IQ02
ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 6
Erster Preis.
Architekt Emil Schaudt in Berlin und Bildhauer H. Lederer in Charlottenburg.
(Aus der Deutschen Bauzeitung.)
Der Wettbewerb um das Hamburger Bismarckdenkmal.
um zweiten Male hat der Wettbewerb um ein Bismarck-
denkmal einen ausserordentlichen Erfolg gehabt.
»Wir alle,« sagte der Geh. Hofrat Prof. Treu im
Namen des Preisgerichtes beim Abschiedsmahle desselben,
»haben eine Denkmalskonkurrenz von diesem Umfang und
diesem inneren
Ein zweiter Preis
Architekt Franz Rank und
Bildhauer Ed. Beyrer jun.
in München.
Werte noch nicht
erlebt. Zugleich
war keiner von
uns im Zweifel
darüber, dass die-
ser glänzende Er-
folg nicht nur
den grossen Mit-
teln und der
Gunst des Denk-
malsplatzes in
der Nähe eines
Welthafens zu-
zuschreiben sei,
sondernvorallem
der vollen Frei-
heit, die den
Künstlern hier
gewährt wurde
und dem Ver-
trauen auf den
schlichtstolzen
Bürgersinn Ham-
burgs, von dem
die Bewerber ihr
Urteil erwarten.
Hauptsächlich
deshalb ergab
dieser Wettbe-
werb wie kaum ein anderer ein Bild von all dem verwirrenden
Widerstreit, der in der Gegenwart der deutschen Kunst herrscht,
aber auch von ihrem Reichtum.«
Darin beruht die Bedeutung des Hamburger Wettbewerbs
weit über die Einzelfrage hinaus.
»Das Denkmal soll unsere grossen Männer uns nahebringen,
das Wesen der Helden dem Volke vermitteln. Der schematische
Denkmalstypus des 19. Jahrhunderts, das Reiterstandbild mit
den gleichgültigen Allegorieen, bewirkt gerade das Gegenteil.
Solange freilich die Einsicht in das Elend unseres Denkmals-
wesens nicht wächst, werden wir nur die Denkmäler bekommen,
die wir verdienen. Künstler, die wirklich Neues gestalten
könnten, statt mit den dürftigen Requisiten und Motiven der
heutigen Denkmäler sich behelfen zu müssen, sind ohne Zweifel
vorhanden. Aber man muss ihnen Raum geben, ihr Eigenes
zu bieten.« So sprach Hermann Obrist vor kurzem im Berliner
Kunstgewerbeverein angesichts der neuesten Denkmäler, welche
die höfische Kunst unserem Volke trotz der bahnbrechenden
Arbeiten eines Bruno Schmitz u. A. beschert hat.
Neben der Begeisterung für die verlockende Aufgabe an
sich, dem Einiger Deutschlands ein seiner würdiges Denkmal
zu schaffen, mag ein guter Teil der ausserordentlichen Teilnahme
an dem Hamburger Wettbewerb dem Widerspruch der deutschen
Künstler gegen diese Puppenkunst zuzuschreiben sein.
Der Reichtum der Gedanken und die Grösse des Aus-
drucks, mit dem dieser Protest in den Entwürfen für das
Hamburger Denkmal zum Ausdruck gebracht worden ist, ver-
leihen ihm die Beweiskraft der Wahrheit. »Nicht in thea-
tralischer Schaustellung und plastischer Schwülstigkeit, sondern
in steinmässiger Schlichtheit und Geschlossenheit, in Wucht
und Grösse suchen diese Künstler ihre Wirkung. Es ist die
entschlossene Abkehr von der landläufigen Veräusserlichung der
Kunst, wie der Nachahmung des Fremdländischen in Vergangen-
heit und Gegenwart, das Ringen nach Schlichtheit, Innerlichkeit
und Kraft, kurz, nach einer manchmal zwar noch etwas un-
41