings als zentrale Achse die Anlage durch-
schneidet. Das Zentrum des Sachsenhains ist der so
genannte Kleine Thingplatz mit den zwei „Führerkan-
zeln", überschattet von hohen Buchen. Am Fuß der
beiden Führerkanzeln fließt die Halse. Die riesige Wie-
senfläche, der Große Thingplatz, diente als Auf-
marschfläche für besondere Anlässe. Ein Zitat aus
einem 1937 veröffentlichten Artikel des Bauleiters für
den Sachsenhain, Berkelmann, mag die Gestaltungs-
ideologie verdeutlichen: „Den Kernpunkt dieser
Anlage bildet der gestalterisch etwas mehr durchge-
bildete kleine Thingplatz mit dem großen Führer-
stand, der von säulenartig hochstrebenden Buchen
überdacht ist. Wuchtig und stark steht die aus
Findlingen errichtete Stützmauer mit dem genau aus-
gerichteten Blick nach Norden. Findlinge in freier
Anordnung bilden die Brüstung dieser Führerkanzel
[...] Aus wassertechnischen Gründen (Ueberflutungs-
gelände) wurde dieser 5 Morgen bedeckende kleine
Thingplatz um zirka 1,50 m aus dem Gelände geho-
ben. Er zeigt eine der Landschaft angepaßte bewußte
Gestaltungseinrichtung in der germanischen Grund-
form des Rechtecks. Hier feiert jedes Jahr Niedersach-
sen das Fest der Sonnenwende, die höchsten Feier-
tage unserer germanischen Vorfahren. Die übrige
freie Wiesenfläche ist als großes Thinggelände für
besondere Aufmärsche gedacht und findet seine Be-
grenzung im Westen durch einen 1,50 m hohen
Dammweg.”19
Verweise auf die vorchristliche germanische Ge-
schichte als Bestandteil der ,Naturgeschichte' des
deutschen Volkes finden sich auch in Beschreibungen
8 Verden, Ldkr. Verden. Blick auf den Sachsenweg.
Joachim Wolschke-Bulmahn
Zur manipulativen Gestaltung von Landschaft.
Der Bückeberg im Kontext einschlägiger Anlagen der NS-Diktatur
bergs, der die katholische Kirche ablehnte und eine
neue, „rassenspezifische" Religion etablieren wollte.
Die genauen Entstehungszusammenhänge des Sach-
senhains sind in ihren Einzelheiten letztlich bis heute
nicht vollkommen geklärt. Die Beteiligung Hübotters
als der maßgebliche Gartenarchitekt für den Sach-
senhain ist allerdings ebenso zweifelsfrei wie die sei-
nes Mitarbeiters Reinhard Berkelmann als Bauleiter.
Und immerhin kaufte Hübotter am 24. Januar 1935
im Auftrag Himmlers von zwölf Landwirten das für die
Anlage des Sachsenhains erforderliche Gelände.18
Der Sachsenhain ist ein großes Oval, umrahmt von
einem sechs Meter breiten Rundweg, dem sogenann-
ten Sachsenweg. Er wird flankiert von zwei Reihen
großer Findlinge, insgesamt sollen es 4.500 sein, die
an die 4.500 Sachsen erinnern sollten. Die Ränder des
Sachsenweges sind mit Wildrosen, Hartriegel und
anderen heimischen Sträuchern bepflanzt. Der Rund-
weg wurde auf einem Bankett erhöht angelegt, da
die Fläche ein natürliches Überschwemmungsgebiet
für die in der Nähe vorbei fließende Aller ist. Spielt
beim Sachsenhain also der Sachsenweg eine zentrale
Rolle, so ist es beim Bückeberg der Führerweg, der
dort allerdings als zentrale Achse die Anlage durch-
schneidet. Das Zentrum des Sachsenhains ist der so
genannte Kleine Thingplatz mit den zwei „Führerkan-
zeln", überschattet von hohen Buchen. Am Fuß der
beiden Führerkanzeln fließt die Halse. Die riesige Wie-
senfläche, der Große Thingplatz, diente als Auf-
marschfläche für besondere Anlässe. Ein Zitat aus
einem 1937 veröffentlichten Artikel des Bauleiters für
den Sachsenhain, Berkelmann, mag die Gestaltungs-
ideologie verdeutlichen: „Den Kernpunkt dieser
Anlage bildet der gestalterisch etwas mehr durchge-
bildete kleine Thingplatz mit dem großen Führer-
stand, der von säulenartig hochstrebenden Buchen
überdacht ist. Wuchtig und stark steht die aus
Findlingen errichtete Stützmauer mit dem genau aus-
gerichteten Blick nach Norden. Findlinge in freier
Anordnung bilden die Brüstung dieser Führerkanzel
[...] Aus wassertechnischen Gründen (Ueberflutungs-
gelände) wurde dieser 5 Morgen bedeckende kleine
Thingplatz um zirka 1,50 m aus dem Gelände geho-
ben. Er zeigt eine der Landschaft angepaßte bewußte
Gestaltungseinrichtung in der germanischen Grund-
form des Rechtecks. Hier feiert jedes Jahr Niedersach-
sen das Fest der Sonnenwende, die höchsten Feier-
tage unserer germanischen Vorfahren. Die übrige
freie Wiesenfläche ist als großes Thinggelände für
besondere Aufmärsche gedacht und findet seine Be-
grenzung im Westen durch einen 1,50 m hohen
Dammweg.”19
Verweise auf die vorchristliche germanische Ge-
schichte als Bestandteil der ,Naturgeschichte' des
deutschen Volkes finden sich auch in Beschreibungen
8 Verden, Ldkr. Verden. Blick auf den Sachsenweg.