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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 18.1902

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Heft 11
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Die Architektur der Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902
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Beschreibung der Abbildungen
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1902

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 11


den Innenpfeilern ver-
goldete Stämmchen
von zierlichem Aus-
sehen empor, die oben
zwischen und überden
elliptischen Fenstern
in reichem, ganz ver-
goldetem Rosetten-
werk endigen. Aus
dieser Ornamentik, in
der Achse der Pfeiler,
erhebt sich jeweils ein
Altar, zu dessen Seiten
Figuren, Priester, sich
zu schaffen machen.
Senkrecht steigt
der Rauch vom
Altäre auf und

Schränkchen mit Gitter
im Raum 22.

Architekten: Hans Kriner
und Carl Bauer in München.

lagert sich oben als breite Wolke rings um die Kuppel. Als
mächtiger breiter Fries ist eine landschaftliche, nicht etwa
stilisierte Dekoration über den elliptischen Fenstern angeordnet:
Zwischen den Stämmen eines Waldes hindurch ist das Fir-
mament sichtbar. Hier ist nun der Künstler entschieden mit
sich selbst in Widerspruch geraten: der untere Teil, die Bäum-
chen mit den Rosen, ist rein ornamental behandelt; der »Wald-
fries« dagegen naturalistisch, wie eine Theaterdekoration. Unten
reines Flächenornament, darüber ein die ganze Situation be-
herrschendes Landschaftsmotiv mit beabsichtigt perspektivi-
scher Wirkung, die indes ausserordentlich flau ausgefallen ist!
Der darüber schwebende Rauch der Opferaltäre legt sich, aus
Pappdeckel ausgeschnitten, vor die obere Fensterreihe, wirkt
also natürlich gegenüber dem einfallenden Lichte dunkel und
damit unverständlich. Die Flachkuppel endlich versinnbildlicht
das Firmament, d. h. sie soll es thun. Auch hier, wie beim
Aeusseren ist die hohe künstlerische Begabung des Architekten
deutlich erkennbar, aber er hat die letzten, die absolut not-
wendigen Schlussfolgerungen, die mit der Raumgestaltung un-
trennbar verknüpft sind, nicht gezogen. Er hat Motiv neben
Motiv gesetzt, aber der Zusammenschluss ist nicht erreicht. Das
aber müsste unbedingt der Fall sein auf einer Fläche, die durch
keinerlei plastische Beigabe nach irgend einer Seite ihren Ab-

schluss erhält.
Setzt man die-
sem Kuppel-
raum etwasVer-
wandtes, wenn
auch nicht so
Umfangreiches,
den Kuppelsaal
der deutschen
Abteilung (Ar-
chitekt Billing)
vergleichsweise
entgegen, so ist
nicht schwer zu
entscheiden, auf
welcher Seite
bei ziemlich
gleichen Deko-
rationsvoraus-
setzungen die
bessere Lösung
vorliegt, wenn
sich auch nicht

tung der Zimmerluft.



verhehlen lässt, dass auch der Billingsche Raum deutlich sagt:
mit Farbe allein ist bei grossen Hohlräumen nicht alles erreich-
bar, wenn nicht eine ungeheuere Steigerung durch massive
Gegensätze, vor allem im
Material angewandt wird.
Billing hat nicht umsonst
in den Ecken seines Saales
je eine Nische mit darin
stehenden Säulen angeord¬
net. Was sie da sollen, ist
deutlich erkennbar: sie mar¬
kieren die Ecklösung, aber
ohne ihr gerecht zu werden.
Ihre Existenz hat gerade an
dieser Stelle etwas Unmoti¬
viertes, denn sie werden
weder ihrem Zwecke als
tragendes Element gerecht,
noch spricht ihre Erscheinung in dekorativer Hinsicht so deut-
lich, dass ihr Dasein an dieser Stelle gerechtfertigt erscheint.
Der Künstler strebt eine neuartige Raumlösung an, ist aber nicht
bis zu den letzten Konsequenzen einer puren Flächenlösung,
ohne jedwede Beigabe von plastischen Gliedern gekommen.
Ob es, wo die Mauermassen durch keinerlei Gliederung in der
Erscheinung erleichtert werden, gerade sehr struktiv wirkt, die
in diesen Mauerflächen befindlichen grossen Durchgangsportale
in einer Wellenlinie statt durch eine straffe Bogenlinie zu
schliessen, mag dahingestellt bleiben. Direkt ungeschickt wirkt
bei dem Durchgänge zu den Räumen der Vereinigten Werk-
stätten der viereckige Thüreinsatz, der in diese Wellenlinie hart
unverständlich einschneidet. Er soll seitens der Münchener Ver-
einigten Werkstätten so angeordnet worden sein, offenbar ohne
jede Rücksichtnahme auf die entstehende Wirkung.
(Schluss folgt.)


Tischplatte. Ausgeführt von Eugenio Quarti in Mailand.


Beschreibung der Abbildungen.
Tafel 81 u. 82. Landhaus Curry am Ammersee. Archi-
tekt: Professor Martin Dülfer in München. Perspektivische
Ansicht, Speisezimmer und Schlafzimmer.
Das Haus ist für eine amerikanische Familie erbaut, deren Bedürf-
nissen und besonderen Lebensgewohnheiten sich der Architekt anbequemt
hat. Es repräsentiert den reinen Typus eines amerikanischen Landhauses,
das ebensogut irgendwo in Nordamerika als am Ammersee bei München
stehen könnte. Die Ausdehnung des Landguts, auf dem noch ältere
Oekonomie- und Verwaltungsgebäude bestehen, gestattete eine unge-
zwungene Nebeneinanderlegung der Räume im Grundriss, also eine für
behagliches Wohnen vorteilhafte Lagerung in der Breite. Sämtliche
Wohnräume sind in zwei Etagen untergebracht. Gedeckte Veranden, die
einen umfassenden Ausblick auf die weite Fläche des Sees gewähren, um-
geben das Haus und gestatten den Aufenthalt im Freien, auch wenn

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