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Stegmann, Carl von [Editor]; Geymüller, Heinrich von [Editor]
Die Architektur der Renaissance in Toscana: dargestellt in den hervorragendsten Kirchen, Palästen, Villen und Monumenten nach den Aufnahmen der Gesellschaft San Giorgio in Florenz; nach Meistern und Gegenständen geordnet (Band 1): Filippo di Ser Brunellesco — München: Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G., 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.53653#0089
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FILIPPO DI SER BRUNELLESCO

Auch Prof. Conti nimmt das Jahr 1440 für den Beginn
des Baues an, sagt sogar, es sei dies nun sicher bekannt, giebt
aber hiefür keine Beweise ’).
Die Erzählung Macchiavellis dagegen liesse glauben, dass
Luca Pitti erst nach 1458 zur Errichtung eines solchen Palastes
schreiten konnte. Nachdem er erzählte, wie durch seine Verdienste
um die Republik Luca zum Cavaliere gemacht worden war,
schreibt er weiter: «Messer Luca wurde von der Signoria und
von Cosimo reichlich beschenkt, worin nachher die ganze Stadt
wetteiferte; und man glaubt, dass die Geschenke die Summe von
zwanzigtausend Dukaten erreichten. Daher steigerte sich sein
Ruhm dermassen, dass nicht Cosimo, sondern er die Stadt regierte.
Daher gelangte er zu einem solchen Vertrauen, dass er zwei
Gebäude begann, das eine in Florenz, das andere in Rusciano,
ein Miglio von der Stadt entfernt, beide prächtig und königlich,
aber jenen der Stadt bei weitem grösser als irgend ein anderer,
der bis dahin von einem Privatmann errichtet worden war.
Um sie zu Ende zu führen, sparte er keine ausserordentlichen

bleiben muss. Gleichhohe Stockwerke, gleiche Gesimse und Altanen-
brüstungen, gleiche Öffnungen der Portale und Fenster, gleiche
Pfeiler- und Fensterbreite4). Überall gleiche Bogen elastisch und
mächtig, wie um Berge zu tragen! Nicht ein Stein am ganzen Bau,
der nicht den andern gleich seine eigene, wenn auch durch Grösse
verschiedene Bosse hätte. Nur im Erdgeschoss dehnen sich von einem
Portal zum anderen Pfeiler von solcher Riesengrosse, dass, mit ihren
vier kleineren hochgelegenen Fenstern, sie unüberwindlich scheinen

Details. ©x® Die einzigen Details an dieser Fassade sind
die dreimal in gleicher Gestalt sich wiederholenden Gesimse über
den einzelnen Stockwerken, von einer Einfachheit der Profilierung,
die allein hier wirken konnte. Dann die Pilaster in der Laibung
der Fenster, deren Kapitale eine ziemlich früh scheinende Gestalt
zeigen, endlich die jonischen Säulchen der Balustraden. Filippo
scheint für ihre Verwendung zu diesen Zwecken eine besondere
Vorliebe gehabt zu haben. Manche Bossen sind mit einer Art
Steinmetzzeichen versehen, zum Beispiel mit der Ziffer 4; andere

Mittel; weshalb nicht bloss die
Bürger und Privatleute ihn
beschenkten und ihm die zum
Bau nötigen Sachen lieferten,
sondern die Kommunen und
ganze Bevölkerungen brach-
ten ihm Hilfe. Verbannte,
Mörder oder wer nur eine
öffentliche Strafe zu befürchten
hatte, wenn er nur jenen Ge-
bäuden von Nutzen sein konnte,
fand innerhalb derselben sichere
Zuflucht2).» Nach der Verände-
rung der politischen Verhält-
nisse im Jahre 1466 schreibt
er: «Die prächtigen Gebäude,
die er begonnen, wurden von
den Erbauern verlassen . . . .«


Fig. 1. URSPRÜNGLICHE ANORDNUNG DES PAL. PITTI IN FLORENZ.

zeigen zwei an den Spitzen sich
berührende Dreiecke, deren
Schenkel gegenseitig durch
die verlängerten Schenkel
des anderen gebildet werden.
Historisches, ©x® im
Zorn hatte Filippo das Modell
für den Palast Cosimos de’
Medici zertrümmert, den er
nicht zu schön für den Herrn
von Florenz erachtete. Dies
vergesse man nicht, um den
Palazzo Pitti recht zu wür-
digen5). Was Cosimo nicht
wagte, das hatte Luca Pitti
den Mut zu thun. Sollten
wir nicht hier das wieder auf-

Das jetzige Hauptgesims wurde erst später ausgeführt.
Vasari giebt noch die zweite Fensterreihe als aus der Zeit Bru-
nellescos an und ist diese Angabe, glauben wir, richtig. Sie
ist auf der Ansicht von Florenz um 1473 deutlich angegeben3).

OlE VERHÄLTNISSE. Nicht durch Steigerung der
Elemente oder Verhältnisse wird hier das Grosse und Mächtige
ausgedrückt! Brunellesco spricht hier den eigentümlichen Gedanken
aus, dass bei dem Grossen alles gleich grossartig, stets sich gleich-

erstandene Modell für Cosimo im wesentlichen vor Augen haben?
Ein doppeltes Wunder knüpft sich an die Geschichte seiner
Vergrösserungen. Vielleicht kein Gebäude der Welt hat diese
so siegreich überstanden ohne künstlerisch kleiner zu erscheinen,
wie dies bei Sankt Peter geschah. Die Verdoppelung des
Mediceer Palastes, durch die Riccardi, hat dessen Mängel nur
gesteigert. Am Pal. Pitti hat jede neue Vergrösserung nur die
Erhabenheit der Schöpfung Filippos heller strahlen lassen, jedes-
mal ein gesteigertes noch mächtigeres Werk dahingestellt!

1) Op. cit. S. 6. »E ormai ben conosciuto come nel 1440 Luca Pitti,
magnifico cittadino, ehe godeva allora in Firenze grandissima riputazione, fece da
Filippo di Ser Brunellesco Lapi inalzare il Palazzo, ehe rimase non finito.
2) Macchiavelli, Istorie Fiorentine, Ed. Le Monnier, S. 331 und 354.
Bei dieser Schilderung dürfte es gut sein, nicht zu vergessen, dass L. Pitti 1458
Girol. Macchiavelli im Gefängnis hinrichten liess.
3) Cosmographia Ptolemaei ex greco in latinum per Jacobum Angelum

Brunellesco.

»inen Abweichungen waren offenbar die Verhältnisse
hier folgenden Zusammenstellung geben:

■pl. Nat. Mss. Fonds latin 4802. F°- I32v- Verkleinert
le Fleury, La Toscane au Moyen-Age. Ebenfalls auf
nz um 1489 abgebildet (hier wiedergegeben s. Allgem.).
kesims über einer ganz niedrigen Loggia den Bau ab.
I können die 3 Stockwerke als gleich hoch angesehen
I m, ursprünglich wohl 12 m; Erster Stock 11,60 m;


Erdgeschoss. Vier Mauerpfeiler von quadratischer Fläche trennen die drei Portale.
Mezzaninfenster. Breite. a

Höhe. a + 73 a.
Portale. Breite (3,75 m).2 a.
Höhe (7,90, dürfte 8,15 gewesen sein) . . 4 a.
Mauerflächen. Breite.6 a.
Hohe Gesims incl.6 a.
Erster Stock. Fenster. Breite (3,65 m).2a.
Höhe (7,48, II. Stock 7,40).4 a.
Mauerpfeiler. Breite (3,95) .2 a.
Höhe.6 a.
Zweiter Stock sonst wie im ersten.

Die Bossen nehmen in ihren Vorsprüngen in den oberen Geschossen ab,
damit der Eindruck nicht lastend werde: Die Mauerfluchten treten stockweise zurück.
5) Wir verweisen daher auf das über jenes Modell hier bereits Gesagte,
S. 58, sowie auf den Palast Medici - Riccardi in der Monographie Michelozzos.
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