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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 18.1902

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Heft 11
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Die Architektur der Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.44900#0091

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1902

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 11


Belgische Abteilung.
Studio.

Architekt: Leon Sneyers in Brüssel.
Dekorateur: Ad. Crespin daselbst.

Es wurden riesige Hallen mit hochgelegenen, sehr grossen
Lichtöffnungen geschaffen, die sich radial an einen Kuppelbau
anschliessen, verdeckt durch zwei geradlinige Flügelbauten,
die, mit der Kuppel als Mitte, dem Ganzen vorgelagert sind.
In diesen mehr als geräumigen, ohne Abwechslung der Höhen-

Eindruck des Wohnraumes fehlt
dabei eine Hauptsache: dieZimmer-
decke, der Abschluss nach oben,
zu dem die Wand und alles, was
an ihr placiert ist, in untrennbarem
Verhältnisse stehen muss. Nur,
wo diese Faktoren zu einander in
Fühlung treten, kann eigentliche
Wohnungskunst zum richtigen
Ausdrucke gelangen. Man darf
wohl sehr darauf gespannt sein,
wie diese Frage bei der 1904 in
München abzuhaltenden Ausstel-
lung, die gleiche Zwecke verfolgen
soll, gelöst werden wird, da hier
die Schwierigkeit vorliegt, in ein
fertiges Gehäuse aus Glas und
Eisen, den Glaspalast, Einbauten
zu erstellen, die möglichst wenig
ergiebigen Gebrauch von dem hoch
einfallenden, nichts weniger als
günstigen Oberlicht machen, bei
denen vielmehr die Seitenbeleuch-
tung unumgänglich nötig sein
wird.
Zwei Gruppen von Ausstellern
haben in Turin ihre Aufgabe nach
dieser Seite hin im Sinne völliger
Brauchbarkeit gelöst: die Oesterreicher, indem sie ein in sich
abgeschlossenes, freistehendes Haus mit Licht von allen vier Seiten
erbauten, mithin das Problem eines Einbaues innerhalb einer
grösseren Gruppe von Ausstellungsgebäuden direkt vermieden,
und die Deutschen. Die deutsche Galerie hat die Grundform

und Breitendimensionen, ohne Abwechslung der Fensterhöhen
gleichmässig gearteten Hallen konnte sich nun jeder einrichten,
wie seine Verhältnisse es ihm wünschenswert machten. Die
Italiener stapelten ihre Ausstellungsgüter zum Teil in riesigen
Gruppen auf, die indes der Kolossalität des Raumes gegen-
über nicht recht zur Wirkung kommen. Manche der aus-
stellenden Firmen errichteten auch Einbauten, um zimmerähn-
liche Räume zu schaffen. Indes trägt dies alles doch den
ganz entschiedenen Charakter einer Schaustellung, fehlt doch

der vom mittleren Kuppelbau aus radial angelegten, reitbahn-
artigen Galerieen, wie sie durch das italienische Komitee und
dessen Architekten, d’Aronco, angeordnet wurden (mittlere
Breite im Lichten 14 m), indes ist durch die Anordnung der
einzelnen Gelasse eine reiche Mannigfaltigkeit in Bezug auf
räumlichen Eindruck geschaffen, so dass jede Monotonie ver-
mieden ist. (Siehe den Plan.)
Als der vom Verbände deutscher Kunstgewerbevereine
im September 1901 nach Turin entsandte Vertrauensmann,

Schränkchen. Ausgeführt von Eugenio
Quarti in Mailand.


in diesen Räumen zumeist
die vierte Wand, es fehlen
Thüren und Fenster, es
fehlt das Ueberzeugende
der häuslichen Aneinan-
dergliederung der Räume,
über deren Charakter in
Bezug auf ihre Ausstat-
tung später ein Wort zu
sagen sein wird.
Bei einigen Galerieen,
so in der englischen und
in der amerikanischen
Abteilung, ist das Kojen-
system in Anwendung
gebracht. Dass dieses zur
Veranschaulichmachung
von eigentlichen Wohn-
räumen nichts weniger
als geeignet ist, braucht
wohl kaum des weiteren
erörtert zu werden. Es
eignet sich ausschliess-
lich zur Unterbringung,
d. h. Aneinanderreihung
von einzelnen Ausstel-
lungsgegenständen, die
unter sich nicht in einem
direkten Abhängigkeits-
verhältnisse stehen. Zum

H. E. v. Berlepsch-Valendas, mit dem italienischen Komitee in
Unterhandlung trat, war man bereit, für Deutschland auch so
eine Reitbahn zu erstellen, wie für die übrigen Länder. Berlepsch
lehnte dies von Anfang an ab und betonte die Wichtigkeit eines

nach Räumen
gegliederten
Baues, den
auszuführen
sich das ita-
lienische Ko-
mitee ver-
pflichtete.
Nach Vorlage
eines grund-
legenden Ent-
wurfes gestal-
tete sich unter
thätiger Hilfe
derMitarbeiter
am Ganzen
danndieGrup-
pierungsowie
sie aus dem
Plane ersicht-
lich ist. Direkt
an die grosse
Rotunde an-
schliessend
öffnet sich
das deutsche

Möbel aus dem sogenannten Ausgefülirt von Ugo Cerutti
„Weissen Zimmer“. in Mailand.


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