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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 18.1902

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Heft 3
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Die Architektur auf den deutschen Kunstausstellungen des Jahres 1901, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.44900#0028

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1902

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 3

Berliner Kunstausstellung 1901.
Terrakotten von der Turnhalle des Gymnasiums Architekt:
Zum grauen Kloster« in Berlin. Stadtbaurat Ludwig Hoffmann in Berlin.


hervorsehen. Die Schmuckteile sind sparsam und immer am
richtigen Ort angewendet. Die reizvollen Einzelheiten kommen
durch die Vereinigung der Mittel auf die besonders hervor-
zuhebenden Bauteile zur vollen Geltung. Wie an den Bauten
unsrer Vorfahren ist an den im übrigen einfach behandelten
Fassaden hier ein Erker, dort ein Giebel oder ein Portal durch
reichen bildnerischen Schmuck ausgezeichnet, so dass das Auge
mit Freude daran haftet und die Einzelheiten erfassen kann.

Volksbad in der Bärwaldstrasse in Berlin. Architekt:


2. Detail der Schwimmhalle. Stadtbaurat Ludwig Hoffmann in Berlin.

Nie aber ist die
ganze Fassade
gleichmässigmit
Schmuckformen
überzogen und
dadurch eins mit
dem andern er-
drückt. Vorbil-
der für dieses be-
rechnete Mass-
halten sind ja
gerade für das
moderne Berlin
ebenso nötig,
wie die Beispiele
reizvoller Grup-
pierung der Bau-
massen und
malerischer Ent-
wicklung un-
scheinbarer Ne-
bengebäude, in
der Hoffmann
seine Meister-
schaft bereits
mehrfach bewie-
sen hat.


Berliner Kunstausstellung 1901.
Portal von der Gemeinde- Architekt: Stadtbaurat Ludwig
doppelschule in der Wal- Hoffmann in Berlin,
denserstrasse zu Berlin.

Aber das Eigenartigste und vielleicht das Anziehendste und
Nachahmenswerteste an den Hoffmannschen Arbeiten ist die

Durchbildung des Ornamentes. Hier kommt die Durchdringung
der überlieferten Formen mit neuem Leben und eigenen Gedanken
auch für den Laien am deutlichsten zum Ausdruck.
Wie die alten Meister die ihre Zeit bewegenden Gedanken
in frischer, lebendiger Weise in den bildlichen Darstellungen
wiedergegeben haben, so dass das Ornament eine für die Zeit-
genossen verständliche und reizvolle Sprache redete, so sehen
wir an den Hoffmannschen Bauten überall in den Rahmen

der überlieferten Stilformen nicht die von der Vergangenheit
überkommenen und für uns bedeutungslos gewordenen Ver-
zierungen, sondern durchaus zeitgemässe und volkstümliche
Darstellungen ernsten und heiteren Inhaltes eingefügt, die oft
direkt dem Leben entnommen und mit köstlichem Humor wieder-

gegeben sind, immer aber mit dem
Zweck des Gebäudes in inniger
Beziehung stehen. So zeigt der
Giebel der Turnhalle des Gym-
nasiums »Zum grauen Kloster^
(siehe oben) in vielfacher Wieder-
holung in Terrakotta den Berliner
Bären als eifrigen Turner. An der
Frontwand einer Schule führt dieser
als liebevoller Lehrer einen kleinen
Kerl in die Geheimnisse des Lesens
ein. Wie reizvoll sind ferner die
humoristischen Gestalten von
Lehrer und Lehrerin in ihren alt-
modischen Kostümen und ihrer
altmodisch steifen Würde am Erker
des Lehrerwohnhauses der Schule
in der Grenzstrasse (Tafel 15). Vor
der Eingangsthür zum Standesamt
an der Fischerbrücke, deren Laibung
mit Rosenblüten bedeckt ist, kniet


Volksbad in der Bärwaldstrasse
in Berlin.
3. Bekrönung des Thürpfostens
vor einer Ankleidezelle.
Architekt: Stadtbaurat Ludwig Hoff-
mann in Berlin.
auf einer Säule der kleine

Liebesgott und zielt auf die Vorüberschreitenden. An den
Treppenpfeilern eines Mädchenschulhauses ist die Entwicklung
des Mädchens vom Kinde zum Backfisch durch die Gegenstände,
auf die sich sein Sinnen und Trachten vornehmlich richtet, in
überaus sinniger und gemütvoller Weise geschildert. Und wie
poetisch empfunden und wie echt künstlerisch durchgeführt
sind die Bekrönungen der Thürpfosten vor den Ankleidezellen
in der grossen Schwimmhalle der Volksbadeanstalt an der Bär-
waldstrasse, welche unsre nebenstehenden Figuren wiedergeben.

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