FILIPPO DI SER BRUNELLESCO
dargestellt, und in demselben Stockwerke ferner die später eingesetzte
Decke der nach der Front zugelegenen Räume weggelassen und die
letzteren bis zu dem freiliegenden Dachstuhl hinaufgeführt worden.
Details, BL. 4. Das Einzelne der Verzierungen, sowie
die noch freien Profile der zum Gesamtcharakter gut ange-
passten Gurte, das schöne Aufsteigen der Basen im Hofe,
das zu den Ausladungen der Kapitalen meisterhaft passt (siehe
Alinea: Baumeister), ist auf diesem Blatte genügend ersichtlich.
Die Kapitale, obgleich in Umriss und Massen gleich, sind alle
verschieden, daher auch ihre angenehm lebendige Wirkung. In
ihrer Höhe kommen Unterschiede bis zu 4 zm vor. In Geist
sowohl als in der Behandlung ähnlich, sind die Konsolenkapitäle,
welche als Kämpfer der Gewölbe dienen. Die abgeschnittenen
Äste der Epheu- oder Rebstämme an den Fensterumrahmungen,
mit Verstand stilisiert, treten abwechselnd vor und zurück. Die
Sparren mit ihren Konsolenenden sind neu, aber genau den alten
nachgebildet; von letzteren fand die Societä San Giorgio mehrere
noch in der Cantina, und nach diesen wurde die genaue Form auf-
genommen und deshalb im Detail etwas gross wiedergegeben, weil
sie zu den überhaupt selten vorhandenen alten Exemplaren gehören.
Das schöne Wappen der Pazzi, an der Kante des ersten
Geschosses angebracht, wird, vielleicht mit Recht, dem Donatello
zugeschrieben. Nicht nur half der Bildhauer in Rom oft dem
Filippo antike Bauwerke aufnehmen, auch später in Florenz haben
wir sichere Belege für das Zusammenarbeiten der beiden Meister
an einem und demselben Werke.1) Namentlich aber verfertigte
er für die Familie Pazzi auch einen noch vorhandenen Brunnen.2)
Material. In sämtlichen Teilen des Palastes, wo der
Stein sichtbar bleiben sollte, Unterbau, Fenstereinfassungen, Ge-
simsen, Säulen und Bogen — ist die «Pietra forte» benutzt
worden. Die Mauern sind von Bruchsteinen und geputzt. Die
Gewölbe wahrscheinlich aus Ziegelmauerwerk.
Erdgeschoss. Figur 4. Grundriss. Wie aus dieser
Figur zu ersehen ist, führen zwei Eingänge nach dem fast
quadratischen, von drei Seiten mit Hallen umgebenen Hof. Der
erste, von dem Borgo degli Albizzi aus liegt in der Axe der
schmäleren Halle, während der zweite, winkelrecht zu ersterem,
von der Via del Proconsolo auf die Mitte des Hofes mündet. Die
zwei anderen Hallen sind beträchtlich breiter als die erste (6,70 m
und 6,80, statt 3,80 m, stets von der Mauerflucht bis zu den
Säulenaxen gemessen). In der Axe der Schmalseite der jetzt
vermauerten rechten Halle befindet sich die gut beleuchtete Treppe,
die in drei Läufen in den ersten Stock hinaufführt.
Die unregelmässige Grenze des Grundstücks an der Rückseite
des Hofes ist durch Anbringung einer Diensttreppe, welche zu den im
Mezzanin gelegenen Nebenräumen führt, geschickt verdeckt worden.
Hinter dem Palaste, an den Hof anstossend, befanden sich
früher jedenfalls noch weitausgedehnte dazugehörige Anlagen,
namentlich Gärten und Wirtschaftsgebäude.
Alle Räume des Erdgeschosses sind mit Kreuzgewölben oder
mit auf Konsolenkapitälen ruhenden Lünetten und Stichkappen ge-
wölbt (s. auf Bl. 3 den Durchschnitt). Die Kanten der Durchdring-
ungen sind wie kleine Rippen dreieckig im Profil hervorgehoben.
Die unregelmässige Dicke der Mauer längs dem Borgo degli
Albizzi giebt der Ansicht, es gehören die Fassadenmauern des Erd-
geschosses einem älteren Baue an, eine teilweise Berechtigung.
Ihre Bossenbekleidung dagegen rührt aus der Zeit des Neubaues
des Palastes her, wie gerade an dieser Stelle aus dem Vergleich
derselben mit dem Mauerwerk der anstossenden Häuser hervorgeht.
ErSTER STOCK. Von hier an ist die vierte Seite des Hofes,
gegen das angrenzende Grundstück zu, offen (s. Fig. 2). Die
lichte Höhe, bis auf den Grund der Kassetten gemessen (s. Bl. 3),
beträgt 7,65 m. In dem linken Flügel befindet sich eine kleine Kapelle.
Der den Loggien des Erdgeschosses entsprechende Raum ist
in diesem Stocke nicht offen, sondern mit Fenstern versehen, deren
Zeichnung nur in kleineren Verhältnissen (2,34 m statt 2,62 m Kämpfer-
höhe) denen der Fassaden entspricht. Letztere sind, nach Florentiner
Sitte, hoch gelegen und führen drei Stufen zu denselben hinauf.
Zwei reich kassetierte Holzdecken dieses Stockwerks sind
von ganz besonderem Wert. Die grössere ziert den Hauptsaal,
den früheren Gerichtssaal der Familie, der jetzt allerdings durch zwei
Wände in kleinere Räume geteilt ist. Diese Decke hat eine fast
genaue Nachbildung in dem Hauptsaal des Palastes Gondi gefunden.
Zweiter STOCK. Lichte Höhe bis unter die Bundbalken:
7,32 m. Eine Loggia umgibt die drei Seiten des Hofes. Sie
wurde aber in einer Art zugebaut, dass von ihr so gut wie nichts
mehr zu sehen ist. An den zwei Flügeln befinden sich noch
ausserhalb der Brüstung die alten eisernen Rollen, welche zum
Spannen der Schnüre dienten, auf welchen die «lana» getrocknet
wurde, so dass hier die ganze obere Loggia innen als Arbeits-
raum für die Zubereitung der Wolle gedient hat, ebenso wie sie
in anderen Palästen zur Zucht der Seidenwürmer von den Floren-
tiner Damen benutzt wurden. In diesem Zweck dürfte der Grund
liegen, weshalb der zweite Stock keine Decke erhielt.
Loggia über dem dach. Noch über dem Dache,
nach dem Hof gekehrt, befindet sich im linken Flügel (daher auf
Fig. 3 nicht sichtbar), ein Mezzanin und eine noch wohlerhaltene
Loggia, die alte Fassung ähnlicher Florentiner Anlagen zeigend.
Ihr nach der Strasse zu abfallendes Dach stützt sich mittelst reizen-
den Konsolen auf sehr schlanken Säulen, deren Basen in der
Höhe des Gesimses des Hauptdaches liegen. Das Mezzanin wurde
in der Zeit Pocettis mit reichen Malereien versehen.
BESITZER. Zum Schlüsse geben wir nach del Badia, ohne
auf das Nähere einzugehen, die Namen der Familien, welche seit der
Verschwörung der Pazzi 1478, den Palast besassen. D’Estouteville,
1498 Cibo-Massa, 1593 Strozzi, 1760 Quaratesi, 1843 Baron
von Rast und von diesem dem Waisenhaus in Coburg hinterlassen.
1) 1415. Gemeinschaftlich eine mit vergoldetem Blei überzogene Marmor-
figur als Bekrönung einer der Strebemauern am Dome — [Vasan, II. p. 39i,Prospetto
cronologico) — dann 1419 an einem ohne Gerüst, aus Backstein und Mörtel gemauerten
Modelle zur Domkuppel (Pas. II. 351, n. und vita anon. p. 305). — Die an beide
übertragene, aber von Donatello allein ausgeführte Statue des Evangelisten Markus
(Vasari, II, 402.)
2) Im Garten eines anderen schräg gegenüberliegenden, der Familie Pazzi
noch gehörigen Palastes, Borgo degli Albizzi No. 24.
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dargestellt, und in demselben Stockwerke ferner die später eingesetzte
Decke der nach der Front zugelegenen Räume weggelassen und die
letzteren bis zu dem freiliegenden Dachstuhl hinaufgeführt worden.
Details, BL. 4. Das Einzelne der Verzierungen, sowie
die noch freien Profile der zum Gesamtcharakter gut ange-
passten Gurte, das schöne Aufsteigen der Basen im Hofe,
das zu den Ausladungen der Kapitalen meisterhaft passt (siehe
Alinea: Baumeister), ist auf diesem Blatte genügend ersichtlich.
Die Kapitale, obgleich in Umriss und Massen gleich, sind alle
verschieden, daher auch ihre angenehm lebendige Wirkung. In
ihrer Höhe kommen Unterschiede bis zu 4 zm vor. In Geist
sowohl als in der Behandlung ähnlich, sind die Konsolenkapitäle,
welche als Kämpfer der Gewölbe dienen. Die abgeschnittenen
Äste der Epheu- oder Rebstämme an den Fensterumrahmungen,
mit Verstand stilisiert, treten abwechselnd vor und zurück. Die
Sparren mit ihren Konsolenenden sind neu, aber genau den alten
nachgebildet; von letzteren fand die Societä San Giorgio mehrere
noch in der Cantina, und nach diesen wurde die genaue Form auf-
genommen und deshalb im Detail etwas gross wiedergegeben, weil
sie zu den überhaupt selten vorhandenen alten Exemplaren gehören.
Das schöne Wappen der Pazzi, an der Kante des ersten
Geschosses angebracht, wird, vielleicht mit Recht, dem Donatello
zugeschrieben. Nicht nur half der Bildhauer in Rom oft dem
Filippo antike Bauwerke aufnehmen, auch später in Florenz haben
wir sichere Belege für das Zusammenarbeiten der beiden Meister
an einem und demselben Werke.1) Namentlich aber verfertigte
er für die Familie Pazzi auch einen noch vorhandenen Brunnen.2)
Material. In sämtlichen Teilen des Palastes, wo der
Stein sichtbar bleiben sollte, Unterbau, Fenstereinfassungen, Ge-
simsen, Säulen und Bogen — ist die «Pietra forte» benutzt
worden. Die Mauern sind von Bruchsteinen und geputzt. Die
Gewölbe wahrscheinlich aus Ziegelmauerwerk.
Erdgeschoss. Figur 4. Grundriss. Wie aus dieser
Figur zu ersehen ist, führen zwei Eingänge nach dem fast
quadratischen, von drei Seiten mit Hallen umgebenen Hof. Der
erste, von dem Borgo degli Albizzi aus liegt in der Axe der
schmäleren Halle, während der zweite, winkelrecht zu ersterem,
von der Via del Proconsolo auf die Mitte des Hofes mündet. Die
zwei anderen Hallen sind beträchtlich breiter als die erste (6,70 m
und 6,80, statt 3,80 m, stets von der Mauerflucht bis zu den
Säulenaxen gemessen). In der Axe der Schmalseite der jetzt
vermauerten rechten Halle befindet sich die gut beleuchtete Treppe,
die in drei Läufen in den ersten Stock hinaufführt.
Die unregelmässige Grenze des Grundstücks an der Rückseite
des Hofes ist durch Anbringung einer Diensttreppe, welche zu den im
Mezzanin gelegenen Nebenräumen führt, geschickt verdeckt worden.
Hinter dem Palaste, an den Hof anstossend, befanden sich
früher jedenfalls noch weitausgedehnte dazugehörige Anlagen,
namentlich Gärten und Wirtschaftsgebäude.
Alle Räume des Erdgeschosses sind mit Kreuzgewölben oder
mit auf Konsolenkapitälen ruhenden Lünetten und Stichkappen ge-
wölbt (s. auf Bl. 3 den Durchschnitt). Die Kanten der Durchdring-
ungen sind wie kleine Rippen dreieckig im Profil hervorgehoben.
Die unregelmässige Dicke der Mauer längs dem Borgo degli
Albizzi giebt der Ansicht, es gehören die Fassadenmauern des Erd-
geschosses einem älteren Baue an, eine teilweise Berechtigung.
Ihre Bossenbekleidung dagegen rührt aus der Zeit des Neubaues
des Palastes her, wie gerade an dieser Stelle aus dem Vergleich
derselben mit dem Mauerwerk der anstossenden Häuser hervorgeht.
ErSTER STOCK. Von hier an ist die vierte Seite des Hofes,
gegen das angrenzende Grundstück zu, offen (s. Fig. 2). Die
lichte Höhe, bis auf den Grund der Kassetten gemessen (s. Bl. 3),
beträgt 7,65 m. In dem linken Flügel befindet sich eine kleine Kapelle.
Der den Loggien des Erdgeschosses entsprechende Raum ist
in diesem Stocke nicht offen, sondern mit Fenstern versehen, deren
Zeichnung nur in kleineren Verhältnissen (2,34 m statt 2,62 m Kämpfer-
höhe) denen der Fassaden entspricht. Letztere sind, nach Florentiner
Sitte, hoch gelegen und führen drei Stufen zu denselben hinauf.
Zwei reich kassetierte Holzdecken dieses Stockwerks sind
von ganz besonderem Wert. Die grössere ziert den Hauptsaal,
den früheren Gerichtssaal der Familie, der jetzt allerdings durch zwei
Wände in kleinere Räume geteilt ist. Diese Decke hat eine fast
genaue Nachbildung in dem Hauptsaal des Palastes Gondi gefunden.
Zweiter STOCK. Lichte Höhe bis unter die Bundbalken:
7,32 m. Eine Loggia umgibt die drei Seiten des Hofes. Sie
wurde aber in einer Art zugebaut, dass von ihr so gut wie nichts
mehr zu sehen ist. An den zwei Flügeln befinden sich noch
ausserhalb der Brüstung die alten eisernen Rollen, welche zum
Spannen der Schnüre dienten, auf welchen die «lana» getrocknet
wurde, so dass hier die ganze obere Loggia innen als Arbeits-
raum für die Zubereitung der Wolle gedient hat, ebenso wie sie
in anderen Palästen zur Zucht der Seidenwürmer von den Floren-
tiner Damen benutzt wurden. In diesem Zweck dürfte der Grund
liegen, weshalb der zweite Stock keine Decke erhielt.
Loggia über dem dach. Noch über dem Dache,
nach dem Hof gekehrt, befindet sich im linken Flügel (daher auf
Fig. 3 nicht sichtbar), ein Mezzanin und eine noch wohlerhaltene
Loggia, die alte Fassung ähnlicher Florentiner Anlagen zeigend.
Ihr nach der Strasse zu abfallendes Dach stützt sich mittelst reizen-
den Konsolen auf sehr schlanken Säulen, deren Basen in der
Höhe des Gesimses des Hauptdaches liegen. Das Mezzanin wurde
in der Zeit Pocettis mit reichen Malereien versehen.
BESITZER. Zum Schlüsse geben wir nach del Badia, ohne
auf das Nähere einzugehen, die Namen der Familien, welche seit der
Verschwörung der Pazzi 1478, den Palast besassen. D’Estouteville,
1498 Cibo-Massa, 1593 Strozzi, 1760 Quaratesi, 1843 Baron
von Rast und von diesem dem Waisenhaus in Coburg hinterlassen.
1) 1415. Gemeinschaftlich eine mit vergoldetem Blei überzogene Marmor-
figur als Bekrönung einer der Strebemauern am Dome — [Vasan, II. p. 39i,Prospetto
cronologico) — dann 1419 an einem ohne Gerüst, aus Backstein und Mörtel gemauerten
Modelle zur Domkuppel (Pas. II. 351, n. und vita anon. p. 305). — Die an beide
übertragene, aber von Donatello allein ausgeführte Statue des Evangelisten Markus
(Vasari, II, 402.)
2) Im Garten eines anderen schräg gegenüberliegenden, der Familie Pazzi
noch gehörigen Palastes, Borgo degli Albizzi No. 24.
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