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Vom Ende her denken?! Archäologie, Denkmalpflege, Planen und Bauen <Veranstaltung, 2014, Leipzig>; Winghart, Stefan [Editor]; Haspel, Jörg [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; ICOMOS / Deutsches Nationalkomitee [Editor]; CW Niemeyer Buchverlage GmbH [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Vom Ende her denken?!: Archäologie, Denkmalpflege, Planen und Bauen : Kolloquium des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS und des Deutschen Archäologischen Instituts in Kooperation mit der Bundesarchitektenkammer, dem Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland und dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege : Leipzig, 7. November 2014 = — Hameln: CW Niemeyer Buchverlage, Heft 46.2016

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Marcus Trier
Bodendenkmalpflege in Köln - Bauen in historischem Boden

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Ausgrabungen in Zeiten des Wiederaufbaus
Nach Kriegsende bemühte sich Fremersdorf nicht
nur um die Rückführung der in Süddeutschland
ausgelagerten Museumsbestände, sondern auch um
die Reorganisation der städtischen Bodendenkmal-
pflege - inmitten einer zerstörten Stadt und Bergen
aus Trümmerschutt. Nach und nach wurden die
städtebaulichen Wunden durch den Wiederaufbau
seit den 1950er Jahren geschlossen. Vieles geschah
damals in großer Eile. Die Menschen benötigten
dringend Infrastruktur, Wohnraum, Büro- und Ge-
schäftsflächen. Für archäologische Untersuchungen
blieb im Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit we-
nig Zeit. Die Bodendenkmalpflege war oft heillos
überfordert, personell unterbesetzt und materiell
schlecht ausgestattet. So konzentrierte man sich auf
ausgewählte Plätze und Epochen: das römische Zen-
trum, antike Friedhöfe, den Dom und frühe Kirchen.
Anderes, wie die reichen Zeugnisse der mittelalter-
lichen und neuzeitlichen Stadtgeschichte, spielte
lange Zeit eine untergeordnete Rolle.5
Bis 1980 gab es nicht einmal ein modernes Denkmal-
schutzgesetz in Nordrhein-Westfalen. Weiterhin gal-
ten die Rahmenbedingungen des Preußischen Ausgra-
bungsgesetzes von 1914/20, und so musste manches
von der Kölner Stadtarchäologie zähneknirschend
hingenommen werden, etwa der Bau neuer breiter
Durchfahrtsstraßen und U-Bahn-Trassen. Gerade bei
diesen neuen Verkehrswegen, die kreuz und quer
durch die historisch gewachsene Innenstadt führten,
konnten bestenfalls kleine Teilabschnitte mehr schlecht
als recht dokumentiert werden. Trotzdem ist es
Fremersdorf und Doppelfeld gelungen, in schwierigen
Zeiten zahllose wichtige Befunde zu dokumentieren
oder gar dauerhaft erhalten (Abb. 4). Beispielhaft sei
an die Ausgrabungen unter dem Spanischen Bau des
Rathauses (seit 1953), im jüdischen Viertel auf dem
Rathausplatz, im Umfeld der Kathedrale (,Rom am
Dorn') und in der Hohen Domkirche erinnert.
Moderne Bodendenkmalpflege in Köln
Das Preußische Ausgrabungsgesetz wurde 1980
vom Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen ab-
gelöst. Allerdings dauerte es einige Jahre, bis es in
der Bodendenkmalpflege der Stadt Köln auch um-
fassende praktische Umsetzung erfahren hat (Abb.
5). Die Sonderstellung Kölns (lex Colonia) blieb
damals unangetastet und daran hat sich bis heute
nichts geändert. Geändert hat sich hingegen vieles
im Tagesgeschäft der Archäologen. Das Römisch-
Germanische Museum ist als Fachamt für Archäo-
logische Bodendenkmalpflege weiterhin für das
heute gut 400 km2 große Stadtgebiet hoheitlich


4 1953 wurden bei Erdarbeiten für den Neubau des
„Spanischen Baus" des Kölner Rathauses Fundamente des
Statthalterpalastes und des jüdischen Stadtquartiers frei-
gelegt. Rheinisches Bildarchiv Köln.

zuständig. Alle Bauanträge im Kölner Stadtgebiet
werden dahingehend geprüft, ob archäologische
Fundplätze oder eingetragene Bodendenkmäler
durch Baumaßnahmen gefährdet sind. Trifft dies
zu, werden Bauherrn und Architekten zu einem
Gespräch eingeladen, um Anlass und Dauer einer
möglichen archäologischen Rettungsgrabung vor
Beginn der eigentlichen Bauarbeiten zu erörtern.
Die Dauer archäologischer Untersuchungen richtet
sich nach der Größe der Untersuchungsfläche, der
Mächtigkeit der archäologischen Schichten und der
Art und Komplexität des erwarteten archäologischen
Befundes. Da im Laufe der rund 100jährigen
Bodendenkmalpflege allein für die Kölner Innenstadt
mehr als 3.500 Fundberichte vorliegen, lassen sich
die Funderwartungen oft genau prognostizieren. Auf
diesen Grundlagen werden die Zeitfenster zwischen
Bauherrn und Römisch-Germanischem Museum
vertraglich genau fixiert.
 
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