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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 18.1902

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Heft 8
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Fortschritte in der Kunsttischlerei
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Kleine Züge aus römischen Gärten: (Nach George Walter Dawson in 'House and Garden', Juli 1901)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44900#0067

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1Q02

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 8


Speisezimmer.

Entwurf und Ausführung: J. C. Pfaff, Möbelfabrik in Berlin.

Rahmenstücke und Spiegelglasfüllungen der »malerischen Linie«
zuliebe in einer Weise, die allem Materialgefühl Hohn spricht.
Oder er bildet die Füsse eines Bettes, die auf Rollen stehen,
oder die eines Stuhles, der leichtbeweglich sein soll, als Holz-
klötze aus, die man wahrheitsgemäss nur als Klumpfüsse be-
zeichnen kann.
Ein dritter bildet das metallene Beschläge einer Truhe
in äusserst ansprechender Linienführung, aber mit einer Un-
zahl feindlich emporstehender Stacheln, oder schneidet seine
Beschläge für Schrankthüren, die sich über die ganze Fläche
verzweigen, in Form der bekannten Schnörkel des Buch-
schmuckes mit der Laubsäge aus papierdünnem Messingblech
und heftet sie dann mit einigen Stiftchen notdürftig auf.

mehr zu bedauern, als darüber die vorhandenen schönen
Ansätze zu technischen Fortschritten, die eine ganz
eigenartige Fortbildung unsrer Formengebung in der
Tischlerei erwarten lassen, viel zu wenig gewürdigt
und gepflegt werden. Vergegenwärtigen wir uns die
der Geschichte entnommene Lehre, dass technische
Fortschritte auch neue Formenkreise hervorzubringen
pflegen, so können wir kaum im Zweifel sein, dass
mit Hilfe dieser technischen Errungenschaften der
Neuzeit sicher und folgerichtig die so mühsam auf den
verschiedensten Wegen gesuchte Verjüngung unsrer
Formenwelt herbeigeführt werden kann, sobald man
jene nicht nur als geschäftlich vorteilhafte Er-
findungen betrachtet, sondern ihre wahrhaft künst-
lerische Ausbildung und Verwertung von hervorragen-
den Künstlern mit aller Kraft aufgenommen wird.
Neben den allgemeiner und in verschiedener
Weise geübten neueren Verfahren zum Biegen wie
zum Färben und Beizen der Hölzer, und den wesent-
lich vervollkommneten Mitteln zur Herstellung der
mannigfachen Einlegearbeiten sind es unsres Erach-
tens be¬
sonders
zwei Techniken,
welche in die¬
ser Beziehung
eine noch weit
grössere Bedeu¬
tung als bisher
erlangen können,
nämlich das
Koptoxyl und
das X y 1 e c t y-
pom.
(Schluss folgt.)

Schreibtisch. Entwurf: Willy O. Dressier
in Charlottenburg.


Ja, kann man sich dann etwa wundern, wenn der wahre
Gehalt der neuen Bewegung verkannt und ihre gesunde Ent-
wicklung dadurch gehemmt wird, dass ihr überall Misstrauen
und Spott entgegentritt? Und solche Auswüchse sind um so


Schränkchen.

Architekt: Carl Zetzsche in Berlin.
Ausgeführt von Wilhelm Meyer daselbst.

Kleine Züge aus römischen Gärten.

(Nach George Walter Dawson in »House and Garden«, Juli 1901.)

^ie weite unbebaute Ebene der Campagna, die sich
B? rings um das heutige Rom vom Tyrrhenischen Meere
bis an die Albaner und Sabiner Berge hinzieht, bietet

im Frühjahr, wenn Rosen und Ginster und alle bunten Frühlings-
blumen sich zwischen dem silbergrauen Blattwerke der Kräuter

entfalten, ein entzückendes Bild. Einige Wochen später freilich
ist alles von der Sonne versengt, braunrot gebrannt, bestaubt

und dürr. Diesem weiten um die ewige Stadt gelegten Gürtel,
der einst mit fruchtbaren Feldern und Gärten, Landhäusern
und Villen der Weltbeherrscher bedeckt war, ist nur wenig
von seinem Reichtum an kunstvollen Bauten geblieben: Ernste

Bogenreihen erstrecken sich weithin nach den Bergen als letzte
Ueberbleibsel der grossen römischen Wasserversorgung; alte
Grabmäler erinnern an geschwundene Grösse und hin und
wieder wecken die Mauerreste einer Villa die Erinnerung an

vergangene Pracht, an Reichtum und frisches Leben.
Diese Ueberreste von Gebäuden, Gräbern und Tempeln
sind eine Fundgrube für den Architekten wie für den Land-
schaftskünstler, die Verkörperung einer über mehr als zwanzig
Jahrhunderte reichenden Ueberlieferung des Villen- und Garten-
baues von den glänzenden Tagen der römischen Kaiser bis
in die Zeit der Renaissance: Erinnerung an längst Entschwun-
denes und lebendige Anregung für die Jetztzeit.
„Das ist die vornehmste Eigenschaft der wahren Kunst:
Mag vom Kunstwerk noch so weniges dem Angriffe der Zeiten
widerstanden haben, das wenige, was übrig blieb, wirkt immer
hold und lieblich und so lange überhaupt noch ein Stück davon
erkennbar bleibt, lässt sich fast alles wieder auferwecken.
So klar trägt das Meisterwerk den Stempel der Seele seines
Schöpfers“*). Das spürt man auch beim Durchstreifen der

*) Ruskin: Mornings in Florence.

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